Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Samstag, 2. 05 20

02.05.20, 11:40 | 'Ansatzlos'
Nur mehr mir selbst erklären.

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Dem Freund im Norden alle guten Wünsche. Ich sehe ihn noch rauchend auf der Bierbank vor dem Haus sitzen, Kaffeetasse und das Telefon vor sich. Bald sind es wieder zwei Jahre, daß wir uns gesehen haben. Es soll nicht das letzte Mal gewesen sein, denn wir haben da noch eine Gegeneinladung offen.
# |  Rauchfrei | Gas geben

Donnerstag, 27. 02 20

27.02.20, 09:58 | 'Ansatzlos'
Nach der Arbeit statt zum Einkauf direkt zur Geldbeutelwäsche. Sollen die anderen hamstern, denke ich und beiße in einen Lachswecken.

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Fasching weniger exzessiv als im letzten Jahr. Weniger motiviert auch. Mehr anderes in den Händen und im Kopf.

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Riesige Schneeflocken.

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Ich baue den Schrank auf und wische die Spiegeltüren ab.

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Ich koche. Nudelauflauf, viel Zitrone in der Sauce.

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Ich überarbeite noch eine Bewerbung.

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Auf dem Weg ins Bett stecke ich den Melder in die Ladeschale.

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Der Handgriff, mit dem ich das Licht im Flur lösche, das Telefon noch in der Hand, ist schon Gewohnheit.

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Was wäre ich zu geben bereit?

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Zu den verschiedensten Arbeiten, die ich tun kann, gehören verschiedene Arten von Druck. Passt der Druck nicht zur Tätigkeit, dann kann ich nicht arbeiten. Nicht zufrieden sein.

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It's a crack, I'm back
Yeah, I'm standing on the rooftops
Shouting out "Baby I am ready to go"
I'm back I'm ready to go
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Aufgewacht mit oder vom schmerzenden Knie.

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Zielstrebig bis brüsk. Harmonie zweitrangig. Kämpfertyp. Trottel.
# |  2 RauchzeichenGas geben

Montag, 9. 12 19

09.12.19, 08:25 | 'Ansatzlos'
Der Vater, der seinen Siebenunddreißigsten im Probenraum feiert, im Keller einer Tankstelle, vor der Tür teure Geschäftsautos der Gäste, karierte Hemden und Lederwesten der Cowboyfraktion, sein achtjähriger Sohn am Schlagzeug, der Vater an der elektrischen Gitarre, die kleine Tochter sitzt auf einem Barhocker vor ihm und hält das Mikrofon, während sie wie wir alle begeistert zusieht, wie die beiden Wonderwall vortragen. Wie er seinen Sohn mit den Augen lenkt, wie sich zwischen den beiden eine Verbindung aufbaut, wie durch ein Seil verbunden synchronisieren sie die Bewegungen, und man kann nur sehen, wie sich der Vater im Takt immer wieder anpasst, ein Zehntelchen auslässt oder verlängert, und dabei immer und immer wieder singt.
I don't believe that anybody
Feels the way I do about you now
And all the roads we have to walk are winding
And all the lights that lead us there are blinding
Und ich bin plötzlich sicher, daß dieses Lied genau für diesen Abend existiert, genau für diesen Vater und seinen Sohn. Ich weiß, daß sie sich erinnern werden, daß dies ihre Verbindung ist, die alles überdauern wird. Wir sind gleich alt, wir sind so verschieden. Was werde ich geben können, in acht oder zehn Jahren? Was wird mein Seil sein? Ich esse noch ein Stück Kuchen, damit ich für zehn Minuten nicht reden muß. Auf dem Heimweg sehe ich meine Hände am Lenkrad, die langen, krummen Finger, die vom vielen Greifen roten und faltigen Fingeransätze am Handrücken. Ich bin noch nicht ich, noch nicht ganz.
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Dienstag, 3. 12 19

03.12.19, 17:01 | 'Ansatzlos'
Über Mittag unter klarem Himmel über den Hof gelaufen. Im Bürokeller geduscht. Dann doch länger im Büro gewesen.

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Beworben. Wie immer gibt das ein gutes Gefühl. Denn die Luft hier wird dünn.

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Durch den Ausfall einer Vorlesung etwas Luft gewonnen.

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Mit dem Rad durch die Kälte zum Tanz. Die kleinen Schritte ernst nehmen.

