03.11.10, 11:50 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Mein Zeh knackt und schmerzt immer noch, während die Nase sich längst beruhigt hat. Und wie man das eben so macht, nehme ich eine Schonhaltung ein und rolle den Fuß nicht ab, damit sich der Zeh nicht bewegt. Das sieht komisch aus, und man könnte auf den Gedanken kommen, mich nach meinem seltsamen Gang zu fragen und mich zum Arzt zu drängen. Dies vermeidend hebe ich den Fuß bereits in der Ebene an und lasse ihn über dem Boden schweben. Das sieht fast aus wie ein normaler Schritt, führt aber zu prächtigem Muskelkater in der Wade. Aber im Büro kann ich ja humpeln, wie ich will. Soviel zu meiner Vorliebe für Ärzte.
#
Die Lehrerin meiner Nachhilfestudentin, die ich mich weigere, Professorin zu nennen, bringt den armen Kindern bei, daß die Länge des Vektors (2,5;2,5) 3,5 beträgt. Erstens ist das falsch und zweitens kann man das doch nicht einmal an einer Fachhochschule so nennen. Das heißt fünf Halbe, und der Betrag ist dann logisch auch fünf halbe Wurzel zwei. Alles andere ist Blödsinn, und das merken sie spätestens, wenn sie die komplexen Zahlen mal addieren wollen. Das werden zwei harte Semester für mich, bevor die Dame aus den Mühlen der Mathematik entkommt.
#
Die Motorradsaison endet, und ich habe keine Zeit dafür. Lieblos stelle ich die Dicke im alten Stall unter und lasse sogar die Batterie drin. Und wie ich dann wieder im Auto sitze, merke ich, daß ich ganz einfach die Saison nicht beende - solange sie nicht geputzt ist, könnte ich noch eine schnelle Runde, mal eben, Sie wissen schon.
#
Selbstverständlich bringe ich Milch mit.
#
Zwischen Versicherungen und Hotels in einer ruhigen Seitenstraße. Ein hoher Altbau, im Parterre eine kleine Kneipe mit Biergarten. Zehn Minuten von der Universität entfernt. Der Flur ist grün, das Bad ist winzig, das Zimmer weiß. Ich sitze am Tisch und nippe an der frischen Milch, während ich Dir zusehe, wie Du in der Küche werkelst. Als Du Dich zu mir setzt, ziehst Du die Knie hoch. Deine Füße tasten nach meinen, wärmen mich. Mein weißer Pullover liegt auf dem Bett, als ich ins Zimmer komme, und Dich, vor dem Fenster stehend, Dich nach dem Rollo reckend, auf den nackten Zehenspitzen, werde ich meiner Lebtag nicht vergessen, das verspreche ich.
#
Du warst überhaupt nicht schüchtern an Deinem ersten Tag, sagt einer der Kollegen zu mir, und das freut mich doch sehr.
#
Ich verabschiede mich von einem, der sich immer wundert, wenn ich erzähle. Und ich sitze hier rum, sagt er dann, und dabei wissen wir beide um die Unterschiede, um die Wertigkeiten, aber wir vergleichen doch nicht. Wir werden uns wohl nicht wiedersehen.
#
Mir ist ein wenig bang vor diesen vier Tagen. Ich möchte nicht überflüssig werden.
#
Das erste, was wir gemeinsam einkaufen, ist Kaltreiniger fürs Motorrad, und wir finden das alles andere als profan. Wir sehen uns Stiefel an und Handschuhe. Held, sagst Du, und streichst über die metallbewehrten Knöchel.
#
Hinter zwei übermütigen jungen Damen betrete ich einen Laden für Reitzubehör und -bekleidung. Klingt komisch, fühlt sich auch so an. Sie kennen sich aus, sind mit allen bekannt. Ich bleibe in einem Gang stehen und versuche, mich nicht wie Lots Frau zu fühlen, zwischen Reiterbüstenhaltern und Reiterhosen. Beige macht breit, lerne ich, als eine der Damen vor dem Spiegel steht und entsetzt an der Hose zerrt. Schwarz geht dann. Aha. Nebenan kämpft eine Kundin damit, überhaupt den Vorhang der Umkleidekabine schließen zu können. Sie schaut etwas säuerlich, sie war am Hosenregal auch gut zehn Meter weiter rechts. Die Verkäuferin schaut mich an, und gemeinsam verschlucken wir uns am Lachen. Ich sehe mich nach Trensen um. Die wirst Du brauchen, sagt die Verkäuferin grinsend, und in ihrem Kopf möchte ich in keinem Film mitspielen. Schuhe, Stiefel, Chaps. Eine Jacke, der selbst ich ansehe, daß sie einfach zu klein ist. Ich finde ein Paar schicker Handschuhe, aber ich möchte auf dem Rad eigentlich nicht für einen Reiter gehalten werden. Ein Zylinderkoffer in rosa, mit Blümchen und Pferdchen darauf, und bevor ich Luft holen kann, schickt man mich in die Männerecke. Dort gibt es Kaffee, und es hängen Zettel an den Wänden. Pferde, Anhänger, Reiterferien. Ein Dressurseminar. Ich schreibe mir die Nummer auf. Unterwerfungs- und Gewöhnungstraining. Verstohlen schaue ich mich um und nehme den Zettel mit. Dann darf ich den Kofferraum packen, und den Rest auf den Rücksitz. Und ich Esel kaufe einen Kleinwagen!
#
Viersieben auf der Autobahn, fünfzwei in der Stadt, sechssieben auf Kurzstrecken. Und dabei immer mein Mitleid - wer möchte schon von sieben Litern kalten Öls übergossen werden?
#
Wir schlafen sehr viel an diesem Wochenende. Aber wir stehen jeden Tag auf. Wir schaffen es eben so zur Skibörse, aber Ski finden wir keine und Helm will ich keinen.
#
Ich lerne sehr viel an diesem Wochenende, und ich sauge all das in mich auf.
#
Abends sitzen wir bei meiner Verwandtschaft, wir wollten nur kurz vorbeischneien, als Schnapsidee, und dann Architektur und Familien, und wir müssen unsere Geschichte abwechselnd erzählen, Wein trinken, und dann erzählt mein Vetter ganz ruhig seine Geschichte. Es kommen Motorräder vor und der Rosenstein und ein Kuss und die abwesende Mutter, und es ist schon nach eins, als wir wieder gehen. Es sind die kleinen Pausen in unseren Geschichten, die anzeigen, wo wir etwas auslassen, und diese Auslassungen sind sehr ruhige Momente, in denen der Wein schimmert und meine Augen Deine suchen.
#
"Bei uns hat es auch sehr lange gedauert. Fast anderthalb Wochen." Sweet little sixteen.
#
"Und dann kam der Sommer."
#
Wir besuchen zwei Höhlen, die Ruine auf dem Berg, laufen an einem Samstagnachmittag nutzlos durchs Dorf. Aus einem Garten schallt es, ob ich denn keine Arbeit hätte, und das klingt alles sehr freundlich und lachend, wie sie da werkeln, daß wir ein Weilchen stehenbleiben und reden.
#
Crossgolf, und begeistert zeigen sie mir Schläger und Bälle.
#
Die Schrankwand und das Blumenzimmer, und heute schreckt mich nicht, was sonst ein Weltensturm wäre.
#
"Save water. Shower with a friend."
#
In Supermärkten bin ich verloren. An Samstagabenden trifft man dort Pärchen, die schön sind, und Alleinstehende, die seltsam sind. Wir brauchen ja nur Erdbeeren.
#
Von Stund' an teilen.
#
Ich fahre so zahm wie lange nicht.
#
An der Tür ist mir ein wenig seltsam. Ich wurde gewarnt, aber nicht vorbereitet, und ich glaube, das war Absicht. Aber ich kann mich sowieso nicht besonders gut verstellen, denke ich, und daß Du selbst das bedacht hast, eine weitere Gedankenschleife, das wird mir erst viel später bewusst.
#
Ich trage den rosafarbenen Zylinderkoffer und habe keine Angst vor Hunden. So kann man sich auch vorstellen. Ich steige über die Eckbank, und irgendwie machen sie, daß ich hier zu hause bin. Ich lehne in der Küche und im Weg. Kann ja nicht anders sein, wie es hier wuselt. Ich stehe immer vor der Schublade, die gerade aufgezogen wird. Irgendwann stehe ich im Esszimmer am Büffet und fordere eine demilitarisierte Zone.
#
Ein Flügel. Die Wand zum Garten verglast. Die Leiter zu Deiner Höhle.
#
Wir laufen zum Nachbardorf, klingeln, und sofort sitzen wir auf einem Sofa, haben Gläser in der Hand, lachen und sind bekannt. Ich kann sehr gut zuhören, ruhig sein, und mich in einem leisen Moment lächerlich machen, daß die Wohnung zu bersten droht.
#
"Hallo, Mops."
#
Der Sicherheitsdienstler stellt sich zu mir, als ich mich am Zelt erleichtern will. Ich drücke ihm mein Glas und meine Flasche in die Hand, weil freihändig echt schwierig ist. Da muß selbst er lachen, und ich treffe ihn beim nächsten Mal anderswo wieder, und als er uns ganz zum Schluß mit seiner riesigen Stablampe nachwinkt, da bin ich schon nicht mehr so fremd.
#
Ein Gitarrist, verheiratet. Einer, der Geburtstag hat. Die Namen rutschen mir noch durch, aber das macht nichts. Sein Geschenk stand heute morgen schon bei mir im Flur, wie auch immer sowas funktioniert.
#
Vom Frühstück ins Mittagessen, ohne aufzustehen.
#
"Hundertzwanzig Hektar oder hundertzwanzig Kilo Gesamtgewicht."
"Das weißt Du falsch."
"Du bist voll Gymnasium."
"Ist eben Dorf, kann man nichts machen."
Vakuum im Kopf, dicker Klops, alter Mann.
"Mehr Butter ist mehr gut."
#
Wir sitzen um den Herd und löffeln Kürbissuppe aus dem Topf. Darin schwimmen Butterflocken, und so lachen wir uns durch die Nacht.
#
Kuscheln auf der Eckbank.
#
Unangestrengt nett.
#
Familienkaffee und Heizraumbier. Das Wichtigste und was man draus macht.
#
Ich sehe beim Backen zu, und irgendwann ist es elf und wir müssen ja nicht mehr weg.
#
Wie sie sich lachend gegen das Wandern wehren.
#
Wir bringen Kuchen. Wir werden begrüßt. Wir lachen vor allem mit uns, und gern mit den anderen.
#
Wie Dein technisches Verständnis sich Bahn bricht, als wir durch die Ofenkataloge blättern. Steuerungen, Sensoren, Anschlüsse, Schichtladung, Energiepriorisierung.
#
Der Bahnfahrplan auf dem Iphone.
#
Wie jemand sogar zu unglaubwürdig werden kann, um das Wetter anzusagen.
#
Sie können mit sechzehn vielleicht schon länger feiern als wir, dafür brauchen sie auch ganze Tage zum Kurieren. Das macht nichts, sie haben ja Zeit.
#
Am Bahnhof. Dann sitze ich mit Freunden vor dem Fernseher, und es ist schön. Mir fehlt nichts. Weil Du noch da bist, fehlt mir nichts. Jetzt müsstest Du da sein, schreibe ich, doch der Zug steht. Ich hole Dich, sage ich, aber das hilft nun auch nichts mehr. Und jetzt schaue ich durch eine Webcam auf die Rialtobrücke und warte, daß Du mir zuwinkst.
#
Eine Küche zu putzen, in der mit Wachs gespielt wurde, ist ein aufwendiges Unterfangen.
#
Wie macht man ein Motto? Man beginnt mit einem Buchstaben, das schränkt schon mal die Möglichkeiten ein. Dazu rohe Maultaschen und Pils und Gelächter.
#
Butter auf beiden Seiten des Zwiebacks. Knitzes Lachen. Ein Airbrush-Tattoo.
"Meine Kindheit ist vorbei. Meine Schwester ist kein Kind mehr. Und allein will ich nicht Kind sein."
#
Die Lehrerin meiner Nachhilfestudentin, die ich mich weigere, Professorin zu nennen, bringt den armen Kindern bei, daß die Länge des Vektors (2,5;2,5) 3,5 beträgt. Erstens ist das falsch und zweitens kann man das doch nicht einmal an einer Fachhochschule so nennen. Das heißt fünf Halbe, und der Betrag ist dann logisch auch fünf halbe Wurzel zwei. Alles andere ist Blödsinn, und das merken sie spätestens, wenn sie die komplexen Zahlen mal addieren wollen. Das werden zwei harte Semester für mich, bevor die Dame aus den Mühlen der Mathematik entkommt.
#
Die Motorradsaison endet, und ich habe keine Zeit dafür. Lieblos stelle ich die Dicke im alten Stall unter und lasse sogar die Batterie drin. Und wie ich dann wieder im Auto sitze, merke ich, daß ich ganz einfach die Saison nicht beende - solange sie nicht geputzt ist, könnte ich noch eine schnelle Runde, mal eben, Sie wissen schon.
#
Selbstverständlich bringe ich Milch mit.
#
Zwischen Versicherungen und Hotels in einer ruhigen Seitenstraße. Ein hoher Altbau, im Parterre eine kleine Kneipe mit Biergarten. Zehn Minuten von der Universität entfernt. Der Flur ist grün, das Bad ist winzig, das Zimmer weiß. Ich sitze am Tisch und nippe an der frischen Milch, während ich Dir zusehe, wie Du in der Küche werkelst. Als Du Dich zu mir setzt, ziehst Du die Knie hoch. Deine Füße tasten nach meinen, wärmen mich. Mein weißer Pullover liegt auf dem Bett, als ich ins Zimmer komme, und Dich, vor dem Fenster stehend, Dich nach dem Rollo reckend, auf den nackten Zehenspitzen, werde ich meiner Lebtag nicht vergessen, das verspreche ich.
#
Du warst überhaupt nicht schüchtern an Deinem ersten Tag, sagt einer der Kollegen zu mir, und das freut mich doch sehr.
#
Ich verabschiede mich von einem, der sich immer wundert, wenn ich erzähle. Und ich sitze hier rum, sagt er dann, und dabei wissen wir beide um die Unterschiede, um die Wertigkeiten, aber wir vergleichen doch nicht. Wir werden uns wohl nicht wiedersehen.
#
Mir ist ein wenig bang vor diesen vier Tagen. Ich möchte nicht überflüssig werden.
#
Das erste, was wir gemeinsam einkaufen, ist Kaltreiniger fürs Motorrad, und wir finden das alles andere als profan. Wir sehen uns Stiefel an und Handschuhe. Held, sagst Du, und streichst über die metallbewehrten Knöchel.
#
Hinter zwei übermütigen jungen Damen betrete ich einen Laden für Reitzubehör und -bekleidung. Klingt komisch, fühlt sich auch so an. Sie kennen sich aus, sind mit allen bekannt. Ich bleibe in einem Gang stehen und versuche, mich nicht wie Lots Frau zu fühlen, zwischen Reiterbüstenhaltern und Reiterhosen. Beige macht breit, lerne ich, als eine der Damen vor dem Spiegel steht und entsetzt an der Hose zerrt. Schwarz geht dann. Aha. Nebenan kämpft eine Kundin damit, überhaupt den Vorhang der Umkleidekabine schließen zu können. Sie schaut etwas säuerlich, sie war am Hosenregal auch gut zehn Meter weiter rechts. Die Verkäuferin schaut mich an, und gemeinsam verschlucken wir uns am Lachen. Ich sehe mich nach Trensen um. Die wirst Du brauchen, sagt die Verkäuferin grinsend, und in ihrem Kopf möchte ich in keinem Film mitspielen. Schuhe, Stiefel, Chaps. Eine Jacke, der selbst ich ansehe, daß sie einfach zu klein ist. Ich finde ein Paar schicker Handschuhe, aber ich möchte auf dem Rad eigentlich nicht für einen Reiter gehalten werden. Ein Zylinderkoffer in rosa, mit Blümchen und Pferdchen darauf, und bevor ich Luft holen kann, schickt man mich in die Männerecke. Dort gibt es Kaffee, und es hängen Zettel an den Wänden. Pferde, Anhänger, Reiterferien. Ein Dressurseminar. Ich schreibe mir die Nummer auf. Unterwerfungs- und Gewöhnungstraining. Verstohlen schaue ich mich um und nehme den Zettel mit. Dann darf ich den Kofferraum packen, und den Rest auf den Rücksitz. Und ich Esel kaufe einen Kleinwagen!
#
Viersieben auf der Autobahn, fünfzwei in der Stadt, sechssieben auf Kurzstrecken. Und dabei immer mein Mitleid - wer möchte schon von sieben Litern kalten Öls übergossen werden?
#
Wir schlafen sehr viel an diesem Wochenende. Aber wir stehen jeden Tag auf. Wir schaffen es eben so zur Skibörse, aber Ski finden wir keine und Helm will ich keinen.
#
Ich lerne sehr viel an diesem Wochenende, und ich sauge all das in mich auf.
#
Abends sitzen wir bei meiner Verwandtschaft, wir wollten nur kurz vorbeischneien, als Schnapsidee, und dann Architektur und Familien, und wir müssen unsere Geschichte abwechselnd erzählen, Wein trinken, und dann erzählt mein Vetter ganz ruhig seine Geschichte. Es kommen Motorräder vor und der Rosenstein und ein Kuss und die abwesende Mutter, und es ist schon nach eins, als wir wieder gehen. Es sind die kleinen Pausen in unseren Geschichten, die anzeigen, wo wir etwas auslassen, und diese Auslassungen sind sehr ruhige Momente, in denen der Wein schimmert und meine Augen Deine suchen.
#
"Bei uns hat es auch sehr lange gedauert. Fast anderthalb Wochen." Sweet little sixteen.
#
"Und dann kam der Sommer."
#
Wir besuchen zwei Höhlen, die Ruine auf dem Berg, laufen an einem Samstagnachmittag nutzlos durchs Dorf. Aus einem Garten schallt es, ob ich denn keine Arbeit hätte, und das klingt alles sehr freundlich und lachend, wie sie da werkeln, daß wir ein Weilchen stehenbleiben und reden.
#
Crossgolf, und begeistert zeigen sie mir Schläger und Bälle.
#
Die Schrankwand und das Blumenzimmer, und heute schreckt mich nicht, was sonst ein Weltensturm wäre.
#
"Save water. Shower with a friend."
#
In Supermärkten bin ich verloren. An Samstagabenden trifft man dort Pärchen, die schön sind, und Alleinstehende, die seltsam sind. Wir brauchen ja nur Erdbeeren.
#
Von Stund' an teilen.
#
Ich fahre so zahm wie lange nicht.
#
An der Tür ist mir ein wenig seltsam. Ich wurde gewarnt, aber nicht vorbereitet, und ich glaube, das war Absicht. Aber ich kann mich sowieso nicht besonders gut verstellen, denke ich, und daß Du selbst das bedacht hast, eine weitere Gedankenschleife, das wird mir erst viel später bewusst.
#
Ich trage den rosafarbenen Zylinderkoffer und habe keine Angst vor Hunden. So kann man sich auch vorstellen. Ich steige über die Eckbank, und irgendwie machen sie, daß ich hier zu hause bin. Ich lehne in der Küche und im Weg. Kann ja nicht anders sein, wie es hier wuselt. Ich stehe immer vor der Schublade, die gerade aufgezogen wird. Irgendwann stehe ich im Esszimmer am Büffet und fordere eine demilitarisierte Zone.
#
Ein Flügel. Die Wand zum Garten verglast. Die Leiter zu Deiner Höhle.
#
Wir laufen zum Nachbardorf, klingeln, und sofort sitzen wir auf einem Sofa, haben Gläser in der Hand, lachen und sind bekannt. Ich kann sehr gut zuhören, ruhig sein, und mich in einem leisen Moment lächerlich machen, daß die Wohnung zu bersten droht.
#
"Hallo, Mops."
#
Der Sicherheitsdienstler stellt sich zu mir, als ich mich am Zelt erleichtern will. Ich drücke ihm mein Glas und meine Flasche in die Hand, weil freihändig echt schwierig ist. Da muß selbst er lachen, und ich treffe ihn beim nächsten Mal anderswo wieder, und als er uns ganz zum Schluß mit seiner riesigen Stablampe nachwinkt, da bin ich schon nicht mehr so fremd.
#
Ein Gitarrist, verheiratet. Einer, der Geburtstag hat. Die Namen rutschen mir noch durch, aber das macht nichts. Sein Geschenk stand heute morgen schon bei mir im Flur, wie auch immer sowas funktioniert.
#
Vom Frühstück ins Mittagessen, ohne aufzustehen.
#
"Hundertzwanzig Hektar oder hundertzwanzig Kilo Gesamtgewicht."
"Das weißt Du falsch."
"Du bist voll Gymnasium."
"Ist eben Dorf, kann man nichts machen."
Vakuum im Kopf, dicker Klops, alter Mann.
"Mehr Butter ist mehr gut."
#
Wir sitzen um den Herd und löffeln Kürbissuppe aus dem Topf. Darin schwimmen Butterflocken, und so lachen wir uns durch die Nacht.
#
Kuscheln auf der Eckbank.
#
Unangestrengt nett.
#
Familienkaffee und Heizraumbier. Das Wichtigste und was man draus macht.
#
Ich sehe beim Backen zu, und irgendwann ist es elf und wir müssen ja nicht mehr weg.
#
Wie sie sich lachend gegen das Wandern wehren.
#
Wir bringen Kuchen. Wir werden begrüßt. Wir lachen vor allem mit uns, und gern mit den anderen.
#
Wie Dein technisches Verständnis sich Bahn bricht, als wir durch die Ofenkataloge blättern. Steuerungen, Sensoren, Anschlüsse, Schichtladung, Energiepriorisierung.
#
Der Bahnfahrplan auf dem Iphone.
#
Wie jemand sogar zu unglaubwürdig werden kann, um das Wetter anzusagen.
#
Sie können mit sechzehn vielleicht schon länger feiern als wir, dafür brauchen sie auch ganze Tage zum Kurieren. Das macht nichts, sie haben ja Zeit.
#
Am Bahnhof. Dann sitze ich mit Freunden vor dem Fernseher, und es ist schön. Mir fehlt nichts. Weil Du noch da bist, fehlt mir nichts. Jetzt müsstest Du da sein, schreibe ich, doch der Zug steht. Ich hole Dich, sage ich, aber das hilft nun auch nichts mehr. Und jetzt schaue ich durch eine Webcam auf die Rialtobrücke und warte, daß Du mir zuwinkst.
#
Eine Küche zu putzen, in der mit Wachs gespielt wurde, ist ein aufwendiges Unterfangen.
#
Wie macht man ein Motto? Man beginnt mit einem Buchstaben, das schränkt schon mal die Möglichkeiten ein. Dazu rohe Maultaschen und Pils und Gelächter.
#
Butter auf beiden Seiten des Zwiebacks. Knitzes Lachen. Ein Airbrush-Tattoo.
"Meine Kindheit ist vorbei. Meine Schwester ist kein Kind mehr. Und allein will ich nicht Kind sein."
27.09.10, 22:13 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Zur Beerdigung bin ich zu spät.
#
Nicht einmal einen Nachruf bekomme ich hin. Ich versuche es ein, zwei Mal, und jedes Mal merke ich, wie wenig ich ihn gekannt habe. Er war einfach da, ein Teil meiner Kindheit, ein Teil meiner Erinnerungen. Ich bin groß geworden, er ist gestorben. Zu seiner Beerdigung kam ich zu spät.
#
Save early, save often. Word ist ein Computerspiel. Ich sichere minütlich, vor großen Kleinigkeiten wie dem Einfügen von
Bildern oder dem Anlegen von Tabellen, täglich, wöchentlich und abschnittsweise. Es ist ein Drama, aber eines, das ich
noch im Griff habe.
#
Ein Spiel für mich und ein Scherz nur für uns beide, daß ich in jeder meiner Arbeiten eine von seinen zitiere. Bei einer
experimentellen Arbeit auf eine Simulation zu verweisen: ein Klacks. Bei einer Strömungssimulation einen
Dichtungstechniker zu zitieren: schon ein ganzer Absatz. Diesmal wird es wohl schwieriger werden.
#
Drei Grüße von drei Damen, drei Wünsche zur Nacht. Das Alter macht sie behutsamer, denke ich mir, und die Gründe sind
sicher die selben, aus denen sie an mich denken.
#
Sechstausend Worte, fünfundvierzigtausend Zeichen.
#
Eine Nacht, die ich auf einem Silo unterm Vollmond verbringen werde.
#
Nicht einmal einen Nachruf bekomme ich hin. Ich versuche es ein, zwei Mal, und jedes Mal merke ich, wie wenig ich ihn gekannt habe. Er war einfach da, ein Teil meiner Kindheit, ein Teil meiner Erinnerungen. Ich bin groß geworden, er ist gestorben. Zu seiner Beerdigung kam ich zu spät.
#
Save early, save often. Word ist ein Computerspiel. Ich sichere minütlich, vor großen Kleinigkeiten wie dem Einfügen von
Bildern oder dem Anlegen von Tabellen, täglich, wöchentlich und abschnittsweise. Es ist ein Drama, aber eines, das ich
noch im Griff habe.
#
Ein Spiel für mich und ein Scherz nur für uns beide, daß ich in jeder meiner Arbeiten eine von seinen zitiere. Bei einer
experimentellen Arbeit auf eine Simulation zu verweisen: ein Klacks. Bei einer Strömungssimulation einen
Dichtungstechniker zu zitieren: schon ein ganzer Absatz. Diesmal wird es wohl schwieriger werden.
#
Drei Grüße von drei Damen, drei Wünsche zur Nacht. Das Alter macht sie behutsamer, denke ich mir, und die Gründe sind
sicher die selben, aus denen sie an mich denken.
#
Sechstausend Worte, fünfundvierzigtausend Zeichen.
#
Eine Nacht, die ich auf einem Silo unterm Vollmond verbringen werde.
15.09.10, 19:04 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Jeden Tag fahre ich an der Tankstelle vorbei, an der die Preise steigen und fallen und die Tankenden fluchend auf die Anzeigen sehen. Kurze Wege, lächle ich und habe nach vier Wochen noch keinen halben Tank verfahren.
#
Und jetzt, da es sowieso kalt wird, streikt auch die Heizung. Der Zug ist ausgehängt, sie heizt andauernd. Aber das ist in Ordnung.
#

Wer sich auskennt im Internet, erkennt dieses Bild als ganz schlimmes, weil nicht ganz so schönes, Plagiat.
#
Und jetzt, da es sowieso kalt wird, streikt auch die Heizung. Der Zug ist ausgehängt, sie heizt andauernd. Aber das ist in Ordnung.
#

Wer sich auskennt im Internet, erkennt dieses Bild als ganz schlimmes, weil nicht ganz so schönes, Plagiat.
11.09.10, 22:52 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Streichen. Ein Zimmer, und dann eben noch den Flur. Und für das Treppenhaus reicht die Farbe auch noch. Jetzt laufe ich seit einer Woche diese Treppen hoch und runter, und jedes Mal freue ich mich an der frischen weißen Wand.
#
Mir fehlt die Musik. Dabei habe ich derzeit nichts zu entdecken. Ich bin radioverstopft, möchte ich meinen. Oder ich habe einen seltsamen inneren Speicher, der jetzt eben voll ist. Dann wird es für mich keine neue gute Musik mehr geben, und irgendwann wird sie womöglich verschwinden.
#
Wenn nicht für Geld und nicht für gute Worte - wofür denn dann überhaupt noch?
#
Abendliches Mähen nach der Arbeit. Nächtliches Schrauben. Wieder Arbeit. Wieder Mähen. Wieder Arbeit. Silowalzen. So bringt man die Tage auch weg.
#
Jetzt müsste man nur noch wissen, wie das Problem mit dem Glück zu lösen ist.
#
Wort zweitausendsieben. Ach Gottchen. Jeden Tag eine neue Datei. Keep seven steps, hieß es einst. Fünf Wochentage, eine Woche, ein Monat.
#
Manches, das an mir nagt. Manches, das sich durchfrisst durch den Firnis aus Glück, den ich mir jeden Tag neu überpinsle. Ein Kloben wäre ich manchmal gern, anstatt des Baumes, den der Kupfernagel langsam fällt.
#
Ich mache eine Zeitreise und gable Öhmd in ein Gebläse. Wie seltsam, daß alle genau so arbeiten, daß die Arbeit reicht. Für hundert Kühe werden Großpacken gepresst, und für zehn wird eben gegabelt.
#
Meine Arbeit wird gebraucht. Dafür kann ich auch am Schreibtisch sitzen.
#
Man müsste sich etwas suchen, das einen beschäftigt und antreibt.
#
Er zeigt mir eine kleine Rötung am Hals - "wo die Hanteln drücken." Ich lache, und dann rät er mir, ihm nie wieder zu begegnen.
#
Wenn man ein Aber gegen etwas hat, dann ist das der Jedoch der schlimmste Streit, den man sich vorstellen kann.
#
Jetzt eine Richtung.
#
In immer kürzeren Abständen der Drang, die Brocken hinzuwerfen. Ich weiß nicht, wie viel man von sich selbst amputieren kann, ohne sich zu verlieren.
#
Und plötzlich ist man sehr weit weg.
#
Abendschule. Als bekäme ich nicht genug.
#
Die Redewendung "auf zwei Hochzeiten tanzen" bekommt eine neue Dimension: das Männerballett. Du liebe Zeit.
#
Ich werde nächstes Wochenende drei Mal heiraten. Im Frack. Ich habe übrigens im letzten Jahr schon einmal geheiratet. Damals mit Zylinder. Ich glaube wirklich, das reicht.
#
Stehen zehn Bauern um ein paar Reihen Mais, befingern Kolben und vergleichen Stengelhöhen, während sie mit den Füßen die dicken Stoppeln auf dem Acker umtreten. Am Feldrand eine Fahne, und irgendwann wird es dunkel. Maistag.
#
Es scheint tatsächlich nur diese wenigen Wirkprinzipien zu geben. Selbst die Patente sind nur geschickte Anwendungen, keine genialen Lösungen. Das entmutigt mich und treibt mich zugleich an. Es muß etwas da sein.
#
Ach, der Kutzbachplan. Den mochte ich schon immer.
#
"Wie isst man einen Elefanten?"
Ich schaue fragend.
"In kleinen Stücken."
Ich habe einen guten Chef erwischt.
#
Ich komme mir alt vor, und dabei so unerfahren. Es gibt viel aufzuholen.
#
Manchmal frage ich mich, wie es Dir geht. Warum ausgerechnet Deine Spuren noch da sind.
#
Herbst! Endlich darf ich wieder dicke Strümpfe tragen!
#
Mir gegenüber sitzt ein Mädchen mit hohen Schuhen und glänzenden Strümpfen. Sie sieht gelangweilt aus, und ich halte das nicht mehr für Überlegenheit. Langeweile kann auch sehr tumb sein.
#
Je älter ich werde, um so schneller kann ich einschätzen, welche Mädchen sie anziehen. Welche gern anziehend wären. Und über welche sie in zehn Jahren nachdenken werden und sich selbst Esel schelten, dafür, daß -.
Da sitzt einer, der das schon weiß. Er macht nicht mit, er produziert sich nicht. Die beiden werden sehr glücklich werden miteinander, auch wenn ihn jetzt niemand versteht.
#
"Machst Du Cocktails", werde ich gefragt.
- "Ja", sage ich, denn ich habe noch die Flasche in der Hand. "Auch einen?"
- "Gern."
Ich lasse sie von meinem probieren, und den trägt sie dann gleich davon. Aha.
#
Und irgendwie stehe ich dann oben am Berg und fotografiere in den Regen und in die untergehende Sonne.
#
Gebannt stehe ich da vor meinem Schlepper und starre auf meinen Hausberg, als ob ich ihn zum ersten Mal erblickt hätte. Ein anderer Acker, eine andere Perspektive. Von hier aus sieht er sehr alpin aus, mit seiner scharfen Kante und den tiefen Kluften. Foto habe ich keinen dabei.
#
Überhaupt Bilder. Ich mache kaum mehr welche, merke ich, als ich durchs Telefon blättere. Die letzten sind drei Wochen alt.
#
Na gut, eines.

#
Und wenn ich jetzt noch wüsste, wohin mit der Wut.
#
Auf seiner Einladung sind in einer Zeitleiste all seine Fahrzeuge. Das zeigt ihn, und das zeigt einen selbst. Mein bester Freund wird dreißig.
#
Ich komme gern, um Dir zu helfen, sage ich zu einem. Er grinst, die Krucke in der Hand, in Gummistiefeln auf den Spalten im Stall stehend, aus seinem dichten Bart heraus, während die lange Zunge einer Kuh nach seinem Hosenbein schnellt, und spricht.
Komm doch auch mal zum Kaffee.
#
Ich kann mich immer noch nicht zurückfallen lassen.
#
Mit der Suche nach einem Zitat fängt jede meiner Arbeiten an.
#
Mit Pauken und Trompeten oder still und leise? Gesagt ist gesagt, nur das Gedachte kann man noch streichen.
#
Ein Teil könnte sein, daß ich wirklich glaube, es besser zu können.
#
Am Montag: Passbilder. Nachdem ich erst wieder aus dem Laden geflüchtet bin - die Schlange in Form der Person, die eben bedient wurde, redete ich mir ein - muß ich jetzt.
#
Und so sitzen wir nach dem Paso Doble in einer Kneipe, und einer fragt. Ich muß dann immer tief durchatmen und mich sortieren, bevor ich erzähle.
Was machst Du so? Gute Frage.
#
Dieser Tanz gefällt mir. Die Promenade, vor der man aufstampft. Die Dame als Tuch, der Herr als Torero.
#
Wie schleudert man ein Mädchen, ohne es zu verletzen? Ich frage wegen der blauen Flecken.
#
Und eine lassen wir fast fallen. Hoppla.
#
Ich bin irgendwo falsch abgebogen, glaube ich.
#
Wie es an den Samstagen an allen Ecken und Enden werkelt. Überall Latzhosen, überall Zollstöcke.
#
Ich mag Dich. Aber nicht mit Dir reden. Nicht teilen.
#
Solange Du bewahrst anstatt zu teilen.
#
Und plötzlich der drängende Wunsch, übermächtig, mich in den Sattel zu schwingen und durch die letzten warmen Nächte zu fahren. Ich fahre gern nachts Motorrad. Nur zu selten.
#
Mit dem Rad ins Büro.
#
Nächste Woche: Organisatorisches. Das kann ja heiter werden.
#
Vielleicht drei, vier Monate Pause. Mich zwingen.
#
Mir fehlt die Musik. Dabei habe ich derzeit nichts zu entdecken. Ich bin radioverstopft, möchte ich meinen. Oder ich habe einen seltsamen inneren Speicher, der jetzt eben voll ist. Dann wird es für mich keine neue gute Musik mehr geben, und irgendwann wird sie womöglich verschwinden.
#
Wenn nicht für Geld und nicht für gute Worte - wofür denn dann überhaupt noch?
#
Abendliches Mähen nach der Arbeit. Nächtliches Schrauben. Wieder Arbeit. Wieder Mähen. Wieder Arbeit. Silowalzen. So bringt man die Tage auch weg.
#
Jetzt müsste man nur noch wissen, wie das Problem mit dem Glück zu lösen ist.
#
Wort zweitausendsieben. Ach Gottchen. Jeden Tag eine neue Datei. Keep seven steps, hieß es einst. Fünf Wochentage, eine Woche, ein Monat.
#
Manches, das an mir nagt. Manches, das sich durchfrisst durch den Firnis aus Glück, den ich mir jeden Tag neu überpinsle. Ein Kloben wäre ich manchmal gern, anstatt des Baumes, den der Kupfernagel langsam fällt.
#
Ich mache eine Zeitreise und gable Öhmd in ein Gebläse. Wie seltsam, daß alle genau so arbeiten, daß die Arbeit reicht. Für hundert Kühe werden Großpacken gepresst, und für zehn wird eben gegabelt.
#
Meine Arbeit wird gebraucht. Dafür kann ich auch am Schreibtisch sitzen.
#
Man müsste sich etwas suchen, das einen beschäftigt und antreibt.
#
Er zeigt mir eine kleine Rötung am Hals - "wo die Hanteln drücken." Ich lache, und dann rät er mir, ihm nie wieder zu begegnen.
#
Wenn man ein Aber gegen etwas hat, dann ist das der Jedoch der schlimmste Streit, den man sich vorstellen kann.
#
Jetzt eine Richtung.
#
In immer kürzeren Abständen der Drang, die Brocken hinzuwerfen. Ich weiß nicht, wie viel man von sich selbst amputieren kann, ohne sich zu verlieren.
#
Und plötzlich ist man sehr weit weg.
#
Abendschule. Als bekäme ich nicht genug.
#
Die Redewendung "auf zwei Hochzeiten tanzen" bekommt eine neue Dimension: das Männerballett. Du liebe Zeit.
#
Ich werde nächstes Wochenende drei Mal heiraten. Im Frack. Ich habe übrigens im letzten Jahr schon einmal geheiratet. Damals mit Zylinder. Ich glaube wirklich, das reicht.
#
Stehen zehn Bauern um ein paar Reihen Mais, befingern Kolben und vergleichen Stengelhöhen, während sie mit den Füßen die dicken Stoppeln auf dem Acker umtreten. Am Feldrand eine Fahne, und irgendwann wird es dunkel. Maistag.
#
Es scheint tatsächlich nur diese wenigen Wirkprinzipien zu geben. Selbst die Patente sind nur geschickte Anwendungen, keine genialen Lösungen. Das entmutigt mich und treibt mich zugleich an. Es muß etwas da sein.
#
Ach, der Kutzbachplan. Den mochte ich schon immer.
#
"Wie isst man einen Elefanten?"
Ich schaue fragend.
"In kleinen Stücken."
Ich habe einen guten Chef erwischt.
#
Ich komme mir alt vor, und dabei so unerfahren. Es gibt viel aufzuholen.
#
Manchmal frage ich mich, wie es Dir geht. Warum ausgerechnet Deine Spuren noch da sind.
#
Herbst! Endlich darf ich wieder dicke Strümpfe tragen!
#
Mir gegenüber sitzt ein Mädchen mit hohen Schuhen und glänzenden Strümpfen. Sie sieht gelangweilt aus, und ich halte das nicht mehr für Überlegenheit. Langeweile kann auch sehr tumb sein.
#
Je älter ich werde, um so schneller kann ich einschätzen, welche Mädchen sie anziehen. Welche gern anziehend wären. Und über welche sie in zehn Jahren nachdenken werden und sich selbst Esel schelten, dafür, daß -.
Da sitzt einer, der das schon weiß. Er macht nicht mit, er produziert sich nicht. Die beiden werden sehr glücklich werden miteinander, auch wenn ihn jetzt niemand versteht.
#
"Machst Du Cocktails", werde ich gefragt.
- "Ja", sage ich, denn ich habe noch die Flasche in der Hand. "Auch einen?"
- "Gern."
Ich lasse sie von meinem probieren, und den trägt sie dann gleich davon. Aha.
#
Und irgendwie stehe ich dann oben am Berg und fotografiere in den Regen und in die untergehende Sonne.
#
Gebannt stehe ich da vor meinem Schlepper und starre auf meinen Hausberg, als ob ich ihn zum ersten Mal erblickt hätte. Ein anderer Acker, eine andere Perspektive. Von hier aus sieht er sehr alpin aus, mit seiner scharfen Kante und den tiefen Kluften. Foto habe ich keinen dabei.
#
Überhaupt Bilder. Ich mache kaum mehr welche, merke ich, als ich durchs Telefon blättere. Die letzten sind drei Wochen alt.
#
Na gut, eines.

#
Und wenn ich jetzt noch wüsste, wohin mit der Wut.
#
Auf seiner Einladung sind in einer Zeitleiste all seine Fahrzeuge. Das zeigt ihn, und das zeigt einen selbst. Mein bester Freund wird dreißig.
#
Ich komme gern, um Dir zu helfen, sage ich zu einem. Er grinst, die Krucke in der Hand, in Gummistiefeln auf den Spalten im Stall stehend, aus seinem dichten Bart heraus, während die lange Zunge einer Kuh nach seinem Hosenbein schnellt, und spricht.
Komm doch auch mal zum Kaffee.
#
Ich kann mich immer noch nicht zurückfallen lassen.
#
Mit der Suche nach einem Zitat fängt jede meiner Arbeiten an.
"And tomorrow brings another trainDie Danksagung füllt so eben eine Seite.
Another young man steals away
But you're the one I remember
From these valleys of green and grey."
#
Mit Pauken und Trompeten oder still und leise? Gesagt ist gesagt, nur das Gedachte kann man noch streichen.
#
Ein Teil könnte sein, daß ich wirklich glaube, es besser zu können.
#
Am Montag: Passbilder. Nachdem ich erst wieder aus dem Laden geflüchtet bin - die Schlange in Form der Person, die eben bedient wurde, redete ich mir ein - muß ich jetzt.
#
Und so sitzen wir nach dem Paso Doble in einer Kneipe, und einer fragt. Ich muß dann immer tief durchatmen und mich sortieren, bevor ich erzähle.
Was machst Du so? Gute Frage.
#
Dieser Tanz gefällt mir. Die Promenade, vor der man aufstampft. Die Dame als Tuch, der Herr als Torero.
#
Wie schleudert man ein Mädchen, ohne es zu verletzen? Ich frage wegen der blauen Flecken.
#
Und eine lassen wir fast fallen. Hoppla.
#
Ich bin irgendwo falsch abgebogen, glaube ich.
#
Wie es an den Samstagen an allen Ecken und Enden werkelt. Überall Latzhosen, überall Zollstöcke.
#
Ich mag Dich. Aber nicht mit Dir reden. Nicht teilen.
#
Solange Du bewahrst anstatt zu teilen.
#
Und plötzlich der drängende Wunsch, übermächtig, mich in den Sattel zu schwingen und durch die letzten warmen Nächte zu fahren. Ich fahre gern nachts Motorrad. Nur zu selten.
#
Mit dem Rad ins Büro.
#
Nächste Woche: Organisatorisches. Das kann ja heiter werden.
#
Vielleicht drei, vier Monate Pause. Mich zwingen.
31.08.10, 02:23 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Ich sehe meinem Senior zu, wie er sich mit meinem Rad müht. Wie er sich, nachdem ich ihm die Hebel am Lenker erklärt habe, durch schnelle Blicke nach unten vergewissert. Wie er beim Treten kurz innehält, wenn er schaltet. Ich weiß schon, wes Kind ich bin, denke ich grinsend und werfe den Schraubenschlüssel in die Luft.
Und wenn er Gefallen an meinem Rad gefunden hat, kann ich mir ruhigen Gewissens noch eines zulegen - es könnte ja sein, also rein theoretisch natürlich, wir wollten gleichzeitig, und wie wäre denn das? Freilich ist das eine Ausrede, aber nennen Sie mir doch einen Grund für ein fünftes Rad.
#
Kommunikation feuert aus allen Rohren. Ich will das ja so. Aber will ich das alles wissen, wo es mich doch nur durcheinander bringt?
Glück durch Unwissenheit, das hatten wir doch schon.
#
Es gibt noch einiges zu klären. Aber ich bin durch. Und wie immer denke ich mir danach: War das jetzt so schwierig? Mußte es so lang dauern?
Zielstrebiger sollte man auch sein. Hatten wir auch schon, jaja.
#
Eine Liste der Dinge, für die ich mich nicht schämen muß. Scham schleicht sich ein. Scham hindert und fesselt, wo man gestern noch geglaubt hatte, frei zu sein.
Und trotzdem muß ich nicht alles in die Welt tragen - auch wenn ich mich nicht dafür schämen muß. (So schlage ich in zwei, drei Sätzen den Bogen von Geschenken, die ich gar nicht verdient haben muß, über die Musik, die mir niemand madig machen kann, hin zu einem Allgemeinen. Krude, das Ganze, und herzlich willkommen in meinem Kopf.)
#
Das Fahren macht mir nichts. Das Helfen freut mich. Aber wenn ich warten muß, werde ich spinnert. Untätig mag ich so gar nicht sein.
#
Und immer wieder mahne ich mich zur Zurückhaltung. Freu Dich nicht, sage ich, sonst enttäuschst Du Dich selbst. Das mag ja richtig sein, aber glücklich macht es nicht.
#
Wir sitzen da, an diesem letzten Abend, und es kommt keine Wehmut auf. Wir reden uns in die Nacht, wir lachen uns in die großen Themen hinein. Das Leben gestalten. Groß, aber nicht ernst. Am Ende habe ich das von Dir gelernt. Und den ruhigen, bedachten Einsatz, ohne mit dem Finger auf mich zu zeigen.
Und noch einmal mein Freund, als ich Dir das Durcheinander in ein paar Sätze werfe. Dann ist das ja geregelt, sagst Du, und das reicht schon. Deine Worte sind Gold wert, weißt Du das? Du bist mein Bester, habe ich Dir das schon gesagt?
#
Nur zwischen Zweien muß ein Gleichgewicht bestehen. Mehr weiß ich nicht.
#
Und ob mein Einsatz an einem Sonntagabend einen einzigen vor dem Hungertod retten könnte, darum geht es letztendlich doch nicht. Optimierung betreibt man, wohin auch immer.
Leider kann man diesem hehren Ziel nicht folgen - man würde eingehen daran, das sehe ich ja ein. Aber folge ich mir selbst und dieser wahnwitzigen Konsequenz, dann ist das auch gar nicht tragisch.
Kein Verlust für die Welt. Alles versucht. Ich schüttle mich dann doch immer wieder wie ein nasser Hund, schleudere die Last wie Tropfen aus dem Fell. Ob Helden wohl glücklich sind?
#
Und ob es einen Grund gibt, alles zu geben?
#
Sechs Abschnitte. Ich bin früh da und fange an, mit dem Dampfstrahler zu hantieren.
Manche der Betonspalten brechen, als ich sie mit dem Bagger heraushieve. Andere haben die Jahre fast schadlos überstanden.
Zu wenige sind wir plötzlich, und auch das ist ein Optimierungsproblem. Organisation und Einteilung, und immer wieder entschuldige ich mir selbst meinen bequemen Sitz. Wer Beton über Köpfe balanciert, schwitzt auch, nur die Hände bleiben sauber. Und ich traue letztendlich doch nur mir selbst, wenn es um Maschinen geht. Diese paar konzentrierte Stunden, die verbringe ich glücklich.
#
Ich verpasse den Bus. Das ist mir schon lange nicht mehr passiert, denke ich, und hake ab. Man wird mir schon davon erzählen.
#
Ein Lallender verzichtet darauf, die Sektflasche am Fohlen zu zerschlagen.
#
Huch, denke ich, als ich müde am Stehtisch lehne, wir sind ja alle erwachsen. Nichts Besonderes mehr. Keine Luftschlösser mehr, keine Einstürze. Stein auf Stein ein Leben. Aber Glück - bevor ich darüber nachdenken kann, bekomme ich noch einen Schnaps aufgedrängt und nehme das erste Auto nach hause.
#
Ich laufe. Es ist Nacht, der Mond müht sich redlich hinter den Wolken. Meine bloßen Arme schlenkern leuchtend im Dunkeln, und ich fühle, daß die Härchen sich gegen die Kälte stemmen. Es regnet. Ab und zu Scheinwerfer, rauschende Räder, zurück bleiben flatternde Punkte in meinen Augen.
Nur laufen. Links, rechts, gleichmäßig. Der Atem folgt. Das Herz folgt. Laufen.
Irgendwo bleibe ich stehen, zwischen den Dörfern. Das Gras neigt sich naß und klamm an den Gräben. Weit genug weg. Ungehört.
Das habe ich früher gebraucht, wenn ich nicht mehr atmen konnte. Wenn ich erstickt bin, wieder einmal. Dagegen gab es Hustensaft, der nicht half, aber süß und klebrig war. Das Kümmern macht einen hilflos, und Schlimmeres gibt es nicht. Nur nicht hilflos sein. Es ist nicht das Mitleid, es ist die Ohnmacht der Helfenden. Sie bringt einen um. Stattdessen laufen. Atmen. Wut sammeln, ohne wütend zu werden.
Gegen Morgen kehrte ich jedes Mal zurück. Keinen Ton konnte ich mehr sagen. So viel ich gebrüllt hatte, erst bellend, dann krächzend gefordert, so stumm war ich, als ich zurück war und durch die Tür schlüpfte.
Hätte ich damals keine Terrassentür gehabt, ich weiß es nicht. Ich muß lachen. Ich laufe zurück, die Straße entlang, und als es der Mond durch die Wolken schafft, werfe ich für einen Moment sogar einen Schatten.
#
Die Flasche, die ich als letztes vom Regal nahm, die steht jetzt hier. Da stehen noch einige, deren Inhalt immer ungenießbarer werden mag. Doch das macht nichts, ihr Anblick wird um so schöner dabei.
#
Ich lasse mich aufklären über eine Essigmutter und darüber, daß ich den Essig nicht hätte wegschütten müssen. Aha. Man lernt ja nie aus.
#
Ein Frack. Ach Gottchen.
#
Und sonst? Man lebt. Nicht alles auf einmal. Zum Glück.
Und wenn er Gefallen an meinem Rad gefunden hat, kann ich mir ruhigen Gewissens noch eines zulegen - es könnte ja sein, also rein theoretisch natürlich, wir wollten gleichzeitig, und wie wäre denn das? Freilich ist das eine Ausrede, aber nennen Sie mir doch einen Grund für ein fünftes Rad.
#
Kommunikation feuert aus allen Rohren. Ich will das ja so. Aber will ich das alles wissen, wo es mich doch nur durcheinander bringt?
Glück durch Unwissenheit, das hatten wir doch schon.
#
Es gibt noch einiges zu klären. Aber ich bin durch. Und wie immer denke ich mir danach: War das jetzt so schwierig? Mußte es so lang dauern?
Zielstrebiger sollte man auch sein. Hatten wir auch schon, jaja.
#
Eine Liste der Dinge, für die ich mich nicht schämen muß. Scham schleicht sich ein. Scham hindert und fesselt, wo man gestern noch geglaubt hatte, frei zu sein.
Und trotzdem muß ich nicht alles in die Welt tragen - auch wenn ich mich nicht dafür schämen muß. (So schlage ich in zwei, drei Sätzen den Bogen von Geschenken, die ich gar nicht verdient haben muß, über die Musik, die mir niemand madig machen kann, hin zu einem Allgemeinen. Krude, das Ganze, und herzlich willkommen in meinem Kopf.)
#
Das Fahren macht mir nichts. Das Helfen freut mich. Aber wenn ich warten muß, werde ich spinnert. Untätig mag ich so gar nicht sein.
#
Und immer wieder mahne ich mich zur Zurückhaltung. Freu Dich nicht, sage ich, sonst enttäuschst Du Dich selbst. Das mag ja richtig sein, aber glücklich macht es nicht.
#
Wir sitzen da, an diesem letzten Abend, und es kommt keine Wehmut auf. Wir reden uns in die Nacht, wir lachen uns in die großen Themen hinein. Das Leben gestalten. Groß, aber nicht ernst. Am Ende habe ich das von Dir gelernt. Und den ruhigen, bedachten Einsatz, ohne mit dem Finger auf mich zu zeigen.
Und noch einmal mein Freund, als ich Dir das Durcheinander in ein paar Sätze werfe. Dann ist das ja geregelt, sagst Du, und das reicht schon. Deine Worte sind Gold wert, weißt Du das? Du bist mein Bester, habe ich Dir das schon gesagt?
#
Nur zwischen Zweien muß ein Gleichgewicht bestehen. Mehr weiß ich nicht.
#
Und ob mein Einsatz an einem Sonntagabend einen einzigen vor dem Hungertod retten könnte, darum geht es letztendlich doch nicht. Optimierung betreibt man, wohin auch immer.
Leider kann man diesem hehren Ziel nicht folgen - man würde eingehen daran, das sehe ich ja ein. Aber folge ich mir selbst und dieser wahnwitzigen Konsequenz, dann ist das auch gar nicht tragisch.
Kein Verlust für die Welt. Alles versucht. Ich schüttle mich dann doch immer wieder wie ein nasser Hund, schleudere die Last wie Tropfen aus dem Fell. Ob Helden wohl glücklich sind?
#
Und ob es einen Grund gibt, alles zu geben?
#
Sechs Abschnitte. Ich bin früh da und fange an, mit dem Dampfstrahler zu hantieren.
Manche der Betonspalten brechen, als ich sie mit dem Bagger heraushieve. Andere haben die Jahre fast schadlos überstanden.
Zu wenige sind wir plötzlich, und auch das ist ein Optimierungsproblem. Organisation und Einteilung, und immer wieder entschuldige ich mir selbst meinen bequemen Sitz. Wer Beton über Köpfe balanciert, schwitzt auch, nur die Hände bleiben sauber. Und ich traue letztendlich doch nur mir selbst, wenn es um Maschinen geht. Diese paar konzentrierte Stunden, die verbringe ich glücklich.
#
Ich verpasse den Bus. Das ist mir schon lange nicht mehr passiert, denke ich, und hake ab. Man wird mir schon davon erzählen.
#
Ein Lallender verzichtet darauf, die Sektflasche am Fohlen zu zerschlagen.
#
Huch, denke ich, als ich müde am Stehtisch lehne, wir sind ja alle erwachsen. Nichts Besonderes mehr. Keine Luftschlösser mehr, keine Einstürze. Stein auf Stein ein Leben. Aber Glück - bevor ich darüber nachdenken kann, bekomme ich noch einen Schnaps aufgedrängt und nehme das erste Auto nach hause.
#
Ich laufe. Es ist Nacht, der Mond müht sich redlich hinter den Wolken. Meine bloßen Arme schlenkern leuchtend im Dunkeln, und ich fühle, daß die Härchen sich gegen die Kälte stemmen. Es regnet. Ab und zu Scheinwerfer, rauschende Räder, zurück bleiben flatternde Punkte in meinen Augen.
Nur laufen. Links, rechts, gleichmäßig. Der Atem folgt. Das Herz folgt. Laufen.
Irgendwo bleibe ich stehen, zwischen den Dörfern. Das Gras neigt sich naß und klamm an den Gräben. Weit genug weg. Ungehört.
Das habe ich früher gebraucht, wenn ich nicht mehr atmen konnte. Wenn ich erstickt bin, wieder einmal. Dagegen gab es Hustensaft, der nicht half, aber süß und klebrig war. Das Kümmern macht einen hilflos, und Schlimmeres gibt es nicht. Nur nicht hilflos sein. Es ist nicht das Mitleid, es ist die Ohnmacht der Helfenden. Sie bringt einen um. Stattdessen laufen. Atmen. Wut sammeln, ohne wütend zu werden.
Gegen Morgen kehrte ich jedes Mal zurück. Keinen Ton konnte ich mehr sagen. So viel ich gebrüllt hatte, erst bellend, dann krächzend gefordert, so stumm war ich, als ich zurück war und durch die Tür schlüpfte.
Hätte ich damals keine Terrassentür gehabt, ich weiß es nicht. Ich muß lachen. Ich laufe zurück, die Straße entlang, und als es der Mond durch die Wolken schafft, werfe ich für einen Moment sogar einen Schatten.
#
Die Flasche, die ich als letztes vom Regal nahm, die steht jetzt hier. Da stehen noch einige, deren Inhalt immer ungenießbarer werden mag. Doch das macht nichts, ihr Anblick wird um so schöner dabei.
#
Ich lasse mich aufklären über eine Essigmutter und darüber, daß ich den Essig nicht hätte wegschütten müssen. Aha. Man lernt ja nie aus.
#
Ein Frack. Ach Gottchen.
#
Und sonst? Man lebt. Nicht alles auf einmal. Zum Glück.
22.08.10, 16:28 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Wer bin ich, wo bin ich, was will ich hier?
#
Ich werde taxiert, als ich durch die Tür komme, in diesen Saal mit den Spiegeln an den Wänden und der Discokugel. "Sportlich. Gruppe A", sagt eine Unbekannte, und die anderen lachen.
So komme ich in den Genuß, in den nächsten Wochen Kasatschok und Paso Doble lernen zu dürfen. Und Bauchtanz, aber da gäbe es nicht viel zu lernen, wird mir versichert. Dafür muß ich den Damen nicht beim Umziehen helfen. Als ob das ein Trost wäre!
#
Verlässt man sich, ist man verlassen.
Nein, so darf man das nicht stehenlassen. Ein wenig Furcht, ein wenig Abwälzen unangenehmer Arbeit auf andere, und schon steht man da mit seinem Plan.
Zwei hektische Bewerbungen und gerade einmal einen Tag später habe ich eine Einladung. Damit gerate ich zwar in verwaltungstechnische Mühlen der Universität, aber schulterzuckend muß ich mir eingestehen, daß einen Tod jeder leiden muß.
#
Der Sonnenschein reicht gerade eben so ein Wochenende.
#
Ein Fest ohne Empfang, wie schön. Und wie verzweifelt sie draußen in ihre Telefone stochern, mit spitzen Zeigefingern. Vor einigen Jahren kam der kaputte Kurznachrichtendaumen, und mit den sensitiven Bildschirmen kommt nächstes Jahr der Zeigefinger. Dafür Daumen hoch!
#
Silo walzen, Sandsäcke schleppen.
#
Pflügen.
#
Woran ich scheitere: Eine Einladung zur Arbeit ist eine Einladung zur Arbeit.
#
Wohnungsende. Einsam stehen sie herum, meine Töpfe. Ich lasse viel zurück, ich brauche kaum etwas davon. Nur meinen alten Wecker, den nehme ich noch mit.
#
Jeden Tag verschieben sich die Anzeigen ein wenig. Ich sehe ihnen zu, wie sie den Sonnenuntergang anzeigen. Halb neun, und plötzlich ist es um fünf wieder duster.
#
Vom Bau reden, von Flächen und Pachtpreisen. Absichtsloses Daherreden, und so sollte man viel mehr Menschen kennenlernen.
#
In einer kleinen Pause bekomme ich eine neue Frontscheibe, und meine Augen können sich erholen.
#
Was ich nicht brauchen kann: Telefondramen. Also suche ich sonntagmorgens um sechs verzweifelt nach dem Brief, in dem die neue Geheimzahl steht.
#
Und jetzt ein Eis.
#
Ich werde am Montag nicht Güllefahren, sage ich bestimmt. Ich will nicht riechen.
Und weil man das so gar nicht kennt von mir, lacht er laut.
#
Wie hilflos sie mich ansieht. Ich sehe ihr das Nachdenken an, ich kann unser Gespräch drei, vier Schritte im Voraus erahnen.
#
Ich vergleiche die Grundfläche von Carport und Wohnhaus.
#
Sonntagmorgendliches Ballenstapeln. Dazu ausdauerndes Fluchen, als mir ein vorstehender Nagel aus einer Palette in den Finger gerät.
#
Traditionelles Säen. Gleichmäßiger, runder Wurf, nur habe ich einen Eimer statt der umgehängten Sackschlaufe.
#
Ich werde taxiert, als ich durch die Tür komme, in diesen Saal mit den Spiegeln an den Wänden und der Discokugel. "Sportlich. Gruppe A", sagt eine Unbekannte, und die anderen lachen.
So komme ich in den Genuß, in den nächsten Wochen Kasatschok und Paso Doble lernen zu dürfen. Und Bauchtanz, aber da gäbe es nicht viel zu lernen, wird mir versichert. Dafür muß ich den Damen nicht beim Umziehen helfen. Als ob das ein Trost wäre!
#
Verlässt man sich, ist man verlassen.
Nein, so darf man das nicht stehenlassen. Ein wenig Furcht, ein wenig Abwälzen unangenehmer Arbeit auf andere, und schon steht man da mit seinem Plan.
Zwei hektische Bewerbungen und gerade einmal einen Tag später habe ich eine Einladung. Damit gerate ich zwar in verwaltungstechnische Mühlen der Universität, aber schulterzuckend muß ich mir eingestehen, daß einen Tod jeder leiden muß.
#
Der Sonnenschein reicht gerade eben so ein Wochenende.
#
Ein Fest ohne Empfang, wie schön. Und wie verzweifelt sie draußen in ihre Telefone stochern, mit spitzen Zeigefingern. Vor einigen Jahren kam der kaputte Kurznachrichtendaumen, und mit den sensitiven Bildschirmen kommt nächstes Jahr der Zeigefinger. Dafür Daumen hoch!
#
Silo walzen, Sandsäcke schleppen.
#
Pflügen.
#
Woran ich scheitere: Eine Einladung zur Arbeit ist eine Einladung zur Arbeit.
#
Wohnungsende. Einsam stehen sie herum, meine Töpfe. Ich lasse viel zurück, ich brauche kaum etwas davon. Nur meinen alten Wecker, den nehme ich noch mit.
#
Jeden Tag verschieben sich die Anzeigen ein wenig. Ich sehe ihnen zu, wie sie den Sonnenuntergang anzeigen. Halb neun, und plötzlich ist es um fünf wieder duster.
#
Vom Bau reden, von Flächen und Pachtpreisen. Absichtsloses Daherreden, und so sollte man viel mehr Menschen kennenlernen.
#
In einer kleinen Pause bekomme ich eine neue Frontscheibe, und meine Augen können sich erholen.
#
Was ich nicht brauchen kann: Telefondramen. Also suche ich sonntagmorgens um sechs verzweifelt nach dem Brief, in dem die neue Geheimzahl steht.
#
Und jetzt ein Eis.
#
Ich werde am Montag nicht Güllefahren, sage ich bestimmt. Ich will nicht riechen.
Und weil man das so gar nicht kennt von mir, lacht er laut.
#
Wie hilflos sie mich ansieht. Ich sehe ihr das Nachdenken an, ich kann unser Gespräch drei, vier Schritte im Voraus erahnen.
#
Ich vergleiche die Grundfläche von Carport und Wohnhaus.
#
Sonntagmorgendliches Ballenstapeln. Dazu ausdauerndes Fluchen, als mir ein vorstehender Nagel aus einer Palette in den Finger gerät.
#
Traditionelles Säen. Gleichmäßiger, runder Wurf, nur habe ich einen Eimer statt der umgehängten Sackschlaufe.
07.08.10, 12:10 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Eine kleine Geschichte der Schuld wollte ich schreiben. Aber ich schreibe derzeit viel. Ich muß mich zwingen, Seite um Seite, und immer habe ich dabei die Reihen blauer Einbände im Schrank vor Augen, wo sich mein Name einreihen wird.
#
Ein Esel fährt mit dem Mähwerk über einen Gartenschlauch. Ein anderer Esel hat ihn in die Wiese geworfen. Ausgeliehen ist er noch dazu, und der Besitzer stand grüßend am Wiesenrand, als der Schlauch gekappt wurde. Ärgerlich, aber mit Schuld und Verantwortung kennt man sich ja aus im Internet.
#
Ungehöriges Benehmen, netter Versuch oder strafwürdige Belästigung. Sie sind sich so schnell einig, und das erschreckt mich. Ich möchte kein Richter sein.
#
Genug mit der Welt, man kommt ja sonst zu nichts.
#
Ich habe sie nicht mehr alle gesehen, auf diesem Schulhof in der warmen Sommernacht, während vorne inbrünstig Musik gemacht wird. Seltsam, nach all den Jahren, nach Menschen Ausschau zu halten, derer man sich sicher glaubte, zumindest an diesem Abend.
Sie haben es also geschafft, ein noch schlechteres Bier zu finden, sagt jemand hinter mir, und da muß ich dann doch lachen. Ich drehe mich um, und da sind sie. In mir geht die Sonne auf, wenn ich euch sehe.
#
Ein Geburtstag, der nicht stattfindet. Ich komme an, frischgebügelt und noch mit Wasser in den Ohren, und dann sitzen wir da zu zweit, essen Pizza aus Pappschachteln und reden von den Betonteilen, die noch immer nicht eingebaut sind. August, sage ich.
Die beiden Kinder, Wildfang und braves Mädchen, umschmeicheln mich, der ich so selten da bin. Und ich frage mich, wie man da die Aufmerksamkeiten richtig verteilt. Wie man gemalte Bilder mit einem Rad auf dem Wohnzimmertisch vergleichen kann. Nein. Wie man den Vergleich vermeidet. Keine Wertung, sondern Balance. Es geht nur darum, ein Gleichgewicht zu finden. Ermuntern. Besänftigen. Ist ja immer so.
#
Ach je, da wird man demnächst alt, und erwachsen sollte man schon lange sein, und dann fehlt nur so wenig. Ein Zelt, eine Bar, eine Menge bekannter Gesichter. Ein Fremder umarmt mich. Lass mich, sage ich. Er umklammert mich, ein klassischer Schwitzkasten. Herauswinden, denke ich gemächlich, und es klickt in mir. Muskelspiele, ich spüre meinen eigenen Puls. Die Maschinen fahren hoch, irgendwelche Instinkte spülen irgendwelches Zeug in irgendwelche Kanäle. Fuck it. Sachte stelle ich mein Glas auf die Theke. Öffne langsam die geballte Faust. All die Adern auf dem Handrücken, und all die hervortretenden Sehnen! Ich kenne sie gar nicht, ich kann ihnen nicht einzeln sagen, was zu tun ist. Ich habe nur eine Klette an mir hängen, eine Situation im Kopf. Ich habe all das gelernt, und das reißt an mir. Jahre ist das jetzt her, die abendlichen, dunklen Wege zu der hellbeleuchteten, geduckten Halle. Dieser harte Mann, der immer wieder die Flucht predigte und üben ließ.
Mit dem Ausatmen zuschlagen. Mit der Handwurzel, den Arm gespannt. Den Kiefer, nicht den Kehlkopf. Zwei Finger in die Nase. Zudrücken, zugreifen, dort sitzt der Schmerz, ich kann ihn in seinen Augen sehen. Er geht zu Boden, und es dauert, bis er sich wieder aufrappelt. Ich wische mir das Blut an seinem Hemd ab und greife wieder nach meinem Glas.
Bis sie ihn aus dem Zelt geschleift haben, halte ich mich abseits. Es reicht.
Ich muß jetzt sehr schnell trinken.
#
Ich lasse die beiden allein auf der Bierbank sitzen. Als er herübersieht, winke ich ihm zu. Ich sehe dem Freund bei seinem ersten Kuss zu. Wir umklammern uns in der Bar, daß die ersten schon kommen, die dauernd Bereiten, die immer Rettenden, die, die alles angeht und die nichts verstehen. Später bringe ich die beiden ins Auto. Danke, daß Du da bist, sagt er zum Abschied.
#
Freitag, Samstag, Sonntag, Montag, und schon bin ich wieder dort. Mit dem Kopf, dem Herz, und ich muß mich wieder mühsam wachrütteln. Nicht dort bleiben zu können. Dinge zu tun zu haben.
#
Sie, die von der Liebe erzählt hat, fällt jetzt herein. Zu spät, ja. Aber nicht um ein paar Tage. Um Jahre.
#
Es gibt nichts zu feiern. Es gibt nur zu tun. Und so sitze ich bis spät im Büro, und als ich nach hause fahre, tue ich das so langsam wie nie. Und erst, als ich den Wecker stellen will, vermisse ich das Telefon. Habt Dank.
#
Ein Esel fährt mit dem Mähwerk über einen Gartenschlauch. Ein anderer Esel hat ihn in die Wiese geworfen. Ausgeliehen ist er noch dazu, und der Besitzer stand grüßend am Wiesenrand, als der Schlauch gekappt wurde. Ärgerlich, aber mit Schuld und Verantwortung kennt man sich ja aus im Internet.
#
Ungehöriges Benehmen, netter Versuch oder strafwürdige Belästigung. Sie sind sich so schnell einig, und das erschreckt mich. Ich möchte kein Richter sein.
#
Genug mit der Welt, man kommt ja sonst zu nichts.
#
Ich habe sie nicht mehr alle gesehen, auf diesem Schulhof in der warmen Sommernacht, während vorne inbrünstig Musik gemacht wird. Seltsam, nach all den Jahren, nach Menschen Ausschau zu halten, derer man sich sicher glaubte, zumindest an diesem Abend.
Sie haben es also geschafft, ein noch schlechteres Bier zu finden, sagt jemand hinter mir, und da muß ich dann doch lachen. Ich drehe mich um, und da sind sie. In mir geht die Sonne auf, wenn ich euch sehe.
#
Ein Geburtstag, der nicht stattfindet. Ich komme an, frischgebügelt und noch mit Wasser in den Ohren, und dann sitzen wir da zu zweit, essen Pizza aus Pappschachteln und reden von den Betonteilen, die noch immer nicht eingebaut sind. August, sage ich.
Die beiden Kinder, Wildfang und braves Mädchen, umschmeicheln mich, der ich so selten da bin. Und ich frage mich, wie man da die Aufmerksamkeiten richtig verteilt. Wie man gemalte Bilder mit einem Rad auf dem Wohnzimmertisch vergleichen kann. Nein. Wie man den Vergleich vermeidet. Keine Wertung, sondern Balance. Es geht nur darum, ein Gleichgewicht zu finden. Ermuntern. Besänftigen. Ist ja immer so.
#
Ach je, da wird man demnächst alt, und erwachsen sollte man schon lange sein, und dann fehlt nur so wenig. Ein Zelt, eine Bar, eine Menge bekannter Gesichter. Ein Fremder umarmt mich. Lass mich, sage ich. Er umklammert mich, ein klassischer Schwitzkasten. Herauswinden, denke ich gemächlich, und es klickt in mir. Muskelspiele, ich spüre meinen eigenen Puls. Die Maschinen fahren hoch, irgendwelche Instinkte spülen irgendwelches Zeug in irgendwelche Kanäle. Fuck it. Sachte stelle ich mein Glas auf die Theke. Öffne langsam die geballte Faust. All die Adern auf dem Handrücken, und all die hervortretenden Sehnen! Ich kenne sie gar nicht, ich kann ihnen nicht einzeln sagen, was zu tun ist. Ich habe nur eine Klette an mir hängen, eine Situation im Kopf. Ich habe all das gelernt, und das reißt an mir. Jahre ist das jetzt her, die abendlichen, dunklen Wege zu der hellbeleuchteten, geduckten Halle. Dieser harte Mann, der immer wieder die Flucht predigte und üben ließ.
Mit dem Ausatmen zuschlagen. Mit der Handwurzel, den Arm gespannt. Den Kiefer, nicht den Kehlkopf. Zwei Finger in die Nase. Zudrücken, zugreifen, dort sitzt der Schmerz, ich kann ihn in seinen Augen sehen. Er geht zu Boden, und es dauert, bis er sich wieder aufrappelt. Ich wische mir das Blut an seinem Hemd ab und greife wieder nach meinem Glas.
Bis sie ihn aus dem Zelt geschleift haben, halte ich mich abseits. Es reicht.
Ich muß jetzt sehr schnell trinken.
#
Ich lasse die beiden allein auf der Bierbank sitzen. Als er herübersieht, winke ich ihm zu. Ich sehe dem Freund bei seinem ersten Kuss zu. Wir umklammern uns in der Bar, daß die ersten schon kommen, die dauernd Bereiten, die immer Rettenden, die, die alles angeht und die nichts verstehen. Später bringe ich die beiden ins Auto. Danke, daß Du da bist, sagt er zum Abschied.
#
Freitag, Samstag, Sonntag, Montag, und schon bin ich wieder dort. Mit dem Kopf, dem Herz, und ich muß mich wieder mühsam wachrütteln. Nicht dort bleiben zu können. Dinge zu tun zu haben.
#
Sie, die von der Liebe erzählt hat, fällt jetzt herein. Zu spät, ja. Aber nicht um ein paar Tage. Um Jahre.
#
Es gibt nichts zu feiern. Es gibt nur zu tun. Und so sitze ich bis spät im Büro, und als ich nach hause fahre, tue ich das so langsam wie nie. Und erst, als ich den Wecker stellen will, vermisse ich das Telefon. Habt Dank.
19.07.10, 12:17 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Die Zeit drängt, weil die Bearbeitungsfristen nicht ganz klar sind. Wer geht wann in den Urlaub, wie lange dauert so was, und welche Unterschriften brauche ich überhaupt?
#
Ich überlegte eine Weile herum an einem digitalen Bilderrahmen. Die gibt es in allen Größen mit allen Anschlüssen. Als Wetterstation, mit und ohne Videofunktion, und allem möglichen und unmöglichen. Sogar mit Bluetooth-Funk. Und ich? Ich weiß nicht so recht. Brauchen tue ich sowas ja nicht. Platz habe ich auch keinen dafür, weil ich mir keine Kabel an die Wand hänge. Auf dem Schreibtisch für noch mehr Ablenkung, als ich gebrauchen kann. In der Küche, wo ich mich so wenig aufhalte. Und überhaupt müsste ich dann ja Bilder sortieren, falls jemand zu Besuch käme.
Ich weiß jetzt, was manche Menschen den Tag über umtreibt. Solche Gedanken. Mich machen die wahnsinnig, und als ich mich entschieden hatte, war das Sonderangebot ausverkauft und ich glücklich. Ich muß ja nicht, das ist ja das Schöne daran. Und sobald er ausgedient hat, kann ich mir ja den alten Laptop an die Wand nageln als Bilderrahmen. Da gibt es sicher einen Spezialpinguin dafür.
#
Ich brauche, und das ist jetzt mein Ernst, eine Lösung für das Rennrad. Eine kleinste Entfaltung von dreikommavierzwei, das bedeutet, daß ich mich mit jeder Kurbelumdrehung mindestens so viele Meter weit fortbewegen muß. Das nimmt mir die Luft an den Albaufstiegen, und damit den Spaß.
#
Wir feiern den Hundertsten des Großvaters in seinem Garten, unter den Bäumen, die er gepflanzt hat. Mit der Jugend wäre er wohl nicht zufrieden, denke ich, als wir uns mit Flaschen und Gläsern um die Hängematte herum fläzen.
#
Das coolste Kind des Wochenendes ist die kleine Tochter aus Amerika. Sie sagt nicht viel, aber ihre großen, schnellen Augen erzählen alles.
#
Eine Hochzeit in einer alten evangelischen Kirche. Während der Trauung betrachte ich die Restaurierungsarbeiten an den Wänden. Über uns zwei Türme, zwei verschiedene, an dieser Kirche, die zerbombt und wieder aufgebaut wurde, verbunden durch eine filigrane Brücke. Und der Priester erzählt von Ringen, wo er doch in der Mitte des schönsten Symbols sitzt!
#
Der Chor singt "Oh happy day", und ich denke darüber nach, ob ich mit "So a scheaner Dog" den Gedanken aufnehmen soll. Könnte der lethargisch klatschenden Kommune nur gut tun. Schließlich bin ich mit dem Solisten verwandt. Ein eisiger Blick meiner Mutter lässt mich das noch einmal überdenken, und da ist die Chance auch schon vorbei. Aber der Brüller wäre es gewesen, denke ich beim Ausmarsch.
#
Das lange Herumstehen mag ich nicht. Sekt mag ich auch keinen, und für Orangensaft sind die Gläser viel zu klein. Die fleißige junge Bedienung mag ich, und als sie zum dritten Mal mit ihrem Tablett vorbeikommt und mich ermuntert, nehme ich mir eben ein Glas. Halbvoll stehengelassene Gläser habe ich nie verstanden, aber heute werde ich das auch tun.
Immer noch Stehempfang, ich laufe die Tischreihen auf und ab und suche meinen Namen. An jedem Platz ein Namenskärtchen auf Seidenpapier, dazu ein Lutscher in Herzform. Und es muß schon dieses Mädchen, diese wundervolle Braut sein, damit das nicht kitschig ist. Ich sehe mich um, sie lacht in der Menge irgendwo, ragt heraus in ihrem schulterfreien Kleid, und ich wüßte zu gern, ob sie unter der Schleppe hohe Schuhe trägt. Als ich sie umarme, weiß ich es, denn barfuß sind wir beide gleich groß.
#
Ihr Mann ist tapsig und ein wenig unbeholfen, aber zweifellos lieb, sehr lieb. Er wird sie auf Händen tragen, das tut er ja schon zwölf Jahre, und sie wird ihm nachsehen, daß ihr die Hausarbeit bleibt. Die zwei machen mir Hoffnung.
#
Vettern um mich, mit ihren Damen. Wie schön. Schöne Damen. Eine Ärztin, eine Lehrerin, eine - äh - Musikpädagogin. Wir reden von Marathon, Maschinenbau, von Freizeiten und von Häusern, die noch zu bauen sind.
#
Ich esse ein ganzes Känguruh. Mein Magen hüpft. Ich esse zwei große Stücke von der Eisbombe dagegen. Und ein Stück Torte.
#
Ich glaube, daß man in meinem Alter die schönsten Hochzeiten feiern kann. Sich am besten amüsieren. Ich bin zu alt, um das schnulzig zu finden, und zu jung, um Tränen in den Augen zu haben.
#
Die Band spielt den Hochzeitswalzer. "Norwegian Wood" von den Beatles. Ich weiß nicht so genau, wie ich das finden soll.
#
Eine meiner Geschichten soll ich erzählen. Ich entscheide mich für Hemingway und sage:
"For sale: Baby shoes, never worn."
Sie erwarten eine Pointe, doch die gibt es nur für mich in ihren Gesichtern, und daß man so etwas Großes nicht verstehen kann!
#
Spät stehe ich draußen an der Bar. Durch die großen, offenen Türen sehe ich auf die Tanzfläche, wo sich alles in dem Tanz bewegt, der in keiner Schule gelehrt wird und der mir so gefällt. Ich sehe in den Saal, wo sich Gruppen an den Tischen zusammendrängen, nach vorn gebeugt, redend und gestikulierend.
Ich sehe durch die großen Scheiben nach draußen. Es ist dunkel, ich spiegle mich darin. Ein schlanker junger Mann in gut sitzenden, schwarzen Hosen mit scharfer Falte lehnt da an der Theke. Er trägt ein leuchtendweißes Hemd, in einer Hand hält er ein Glas. Er sieht glücklich aus, ich mag ihn. Ob ich ihn wiedersehen werde, auf der nächsten Hochzeit?
#
An jedem Tisch eine riesige Kamera. Mein kleiner, verschämter Fotoapparat liegt auf einem Tisch, und morgen werde ich feststellen, daß er für das Halbdunkel und die großen Entfernungen nicht taugt. Kein schönes Bild von der Braut.
#
Für den Moment ist es in Ordnung. Ich muß das festhalten, weil ich nicht weiß, ob ich mich in zehn Jahren dafür schütteln möchte. Wahrscheinlich. Ist ja immer so.
#
Ein Telefongespräch bringt mich schon ins Wanken. Ja, sage ich, stell den Hänger bei mir auf den Parkplatz. Nein, ich komme nicht mehr. Ich will das nicht sehen.
#
Das Hochzeitsbuch erreicht mich. Ich schreibe, was ich immer schreibe, denke ich. Dann halte ich inne, den Stift über dem Papier. Ein silberner Tropfen sammelt sich an der Mine. Ich wische ihn am Tischtuch ab und denke nach.
"Weißt Du, was Du mir bedeutest -
auf einem Platz in meinem Herz
steht Dein Name an der Wand,
und ich will, daß Du das erfährst.
Ich werde immer an Dich glauben -
egal, was auch passiert.
Manche singen von Liebe, ich sang die ganze Zeit von Dir."
Grüße.
#
Ich bin offensichtlich ein ganz armer Tropf, wie ich da so sitze und betrachte, und man muß mich retten.
"Tanz doch", sagt sie. "Du mußt Dich doch freuen."
Ich lächle ihr zu, denn falscher kann man ja nicht liegen. Ich lehne mich zurück und spüre das blaue Mal im Rücken, das kleine Andenken daran, daß es mich letztens von der Bar geschlagen hat, als ich in einer Getränkepfütze ausgerutscht bin, das Hemd über dem Kopf schwenkend, die Faust geballt, "You shook me all night long" brüllend. Zeltfeste sind wunderbar, denn man fällt von der Theke ins Gras, denke ich, und ich vermisse übrigens noch mein Unterhemd.
Sie sitzt immer noch da, sie wartet. Ich lächle ihr zu. Ja, ich muß mich freuen. Ja, ich muß tanzen. Ich stimme ihr zu, wie man Lehrern zustimmt, und irgendwann lässt sie mich auch wieder sinnieren.
#
Spät in der Nacht komme ich noch auf das Fest. Wo kommst Du her, im Anzug, fragen sie, und nebenan tropft einer aus Nase und Mund.
Weil hier alle Verrückten sind, sage ich. Und so trinken wir, rufen "Alder" und "Jonger", weil wir so gar nicht Hip Hop sind. Krempeln die Hosenbeine hoch und fragen, was wir denn noch so tun müßten, um auch nur halb so cool zu sein.
Zwischendurch einer der Mädchentänze, und man kann dabei sehr schön zusehen. Ich sehe zu, wie sie das machen, auf engem Raum, ohne an den Ofen zu stoßen, In der Mitte ein kurzgeschorener Kopf, ein Grinsen, und vor Lachen schüttelt es mich, daß ich mich festhalten muß.
#
Jetzt schere ich meinen Schädel schon mehr als zehn Jahre, und es kommt trotzdem jeden Tag einer, der fragt.
#
Am Rand der Hochzeit rede ich ein wenig Englisch und bin selbst von mir erstaunt. Was er nicht versteht, sind die Worte, die man im Deutschen für Englisch hält, und diese Ironie muß man nicht besonders suchen.
#
Jetzt wieder auf Alufelgen. Und seufzend die Bremssättel wieder gängig gemacht. Er hat schon seine Macken, der Beemes.
#
Bauerngeburtstag. Vor uns sammeln sich die Flaschen, und der lauteste Tisch sind wir sowieso. Das hübsche Patenkind, die Oma, wir Helfer, welch wundervolle Kombination. In solchen Nächten friere ich ja nicht, und nach hause fahre ich einen wundervollen Wiegetritt, laut singend mitten auf der Straße durchs Dorf.
#
Freitag nacht, sage ich. Haltet alles bereit.
#
Wenn man mal drüber nachdenkt, war das Wochenende in Ordnung.
#
Wie seltsam man sich verschätzt. Man schätzt jemanden. Und schätzt, wie ihn andere schätzen. Man justiert. Und erfährt, nach allem, daß die Schätzungen gar nicht so weit auseinanderliegen. Ich gebe mir noch einen winzigen Punkt für Menschenkenntnis, bevor ich ins Bett falle.
#
Ich überlegte eine Weile herum an einem digitalen Bilderrahmen. Die gibt es in allen Größen mit allen Anschlüssen. Als Wetterstation, mit und ohne Videofunktion, und allem möglichen und unmöglichen. Sogar mit Bluetooth-Funk. Und ich? Ich weiß nicht so recht. Brauchen tue ich sowas ja nicht. Platz habe ich auch keinen dafür, weil ich mir keine Kabel an die Wand hänge. Auf dem Schreibtisch für noch mehr Ablenkung, als ich gebrauchen kann. In der Küche, wo ich mich so wenig aufhalte. Und überhaupt müsste ich dann ja Bilder sortieren, falls jemand zu Besuch käme.
Ich weiß jetzt, was manche Menschen den Tag über umtreibt. Solche Gedanken. Mich machen die wahnsinnig, und als ich mich entschieden hatte, war das Sonderangebot ausverkauft und ich glücklich. Ich muß ja nicht, das ist ja das Schöne daran. Und sobald er ausgedient hat, kann ich mir ja den alten Laptop an die Wand nageln als Bilderrahmen. Da gibt es sicher einen Spezialpinguin dafür.
#
Ich brauche, und das ist jetzt mein Ernst, eine Lösung für das Rennrad. Eine kleinste Entfaltung von dreikommavierzwei, das bedeutet, daß ich mich mit jeder Kurbelumdrehung mindestens so viele Meter weit fortbewegen muß. Das nimmt mir die Luft an den Albaufstiegen, und damit den Spaß.
#
Wir feiern den Hundertsten des Großvaters in seinem Garten, unter den Bäumen, die er gepflanzt hat. Mit der Jugend wäre er wohl nicht zufrieden, denke ich, als wir uns mit Flaschen und Gläsern um die Hängematte herum fläzen.
#
Das coolste Kind des Wochenendes ist die kleine Tochter aus Amerika. Sie sagt nicht viel, aber ihre großen, schnellen Augen erzählen alles.
#
Eine Hochzeit in einer alten evangelischen Kirche. Während der Trauung betrachte ich die Restaurierungsarbeiten an den Wänden. Über uns zwei Türme, zwei verschiedene, an dieser Kirche, die zerbombt und wieder aufgebaut wurde, verbunden durch eine filigrane Brücke. Und der Priester erzählt von Ringen, wo er doch in der Mitte des schönsten Symbols sitzt!
#
Der Chor singt "Oh happy day", und ich denke darüber nach, ob ich mit "So a scheaner Dog" den Gedanken aufnehmen soll. Könnte der lethargisch klatschenden Kommune nur gut tun. Schließlich bin ich mit dem Solisten verwandt. Ein eisiger Blick meiner Mutter lässt mich das noch einmal überdenken, und da ist die Chance auch schon vorbei. Aber der Brüller wäre es gewesen, denke ich beim Ausmarsch.
#
Das lange Herumstehen mag ich nicht. Sekt mag ich auch keinen, und für Orangensaft sind die Gläser viel zu klein. Die fleißige junge Bedienung mag ich, und als sie zum dritten Mal mit ihrem Tablett vorbeikommt und mich ermuntert, nehme ich mir eben ein Glas. Halbvoll stehengelassene Gläser habe ich nie verstanden, aber heute werde ich das auch tun.
Immer noch Stehempfang, ich laufe die Tischreihen auf und ab und suche meinen Namen. An jedem Platz ein Namenskärtchen auf Seidenpapier, dazu ein Lutscher in Herzform. Und es muß schon dieses Mädchen, diese wundervolle Braut sein, damit das nicht kitschig ist. Ich sehe mich um, sie lacht in der Menge irgendwo, ragt heraus in ihrem schulterfreien Kleid, und ich wüßte zu gern, ob sie unter der Schleppe hohe Schuhe trägt. Als ich sie umarme, weiß ich es, denn barfuß sind wir beide gleich groß.
#
Ihr Mann ist tapsig und ein wenig unbeholfen, aber zweifellos lieb, sehr lieb. Er wird sie auf Händen tragen, das tut er ja schon zwölf Jahre, und sie wird ihm nachsehen, daß ihr die Hausarbeit bleibt. Die zwei machen mir Hoffnung.
#
Vettern um mich, mit ihren Damen. Wie schön. Schöne Damen. Eine Ärztin, eine Lehrerin, eine - äh - Musikpädagogin. Wir reden von Marathon, Maschinenbau, von Freizeiten und von Häusern, die noch zu bauen sind.
#
Ich esse ein ganzes Känguruh. Mein Magen hüpft. Ich esse zwei große Stücke von der Eisbombe dagegen. Und ein Stück Torte.
#
Ich glaube, daß man in meinem Alter die schönsten Hochzeiten feiern kann. Sich am besten amüsieren. Ich bin zu alt, um das schnulzig zu finden, und zu jung, um Tränen in den Augen zu haben.
#
Die Band spielt den Hochzeitswalzer. "Norwegian Wood" von den Beatles. Ich weiß nicht so genau, wie ich das finden soll.
And when I awokeMein Hochzeitswalzer muß von den Stones kommen, beschließe ich. Ein Medley aus "Street-fighting man", "Gimme shelter", "Satisfaction", all das. Zu "The last time" werde ich den Brautjungfern unter die Röcke fassen und "Let's spend the night together" ins Publikum rufen, zum "Beast of burden" mein Jackett und Hemd zerreißen, den "19th nervous breakdown" nachstellen, die Schwiegereltern mit "Have you seen your mother, baby" begrüßen und mit "Get off of my cloud" die alten Gespenster vertreiben. "You got me rocking", "Love is strong", "Fool to cry", und damit wäre unsere Geschichte schon erzählt. "She's a rainbow" werde ich inbrünstig singen, und "Don't stop" und "It's only rock and roll", und sie mit "It's all over now" zum Teufel jagen. Ich grinse mir eins, und da ist "Norwegian wood" auch schon vorbei. Tut gar nicht weh.
I was alone,
This bird has flown,
So I lit a fire,
Isn’t it good?
Norwegian wood.
#
Eine meiner Geschichten soll ich erzählen. Ich entscheide mich für Hemingway und sage:
"For sale: Baby shoes, never worn."
Sie erwarten eine Pointe, doch die gibt es nur für mich in ihren Gesichtern, und daß man so etwas Großes nicht verstehen kann!
#
Spät stehe ich draußen an der Bar. Durch die großen, offenen Türen sehe ich auf die Tanzfläche, wo sich alles in dem Tanz bewegt, der in keiner Schule gelehrt wird und der mir so gefällt. Ich sehe in den Saal, wo sich Gruppen an den Tischen zusammendrängen, nach vorn gebeugt, redend und gestikulierend.
Ich sehe durch die großen Scheiben nach draußen. Es ist dunkel, ich spiegle mich darin. Ein schlanker junger Mann in gut sitzenden, schwarzen Hosen mit scharfer Falte lehnt da an der Theke. Er trägt ein leuchtendweißes Hemd, in einer Hand hält er ein Glas. Er sieht glücklich aus, ich mag ihn. Ob ich ihn wiedersehen werde, auf der nächsten Hochzeit?
#
An jedem Tisch eine riesige Kamera. Mein kleiner, verschämter Fotoapparat liegt auf einem Tisch, und morgen werde ich feststellen, daß er für das Halbdunkel und die großen Entfernungen nicht taugt. Kein schönes Bild von der Braut.
#
Für den Moment ist es in Ordnung. Ich muß das festhalten, weil ich nicht weiß, ob ich mich in zehn Jahren dafür schütteln möchte. Wahrscheinlich. Ist ja immer so.
#
Ein Telefongespräch bringt mich schon ins Wanken. Ja, sage ich, stell den Hänger bei mir auf den Parkplatz. Nein, ich komme nicht mehr. Ich will das nicht sehen.
#
Das Hochzeitsbuch erreicht mich. Ich schreibe, was ich immer schreibe, denke ich. Dann halte ich inne, den Stift über dem Papier. Ein silberner Tropfen sammelt sich an der Mine. Ich wische ihn am Tischtuch ab und denke nach.
"Weißt Du, was Du mir bedeutest -
auf einem Platz in meinem Herz
steht Dein Name an der Wand,
und ich will, daß Du das erfährst.
Ich werde immer an Dich glauben -
egal, was auch passiert.
Manche singen von Liebe, ich sang die ganze Zeit von Dir."
Grüße.
#
Ich bin offensichtlich ein ganz armer Tropf, wie ich da so sitze und betrachte, und man muß mich retten.
"Tanz doch", sagt sie. "Du mußt Dich doch freuen."
Ich lächle ihr zu, denn falscher kann man ja nicht liegen. Ich lehne mich zurück und spüre das blaue Mal im Rücken, das kleine Andenken daran, daß es mich letztens von der Bar geschlagen hat, als ich in einer Getränkepfütze ausgerutscht bin, das Hemd über dem Kopf schwenkend, die Faust geballt, "You shook me all night long" brüllend. Zeltfeste sind wunderbar, denn man fällt von der Theke ins Gras, denke ich, und ich vermisse übrigens noch mein Unterhemd.
Sie sitzt immer noch da, sie wartet. Ich lächle ihr zu. Ja, ich muß mich freuen. Ja, ich muß tanzen. Ich stimme ihr zu, wie man Lehrern zustimmt, und irgendwann lässt sie mich auch wieder sinnieren.
#
Spät in der Nacht komme ich noch auf das Fest. Wo kommst Du her, im Anzug, fragen sie, und nebenan tropft einer aus Nase und Mund.
Weil hier alle Verrückten sind, sage ich. Und so trinken wir, rufen "Alder" und "Jonger", weil wir so gar nicht Hip Hop sind. Krempeln die Hosenbeine hoch und fragen, was wir denn noch so tun müßten, um auch nur halb so cool zu sein.
Zwischendurch einer der Mädchentänze, und man kann dabei sehr schön zusehen. Ich sehe zu, wie sie das machen, auf engem Raum, ohne an den Ofen zu stoßen, In der Mitte ein kurzgeschorener Kopf, ein Grinsen, und vor Lachen schüttelt es mich, daß ich mich festhalten muß.
#
Jetzt schere ich meinen Schädel schon mehr als zehn Jahre, und es kommt trotzdem jeden Tag einer, der fragt.
#
Am Rand der Hochzeit rede ich ein wenig Englisch und bin selbst von mir erstaunt. Was er nicht versteht, sind die Worte, die man im Deutschen für Englisch hält, und diese Ironie muß man nicht besonders suchen.
#
Jetzt wieder auf Alufelgen. Und seufzend die Bremssättel wieder gängig gemacht. Er hat schon seine Macken, der Beemes.
#
Bauerngeburtstag. Vor uns sammeln sich die Flaschen, und der lauteste Tisch sind wir sowieso. Das hübsche Patenkind, die Oma, wir Helfer, welch wundervolle Kombination. In solchen Nächten friere ich ja nicht, und nach hause fahre ich einen wundervollen Wiegetritt, laut singend mitten auf der Straße durchs Dorf.
#
Freitag nacht, sage ich. Haltet alles bereit.
#
Wenn man mal drüber nachdenkt, war das Wochenende in Ordnung.
#
Wie seltsam man sich verschätzt. Man schätzt jemanden. Und schätzt, wie ihn andere schätzen. Man justiert. Und erfährt, nach allem, daß die Schätzungen gar nicht so weit auseinanderliegen. Ich gebe mir noch einen winzigen Punkt für Menschenkenntnis, bevor ich ins Bett falle.
23.06.10, 11:47 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Lebewohl.
#
Mist.
#
"If this heart is really yours, then you should decide who is to take and break it, don't you think?"
#
Ich sitze da und schreibe, oder glaube es zumindest. Immer wieder gammle ich fahrig herum, und plötzlich erwische ich mich dabei, etwas nicht zu wissen. Ich weiß aber, daß ich es wissen könnte. Und so sitze ich dann da und kritzle Formeln auf Papier, und da kommt auch schon der Freund und setzt sich zu mir, und "Adiabat!" sage ich, und "Kappa!" sagt er, und das sieht dann alles so aus:

Soll heißen: Sollten Sie je den Dämpfer Ihrer Federgabel am Fahrrad mit einem anderen Gas füllen wollen, wird diese ein wenig anders reagieren, je nach Isentropenexponent des Gases. Steigen Sie nur von trockener Luft auf Kohlenstoffdioxid um, so - aber wen interessiert das außer den beiden dort im summenden Rechnerraum, vergnügt über ein Blatt Papier gebeugt.
#
Es regnet in Strömen, als wir losfahren, und verwundert wache ich irgendwann auf. Es muß irgendwas sein, das mich neuerdings schlafen lässt, wenn jemand anders fährt.
Dösend höre ich dem Gespräch hinter mir zu und lasse die Augen geschlossen. Ich will nichts sagen, nur zuhören. Sie reden von Großeltern und Sammelleidenschaften, von Erlebnissen und Telefontarifen, von Frauen und Professoren. Das Gespräch wandert, aber es bleibt nie stehen. Das ist Small-talk, denke ich da, das ist also das, was man so macht.
#
Da ist einer, der seinen Geburtstag feiert, in einer Ecke dieses riesigen Zeltes. Einer, der tatsächlich ein Gastgeber ist, der nach allem schaut und alles besorgt. Einer, der einen sich tatsächlich eingeladen, willkommen fühlen lässt. Mir ist wohl und ich bin müde, und so kann ich ins Bett fallen, denke ich blinzelnd.
#
Meine Furcht.
#
Der Samstag verschwindet. Ich schreibe und drucke und hefte ab. Klassischer Beamtendreikampf, denke ich. Mittendrin schrecke ich auf - Fehlt mir etwas? Ich sehe aus dem Fenster in das trübe, nasskalte Wetter. Alles. Nichts.
#
Ich werde zum Essen genötigt, wieder und wieder. Erstmals die Hoffnung, es möge allen schmecken, was ich gebacken habe, und das fühlt sich sehr hausmännlich an, auch wenn es das Wort gar nicht gibt.
#
Wir verkaufen Bier an die wenigen Gäste. Die Band ist großartig, und die nächste noch großartiger. Es ist kalt, und es ist eben nicht mehr umsonst, und überhaupt habe ich auch keine Ahnung, warum diese Feste nicht mehr funktionieren. Die großen Festivals platzen aus allen Nähten, und die kleinen, die nahen, die sterben ausnahmslos.
#
Ich trage das alte Hemd mit der Sau in Gold, das neue mit der Sau in weiß, und als ich das zeigen soll, da stehe ich plötzlich irgendwie mit entblößtem Oberkörper vor dem Bürgermeister, aber das macht nichts, man kennt sich ja.
#
Ich kaufe eine CD bei der Band, und dazu unterschreiben sie alle darauf. Die Drogen. "Die besseren Ärzte", sage ich zu einem, und er schaut mich an. Über Musik können wir beide nicht streiten, also trinken wir noch eins und schunkeln ein wenig.
#
Die Steaks sind wunderbar, und mit Schalotten und Ketchup im Milchwecken, eines in jeder Hand mache ich mich beschwingt zu Fuß auf den Heimweg. Die letzte Band spielt Klassiker als Südstaatenrock, und sie begleiten mich bis nach hause.
Es war wohl das letzte dieser Feste.
#
Der riesige Lautsprecher kratzt, die Spule riecht verbrannt. "Hast Du immerhin einen Werkstattmagneten", sage ich, das Cuttermesser noch in der Hand, und werfe ihm die Leiche zu. Grinsend erzählt er von der Nacht, von den Wirrungen, und er streckt lachend die Zunge heraus, als er vom Morgen erzählt.
#
Ein Regal, ein großes. Ich habe die Kisten so satt, in denen sich die Bücher verstecken.
#
Ich sehe mir ein Auto an. Einhundertdreißig Dieselpferde, dafür nur eine gelbe Plakette. Ein Kombi in silber, das unscheinbarste aller Autos. Ein Volkswagen, und dann denke ich wehmütig an den Beemes und daran, daß ich so alt nun auch wieder nicht bin. Dann lieber MX-5 und das Rad zu hause lassen.
#
Bis spät in die Nacht hält mich ein Buch wach, und ich lasse das einfach zu. Selten genug, daß ich noch lese und nicht mehr loslassen kann. Selten genug, daß ich die Augen zusammenkneife, um weiterlesen zu können. Selten genug, daß ich so viele Seiten schaffe. Als das Buch bricht, lege ich es zur Seite, ich möchte heute nacht nichts vom Tod lesen.
#

Glück ist, wenn an dem einen Tag, den Du auf dem Dach verbringst, die Sonne scheint. Und so schraube ich unermüdlich, kniend, sitzend, gebückt, je nach dem, was mir am wenigsten weh tut, auf dem Blechdach in der Sonne, vom kühlen Wind umschmeichelt, denn so richtig Sommer ist es noch nicht.
Nebenbei erzählt die Bäurin vom Kaiserschnitt, und nebenan mäht einer, und ich lache mit den anderen Schraubern und denke an die erste Anlage, die ich montiert habe, vor zehn Jahren. Es war eine Chance, denke ich heute, wenn ich mir diesen Chef so ansehe, es war eine Chance für jemanden, der sich gern bewegt. Zum ersten Mal der Gedanke, ich könnte an jemandes Stelle sein. Zum ersten Mal der Gedanke, daß es schon recht so ist.
Abends steige ich hinunter und aufs Rad, und es scheint noch immer die Sonne, es ist noch immer Glück. Meines.
#
Ich komme nicht recht voran zwischen drei Dutzend Dokumenten und Hilfeseiten und meinem eigenen Text. Es ist der Platz, kommt es mir irgendwann, und zehn Minuten später habe ich einen zweiten Bildschirm und das Klackern der Tastatur im Ohr.
#
Heute kommt, nach Wochen! die Radfreizeit in der Tageszeitung. Ich bin nicht auf dem großen Bild, ich war wohl am Strand, wo ich hingehöre. Da fehlen noch ein paar, die wohl dabei waren. Andere recken die Arme in die Luft, spreizen Zeige- und Ringfinger, sie lachen laut heraus. Ich erkenne die Kinder wieder, ich finde Namen im Gedächtnis, und Bilder, und plötzlich habe ich Heimweh nach dem Bodensee. Nach den Zelten, den Rädern, nach dem Steg. Und wenn ich vom nächsten Jahr auch noch nichts weiß, das hier weiß ich sicher.
#
Jetzt: Mähen.
#
Mist.
#
"If this heart is really yours, then you should decide who is to take and break it, don't you think?"
#
Ich sitze da und schreibe, oder glaube es zumindest. Immer wieder gammle ich fahrig herum, und plötzlich erwische ich mich dabei, etwas nicht zu wissen. Ich weiß aber, daß ich es wissen könnte. Und so sitze ich dann da und kritzle Formeln auf Papier, und da kommt auch schon der Freund und setzt sich zu mir, und "Adiabat!" sage ich, und "Kappa!" sagt er, und das sieht dann alles so aus:

Soll heißen: Sollten Sie je den Dämpfer Ihrer Federgabel am Fahrrad mit einem anderen Gas füllen wollen, wird diese ein wenig anders reagieren, je nach Isentropenexponent des Gases. Steigen Sie nur von trockener Luft auf Kohlenstoffdioxid um, so - aber wen interessiert das außer den beiden dort im summenden Rechnerraum, vergnügt über ein Blatt Papier gebeugt.
#
Es regnet in Strömen, als wir losfahren, und verwundert wache ich irgendwann auf. Es muß irgendwas sein, das mich neuerdings schlafen lässt, wenn jemand anders fährt.
Dösend höre ich dem Gespräch hinter mir zu und lasse die Augen geschlossen. Ich will nichts sagen, nur zuhören. Sie reden von Großeltern und Sammelleidenschaften, von Erlebnissen und Telefontarifen, von Frauen und Professoren. Das Gespräch wandert, aber es bleibt nie stehen. Das ist Small-talk, denke ich da, das ist also das, was man so macht.
#
Da ist einer, der seinen Geburtstag feiert, in einer Ecke dieses riesigen Zeltes. Einer, der tatsächlich ein Gastgeber ist, der nach allem schaut und alles besorgt. Einer, der einen sich tatsächlich eingeladen, willkommen fühlen lässt. Mir ist wohl und ich bin müde, und so kann ich ins Bett fallen, denke ich blinzelnd.
#
Meine Furcht.
#
Der Samstag verschwindet. Ich schreibe und drucke und hefte ab. Klassischer Beamtendreikampf, denke ich. Mittendrin schrecke ich auf - Fehlt mir etwas? Ich sehe aus dem Fenster in das trübe, nasskalte Wetter. Alles. Nichts.
#
Ich werde zum Essen genötigt, wieder und wieder. Erstmals die Hoffnung, es möge allen schmecken, was ich gebacken habe, und das fühlt sich sehr hausmännlich an, auch wenn es das Wort gar nicht gibt.
#
Wir verkaufen Bier an die wenigen Gäste. Die Band ist großartig, und die nächste noch großartiger. Es ist kalt, und es ist eben nicht mehr umsonst, und überhaupt habe ich auch keine Ahnung, warum diese Feste nicht mehr funktionieren. Die großen Festivals platzen aus allen Nähten, und die kleinen, die nahen, die sterben ausnahmslos.
#
Ich trage das alte Hemd mit der Sau in Gold, das neue mit der Sau in weiß, und als ich das zeigen soll, da stehe ich plötzlich irgendwie mit entblößtem Oberkörper vor dem Bürgermeister, aber das macht nichts, man kennt sich ja.
#
Ich kaufe eine CD bei der Band, und dazu unterschreiben sie alle darauf. Die Drogen. "Die besseren Ärzte", sage ich zu einem, und er schaut mich an. Über Musik können wir beide nicht streiten, also trinken wir noch eins und schunkeln ein wenig.
#
"Ich möchte es in den Wolken lesen#
wenn es wieder in Strömen gießt"
Die Steaks sind wunderbar, und mit Schalotten und Ketchup im Milchwecken, eines in jeder Hand mache ich mich beschwingt zu Fuß auf den Heimweg. Die letzte Band spielt Klassiker als Südstaatenrock, und sie begleiten mich bis nach hause.
Es war wohl das letzte dieser Feste.
#
Der riesige Lautsprecher kratzt, die Spule riecht verbrannt. "Hast Du immerhin einen Werkstattmagneten", sage ich, das Cuttermesser noch in der Hand, und werfe ihm die Leiche zu. Grinsend erzählt er von der Nacht, von den Wirrungen, und er streckt lachend die Zunge heraus, als er vom Morgen erzählt.
#
Ein Regal, ein großes. Ich habe die Kisten so satt, in denen sich die Bücher verstecken.
#
Ich sehe mir ein Auto an. Einhundertdreißig Dieselpferde, dafür nur eine gelbe Plakette. Ein Kombi in silber, das unscheinbarste aller Autos. Ein Volkswagen, und dann denke ich wehmütig an den Beemes und daran, daß ich so alt nun auch wieder nicht bin. Dann lieber MX-5 und das Rad zu hause lassen.
#
Bis spät in die Nacht hält mich ein Buch wach, und ich lasse das einfach zu. Selten genug, daß ich noch lese und nicht mehr loslassen kann. Selten genug, daß ich die Augen zusammenkneife, um weiterlesen zu können. Selten genug, daß ich so viele Seiten schaffe. Als das Buch bricht, lege ich es zur Seite, ich möchte heute nacht nichts vom Tod lesen.
#

Glück ist, wenn an dem einen Tag, den Du auf dem Dach verbringst, die Sonne scheint. Und so schraube ich unermüdlich, kniend, sitzend, gebückt, je nach dem, was mir am wenigsten weh tut, auf dem Blechdach in der Sonne, vom kühlen Wind umschmeichelt, denn so richtig Sommer ist es noch nicht.
Nebenbei erzählt die Bäurin vom Kaiserschnitt, und nebenan mäht einer, und ich lache mit den anderen Schraubern und denke an die erste Anlage, die ich montiert habe, vor zehn Jahren. Es war eine Chance, denke ich heute, wenn ich mir diesen Chef so ansehe, es war eine Chance für jemanden, der sich gern bewegt. Zum ersten Mal der Gedanke, ich könnte an jemandes Stelle sein. Zum ersten Mal der Gedanke, daß es schon recht so ist.
Abends steige ich hinunter und aufs Rad, und es scheint noch immer die Sonne, es ist noch immer Glück. Meines.
#
Ich komme nicht recht voran zwischen drei Dutzend Dokumenten und Hilfeseiten und meinem eigenen Text. Es ist der Platz, kommt es mir irgendwann, und zehn Minuten später habe ich einen zweiten Bildschirm und das Klackern der Tastatur im Ohr.
#
Heute kommt, nach Wochen! die Radfreizeit in der Tageszeitung. Ich bin nicht auf dem großen Bild, ich war wohl am Strand, wo ich hingehöre. Da fehlen noch ein paar, die wohl dabei waren. Andere recken die Arme in die Luft, spreizen Zeige- und Ringfinger, sie lachen laut heraus. Ich erkenne die Kinder wieder, ich finde Namen im Gedächtnis, und Bilder, und plötzlich habe ich Heimweh nach dem Bodensee. Nach den Zelten, den Rädern, nach dem Steg. Und wenn ich vom nächsten Jahr auch noch nichts weiß, das hier weiß ich sicher.
#
Jetzt: Mähen.
15.06.10, 10:58 | 'Der Vollstaendigkeit halber'
Ich habe die Zeit verloren. Irgendwo in dieser letzten Woche muß sie sein, aber den Teufel werde ich tun und sie suchen gehen. Ich mag das so, dieses Zeitlose. Ich weiß das Datum, weil ich das ständig auf die Rapportzettel kritzle, und ich weiß die Uhrzeit, weil sie in irgendeinem der drei Dutzend Displays angezeigt wird und ich immer wieder überschlage, eine Stunde noch hier, dann eine dort, eine für die Fahrt und eine zum Fallenlassen, dann könnte ich in vier Stunden vielleicht da sein, und oft genug funktioniert das genau so, wer hätte das gedacht.
Aber die Wochentage, die weiß ich nicht mehr.
#
Schlechtes Karma, denke ich, als mir das knurrige "Lichtmaschine lädt nicht" entgegenblinkt. Keilriemen, denke ich. Mitten in der Nacht. Die Wasserpumpe hängt am selben Riemen, denke ich, da schlägt die Temperaturanzeige auch schon aus. Ich flitze aus dem Silo und aus dem Weg, stelle ab, und um mich wird es dunkel.
#
Ich bin eben zum Häckslerfahrer aufgestiegen und klage ihm mein Leid, da beginnt es zu schrubben und zu rauschen. Wir schauen uns an, er drückt den Not-Aus. Die Häckseltrommel sitzt fest, für heute ist Feierabend. Ich überlege, ob ich nicht besser nach hause laufen sollte, um größere Schäden zu vermeiden.
#
Das nächtliche Zerlegen.
#
Ich darf Lehrer sein, und ich mag das ja, wenn mir jemand mit offenem Mund zusieht. Aber wie das Wickeln erklären? Mach es richtig, sage ich, und mach es langsam. Schnell wird es von alleine. Und dann erzähle ich von den Kettengliedern und den kantigen Ballen, vom Seitenhang und vom Ärger im Regen.
Da lernst Du bei dem Rechten, sagt einer, und sowas trage ich zu gern am Revers.
#
Zwischendurch immer wieder Schmerzen in der Brust, und Hunger hatte ich sowieso nie, soweit ich mich erinnern kann.
#
"War was Besonderes?" werde ich gefragt. Nein, sage ich langsam, mir fällt nichts ein. Tausend Kleinigkeiten, mit einer Rundballenpresse verwechselt worden zu sein, wie der tote Fuchs, an dem ich heute beim Albaufstieg schon vier Mal vorbeigefahren bin. Knoter reinigen, Ballenmaße einstellen, Kleinigkeiten, Details.
"Habe ich etwas vergessen?" frage ich, doch damit wartet niemand bis zum Abend, das bekommt man sofort aufs Brot geschmiert.
Er grinst verschmitzt und nennt einen Namen. Ich hirne weiter. Nichts besonderes, nein. Und daß ich irgendwo in diesem Seitental fast ertrunken wäre, das ist jetzt auch schon wieder einen Tag her. Zwei? Ich weiß es nicht, ich habe nur noch das Bild vor mir, wie sich die Räder in den Schlamm bohren und stehenbleiben, Keile vor sich her schieben, und ich einfach das Pedal durchtrete und den Hebel nach vorn drücke, weil es mehr nun mal nicht zu tun gab.
Ich weiß es immer noch nicht und gebe auf, zucke die Schultern. Er grinst immer noch.
"Ach", sagt er, "Du hast da was gepresst, da ist ein 'extra hangtauglicher Fahrer' verlangt worden."
Aha, sage ich lahm, aber so merkt man erst, wie weit man schon ist.
#
Wie sie beide das Problem erkennen, und sich trotzdem die Schuld zuschieben.
#
Es ist Freitag, es ist sechs, ich bin mit meiner Liste durch. "Fertig", sagt er, und "Wie jetzt?" frage ich.
Es ist lange still im Telefon, und das ist ja auch so eine Nebenwirkung dieser Flatrates, daß ich neuerdings ständig ein Ladegerät um mich haben muß. Draußen ist es heiß, hier drinnen bläst die Lüftung kalt über meine verschwitzten, schmutzigen Arme, und die auslaufende Schwungmasse schaukelt mich sanft und langsam im Sitz.
Freibad! rufe ich nach meiner Gedenkminute, Freibad, da war ich schon Jahre nicht mehr! Er lacht und meint, ich solle doch zuerst das Fahrzeug zurückbringen. Das mache ich, und wie in Trance, immer noch entgeistert, stehe ich eine halbe Stunde später am Drehkreuz und schaue auf das große Becken. Es hat nur wenige Besucher, und so drehe ich glücklich meine Runden in der Sonne, schaue blinzelnd hinauf zur Ruine, schwimme vorwärts und rückwärts, bis die Schatten die halbe Bahn bedecken und mich der Bademeister aus dem Becken ruft. Ende der Badezeit, und er kann gar nicht verstehen, wie ich da so lachen kann.
#
Wir müssen warten, und so sitzen wir da, vor dem Haus im Schatten einer großen, alten Linde, die uns so gelassen hinnimmt wie alles andere in den letzten hundert Jahren. Ich bekomme Kaffee und kraule den Hund, der sich glücklich über den Boden wälzt.
"Wie seltsam," sagt die Bäurin, "die mag eigentlich keine Männer, das Dummerle." Sie hält inne, stockt, ich blinzle sie an, die vor mir in der Sonne steht, ich sage nichts, ich warte ab, verharre.
"Eigentlich", beginnt sie wieder, "eigentlich mag sie nur meinen Mann nicht." Und daß dieser Hund vielleicht so blöd gar nicht ist, das steht da plötzlich, wie in einer Blase, nur zum Lachen ist mir nicht dabei.
#
Ans Verlieren denke ich oft in diesen Tagen, ans Verlorenhaben, und wo die Illusionslosigkeit hin ist, die mir neulich attestiert wurde. Ich weiß noch nicht, ob es sich mit oder ohne Hoffnung besser lebt, ich weiß ja noch nicht einmal, auf was man hoffen sollte, oder ob Illusionen irgendwas mit Hoffnungen zu tun haben. Ich weiß überhaupt so wenig.
#
Von oben nach unten, so merke ich mir das.
#
Zwischendurch bin ich müde, verschwitzt, und fahre mir zum tausendsten Mal mit den schmutzigen Fingern durch die Haare. Die lassen sich ja sowieso nicht bändigen, und nach nächtlichem Duschen und feuchtem Beschlafen gleich zwei Mal nicht. Die Büschel fallen ins Waschbecken, ein sanfter Hauch umschmeichelt meine Ohren. Die Plastiktüte mit den Locken lege ich auf die Briefwaage und schreibe noch kurz an einen Radverrückten: Gewichtseinsparung fast einhundert Gramm, und das mitten in der Nacht!
#
"Love is hoping the best for someone, not from someone."
#
Eine Domain, ein bißchen Bastelei, und schon steht wieder ein Name im Netz. Ich sage ihm noch, daß er seinen Namen besser in ein Bild verpacken soll, aber ich habe ja auch schon vergeblich Backups gepredigt.
Wir trinken Kaffee, die beiden Kinder toben um uns, und zwischendurch beim Mittagessen erinnert er mich an die Feste des Jahres. Familienfeste, sagt er, nicht vergessen!
Ich schaue ihn groß an, den Bruder meines Vaters, den Patenonkel, den Dot, und sage, daß ich kraft meiner Gene das Recht habe, jedes Datum zu vergessen. Rate nur, sage ich, wie alt ich bin, und er schätzt mich auch nur zwei Jahre jünger. Seine Frau verschluckt sich, und das Datum habe ich schon vergessen.
#
Das Mädchen bestellt Espresso, und es scheint nichts dabei zu sein. Wie alt bist Du, frage ich, und bei so vielen Cousinen darf ich auch mal den Überblick verlieren. Dreizehn sagt sie, und hinterlässt mich fassungslos.
Er schlägt mir auf die Schulter, daß ich fast meinen Doppelten fallen lasse, und lacht. Du kannst keine sieben gewesen sein, sagt er, Du hast zur Einschulung schon Kaffee getrunken.
Das wußte ich nicht mehr, sage ich, aber das erklärt doch einiges.
Nun ja, meint er, Du hast ja auch vom ersten Tag an geraucht, zumindest wenn Dein Vater Dich auf dem Arm hatte. Und heute kann ich darüber sogar lachen.
#
Es ist ein ruhiger Tag, und das fällt mir erst viel später auf.
#
Ich radle hierhin und dorthin. Dort pflanzen sie ihren Garten ein. Anderswo wird Holz abgeladen, ein Treppchen geschweißt. Ein Bohrer läuft heiß, und grüßend fahre ich weiter.
Einem will ich zum Geburtstag gratulieren, und dort wollte ich auch noch ein Schwätzchen halten. Der Funk versagt, also radle ich auch dort noch hin.
#
Irgendwo bleibe ich sitzen, das muß noch am Vortag gewesen sein, denn ich trage noch meine Badehosen. Wir spielen Volleyball, bis ein Glas umfällt. Dann grillen und trinken wir. Wieder fällt ein Glas um. Da trinken wir nur noch, und es ist in dieser Woche schon die zweite Nacht, die man draußen sitzend verbringen kann, und doch gibt es noch so viel zu sagen, so viel zu lachen, wir werden gar nicht fertig damit.
#
Ach je, und über dem müden Fußballspiel schlafe ich dann ein.
#
Auf dem Straßenfest grüße ich in alle Richtungen, bekomme ein Schauspielerbier und meine Fladenkuchen.
#
Radeln, und heute sind wir zu zweit. Sauerstoff, ruft er, und daß wir so schnell noch selten auf der Alb waren. Einige Kilometer weiter rauscht die Presse an uns vorbei. Ich winke.
Am Waldrand sitzen wir und sehen dem Regen zu. Fahren im Regen. Sitzen an einer Hütte und sehen wieder dem Regen zu. Mir ist elend kalt, als er erzählt, doch da ist wieder Hoffnung in seiner Stimme, und wenn es nur das ist, was uns wärmt, und das bißchen Kleingeld, das ich aus meiner Satteltasche krame und das uns zwei Wasser oder ein Bier reichen könnte, es würde mir reichen bis zum Ende.
#
Unter der Dusche auftauen. Im Juni.
#
Ich backe, ich großer Zuckerbäcker, und diesmal gelingt alles. Man sollte Rezepte immer ein zweites Mal versuchen, denke ich, schichte die Kekse zu einem schönen Stapel und stelle sie auf den Tisch. Stillsitzen konnte ich ja noch nie, alsomache ich ein Bild von den Cookies und schicke es weg. Denke ich, falsch gedacht, denn tatsächlich kommt die Nachricht in eine Warteschleife, und erst hier werde ich stutzig. Sanft klopfe ich das Telefon an die Tischkante, dann heftiger, dann rufe ich mich an. Einmal, zweimal, dreimal. Nichts. Als es klingelt, erschrecke ich. "Wo warst Du, wo bist Du, ich hab's hundert Mal probiert!"
Ich tippe auf ein Netzproblem, ein paar Stunden später, und da tauchen ein dutzend Hände in ein dutzend Taschen, ein dutzend kleiner Schirme leuchten, und aus allen Ecken schellt es. Mein Telefon bleibt dunkel und stumm. Ich gebe nach. Mein Telefon ist kaputt.
Und ich habe an ein ruhiges Wochenende geglaubt.
Aber die Wochentage, die weiß ich nicht mehr.
#
Schlechtes Karma, denke ich, als mir das knurrige "Lichtmaschine lädt nicht" entgegenblinkt. Keilriemen, denke ich. Mitten in der Nacht. Die Wasserpumpe hängt am selben Riemen, denke ich, da schlägt die Temperaturanzeige auch schon aus. Ich flitze aus dem Silo und aus dem Weg, stelle ab, und um mich wird es dunkel.
#
Ich bin eben zum Häckslerfahrer aufgestiegen und klage ihm mein Leid, da beginnt es zu schrubben und zu rauschen. Wir schauen uns an, er drückt den Not-Aus. Die Häckseltrommel sitzt fest, für heute ist Feierabend. Ich überlege, ob ich nicht besser nach hause laufen sollte, um größere Schäden zu vermeiden.
#
Das nächtliche Zerlegen.
#
Ich darf Lehrer sein, und ich mag das ja, wenn mir jemand mit offenem Mund zusieht. Aber wie das Wickeln erklären? Mach es richtig, sage ich, und mach es langsam. Schnell wird es von alleine. Und dann erzähle ich von den Kettengliedern und den kantigen Ballen, vom Seitenhang und vom Ärger im Regen.
Da lernst Du bei dem Rechten, sagt einer, und sowas trage ich zu gern am Revers.
#
Zwischendurch immer wieder Schmerzen in der Brust, und Hunger hatte ich sowieso nie, soweit ich mich erinnern kann.
#
"War was Besonderes?" werde ich gefragt. Nein, sage ich langsam, mir fällt nichts ein. Tausend Kleinigkeiten, mit einer Rundballenpresse verwechselt worden zu sein, wie der tote Fuchs, an dem ich heute beim Albaufstieg schon vier Mal vorbeigefahren bin. Knoter reinigen, Ballenmaße einstellen, Kleinigkeiten, Details.
"Habe ich etwas vergessen?" frage ich, doch damit wartet niemand bis zum Abend, das bekommt man sofort aufs Brot geschmiert.
Er grinst verschmitzt und nennt einen Namen. Ich hirne weiter. Nichts besonderes, nein. Und daß ich irgendwo in diesem Seitental fast ertrunken wäre, das ist jetzt auch schon wieder einen Tag her. Zwei? Ich weiß es nicht, ich habe nur noch das Bild vor mir, wie sich die Räder in den Schlamm bohren und stehenbleiben, Keile vor sich her schieben, und ich einfach das Pedal durchtrete und den Hebel nach vorn drücke, weil es mehr nun mal nicht zu tun gab.
Ich weiß es immer noch nicht und gebe auf, zucke die Schultern. Er grinst immer noch.
"Ach", sagt er, "Du hast da was gepresst, da ist ein 'extra hangtauglicher Fahrer' verlangt worden."
Aha, sage ich lahm, aber so merkt man erst, wie weit man schon ist.
#
Wie sie beide das Problem erkennen, und sich trotzdem die Schuld zuschieben.
#
Es ist Freitag, es ist sechs, ich bin mit meiner Liste durch. "Fertig", sagt er, und "Wie jetzt?" frage ich.
Es ist lange still im Telefon, und das ist ja auch so eine Nebenwirkung dieser Flatrates, daß ich neuerdings ständig ein Ladegerät um mich haben muß. Draußen ist es heiß, hier drinnen bläst die Lüftung kalt über meine verschwitzten, schmutzigen Arme, und die auslaufende Schwungmasse schaukelt mich sanft und langsam im Sitz.
Freibad! rufe ich nach meiner Gedenkminute, Freibad, da war ich schon Jahre nicht mehr! Er lacht und meint, ich solle doch zuerst das Fahrzeug zurückbringen. Das mache ich, und wie in Trance, immer noch entgeistert, stehe ich eine halbe Stunde später am Drehkreuz und schaue auf das große Becken. Es hat nur wenige Besucher, und so drehe ich glücklich meine Runden in der Sonne, schaue blinzelnd hinauf zur Ruine, schwimme vorwärts und rückwärts, bis die Schatten die halbe Bahn bedecken und mich der Bademeister aus dem Becken ruft. Ende der Badezeit, und er kann gar nicht verstehen, wie ich da so lachen kann.
#
Wir müssen warten, und so sitzen wir da, vor dem Haus im Schatten einer großen, alten Linde, die uns so gelassen hinnimmt wie alles andere in den letzten hundert Jahren. Ich bekomme Kaffee und kraule den Hund, der sich glücklich über den Boden wälzt.
"Wie seltsam," sagt die Bäurin, "die mag eigentlich keine Männer, das Dummerle." Sie hält inne, stockt, ich blinzle sie an, die vor mir in der Sonne steht, ich sage nichts, ich warte ab, verharre.
"Eigentlich", beginnt sie wieder, "eigentlich mag sie nur meinen Mann nicht." Und daß dieser Hund vielleicht so blöd gar nicht ist, das steht da plötzlich, wie in einer Blase, nur zum Lachen ist mir nicht dabei.
#
Ans Verlieren denke ich oft in diesen Tagen, ans Verlorenhaben, und wo die Illusionslosigkeit hin ist, die mir neulich attestiert wurde. Ich weiß noch nicht, ob es sich mit oder ohne Hoffnung besser lebt, ich weiß ja noch nicht einmal, auf was man hoffen sollte, oder ob Illusionen irgendwas mit Hoffnungen zu tun haben. Ich weiß überhaupt so wenig.
#
Von oben nach unten, so merke ich mir das.
#
Zwischendurch bin ich müde, verschwitzt, und fahre mir zum tausendsten Mal mit den schmutzigen Fingern durch die Haare. Die lassen sich ja sowieso nicht bändigen, und nach nächtlichem Duschen und feuchtem Beschlafen gleich zwei Mal nicht. Die Büschel fallen ins Waschbecken, ein sanfter Hauch umschmeichelt meine Ohren. Die Plastiktüte mit den Locken lege ich auf die Briefwaage und schreibe noch kurz an einen Radverrückten: Gewichtseinsparung fast einhundert Gramm, und das mitten in der Nacht!
#
"Love is hoping the best for someone, not from someone."
#
Eine Domain, ein bißchen Bastelei, und schon steht wieder ein Name im Netz. Ich sage ihm noch, daß er seinen Namen besser in ein Bild verpacken soll, aber ich habe ja auch schon vergeblich Backups gepredigt.
Wir trinken Kaffee, die beiden Kinder toben um uns, und zwischendurch beim Mittagessen erinnert er mich an die Feste des Jahres. Familienfeste, sagt er, nicht vergessen!
Ich schaue ihn groß an, den Bruder meines Vaters, den Patenonkel, den Dot, und sage, daß ich kraft meiner Gene das Recht habe, jedes Datum zu vergessen. Rate nur, sage ich, wie alt ich bin, und er schätzt mich auch nur zwei Jahre jünger. Seine Frau verschluckt sich, und das Datum habe ich schon vergessen.
#
Das Mädchen bestellt Espresso, und es scheint nichts dabei zu sein. Wie alt bist Du, frage ich, und bei so vielen Cousinen darf ich auch mal den Überblick verlieren. Dreizehn sagt sie, und hinterlässt mich fassungslos.
Er schlägt mir auf die Schulter, daß ich fast meinen Doppelten fallen lasse, und lacht. Du kannst keine sieben gewesen sein, sagt er, Du hast zur Einschulung schon Kaffee getrunken.
Das wußte ich nicht mehr, sage ich, aber das erklärt doch einiges.
Nun ja, meint er, Du hast ja auch vom ersten Tag an geraucht, zumindest wenn Dein Vater Dich auf dem Arm hatte. Und heute kann ich darüber sogar lachen.
#
Es ist ein ruhiger Tag, und das fällt mir erst viel später auf.
#
Ich radle hierhin und dorthin. Dort pflanzen sie ihren Garten ein. Anderswo wird Holz abgeladen, ein Treppchen geschweißt. Ein Bohrer läuft heiß, und grüßend fahre ich weiter.
Einem will ich zum Geburtstag gratulieren, und dort wollte ich auch noch ein Schwätzchen halten. Der Funk versagt, also radle ich auch dort noch hin.
#
Irgendwo bleibe ich sitzen, das muß noch am Vortag gewesen sein, denn ich trage noch meine Badehosen. Wir spielen Volleyball, bis ein Glas umfällt. Dann grillen und trinken wir. Wieder fällt ein Glas um. Da trinken wir nur noch, und es ist in dieser Woche schon die zweite Nacht, die man draußen sitzend verbringen kann, und doch gibt es noch so viel zu sagen, so viel zu lachen, wir werden gar nicht fertig damit.
#
Ach je, und über dem müden Fußballspiel schlafe ich dann ein.
#
Auf dem Straßenfest grüße ich in alle Richtungen, bekomme ein Schauspielerbier und meine Fladenkuchen.
#
Radeln, und heute sind wir zu zweit. Sauerstoff, ruft er, und daß wir so schnell noch selten auf der Alb waren. Einige Kilometer weiter rauscht die Presse an uns vorbei. Ich winke.
Am Waldrand sitzen wir und sehen dem Regen zu. Fahren im Regen. Sitzen an einer Hütte und sehen wieder dem Regen zu. Mir ist elend kalt, als er erzählt, doch da ist wieder Hoffnung in seiner Stimme, und wenn es nur das ist, was uns wärmt, und das bißchen Kleingeld, das ich aus meiner Satteltasche krame und das uns zwei Wasser oder ein Bier reichen könnte, es würde mir reichen bis zum Ende.
#
Unter der Dusche auftauen. Im Juni.
#
Ich backe, ich großer Zuckerbäcker, und diesmal gelingt alles. Man sollte Rezepte immer ein zweites Mal versuchen, denke ich, schichte die Kekse zu einem schönen Stapel und stelle sie auf den Tisch. Stillsitzen konnte ich ja noch nie, alsomache ich ein Bild von den Cookies und schicke es weg. Denke ich, falsch gedacht, denn tatsächlich kommt die Nachricht in eine Warteschleife, und erst hier werde ich stutzig. Sanft klopfe ich das Telefon an die Tischkante, dann heftiger, dann rufe ich mich an. Einmal, zweimal, dreimal. Nichts. Als es klingelt, erschrecke ich. "Wo warst Du, wo bist Du, ich hab's hundert Mal probiert!"
Ich tippe auf ein Netzproblem, ein paar Stunden später, und da tauchen ein dutzend Hände in ein dutzend Taschen, ein dutzend kleiner Schirme leuchten, und aus allen Ecken schellt es. Mein Telefon bleibt dunkel und stumm. Ich gebe nach. Mein Telefon ist kaputt.
Und ich habe an ein ruhiges Wochenende geglaubt.
... Rückwärts fahren