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Blödeln und Lachen.
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Freitag, 6. 09 19

06.09.19, 10:01 | 'Ansatzlos'
Die Tage sind voll und schön. Trotz der Büroarbeit gerate ich an den ein oder anderen Sonnenstrahl, und selten habe ich die Sonne so genossen. Das denke ich mir immer im Herbst, und typisch für den Frühsommer ist meine Angst davor, die Sonne zu lang zu missachten, als selbstverständlich hinzunehmen und zuletzt einem verpasstem Sommer nachzujammern. Katzenjammer ist immer, wenn der Sommer vergeht, wenn die letzten Maispflanzen nur noch Stoppeln sind. Das Getreide stand lang in diesem Jahr, weil der August doch regnerisch war. Nun sind die letzten Äcker schon schwarz, die ersten lang wieder grün. Nur der Mais hält sich tapfer, und jeden Tag schaue ich den Kolben zu, den Lieschblättern, den wehenden Fahnen. Nein, verpasst habe ich nichts in diesem Sommer. Ich bin selten so viel geschwommen. Ich könnte noch mehr draußen sein, wenn ich weniger am Schreibtisch wäre, ich könnte mehr radeln, wenn ich weniger Schlepper fahren würde, und vielleicht irgendwie noch etwas effizienter sein. Vielleicht nicht unbedingt in dieser ersten Stunde des Tages zwischen den beiden Weckern. Aber sonst so. Mit langsameren Handgriffen schneller arbeiten, weniger Hast. Als Beispiel meine Mutter, deren Bewegung in der Küche kaum auf die Menge ihrer Arbeit schließen lässt und deren volle Schränke allein nicht zeigen können, daß hier nichts verdirbt. Daran arbeiten auch die scharrenden Hühner mit, und Ehre, wem hier Ehre gebührt. Vielleicht ein paar Bilder noch, vielleicht ein paar Klimmzüge, etwas Fels unter den Fingern, und vielleicht doch in den letzten Septemberwochen noch ein paar Radtage mit Aussicht. Es gibt immer etwas zu tunim Kleinen, und auch wenn die großen Dinge sich ändern oder im Argen liegen, gilt es, diese nicht zu vernachlässigen. Das Gleichgewicht finden heißt auch, die Aufgaben gewichten. Vielleicht muß auch, wer im Kleinen richtig ist, vor Großem nicht bangen. If you take care of the inches, the miles will take care of themselves habe ich einst gelesen, als ich noch viel gelesen und geschrieben habe. Dabei hinter allem die Frage, was im Großen zu tun sei.
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Montag, 1. 07 19

01.07.19, 20:53 | 'Ansatzlos'
Wie mich die Unzufriedenheit mancher Menschen unzufrieden macht. Und wie mich ihr Lamentieren ins Lamentieren bringt. Vielleicht ist was dran an der Idee, sich mit den Guten, den Lächelnden zu umgeben. Viel mehr noch möchte ich genau das sein, gut und lächelnd aus mir selbst heraus. Mein eigener Quell des Wohlbefindens zu sein, das muß das Ziel sein.

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Und doch: Kayfabe oder was der Wrestler in uns so tut.

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Der brennende Wunsch nach einer Säge. Was man nur alles sägen könnte, könnte man nur!

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Die Leichtigkeit, mit der andere ihre schlechte Zeitplanung auf mir abladen, ärgert mich. Eine Stunde liege ich in der Sonne neben dem Schlepper, eine Stunde erzwungener Ruhe nach all der Hektik, die mich pünktlich gemacht hatte. Und ach so frech angelogen zu werden.

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Die Woche liegt offen vor mir, die Abende purzeln wie Bauklötze übereinander, und ohne ein Durchatmen vergeht die Woche, schließen sich die Lücken.

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Wir schauen hinab auf die nachgezogenen Sonnwendfeuer der Umgebung. Der Horizont wehrt sich lodernd gegen die Decke aus Dunkelheit. Sternenglitzer. Den Berg hinablaufen auf schmalen Pfaden im Schein einer kleinen Lampe.

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Dein Antlitz, das ich sehen möchte, Deine Kontur, die ich unter den Decken ahnen möchte, Dein Geräusch, dem ich lauschen möchte.

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Vielleicht kann man alles aussprechen.

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Kümmern.

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Eine Nachricht zur Lehrveranstaltung. Die Möhre vor des Esels Nase rückt näher.

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Es ist nun soweit, daß ich für Vorführungen von Tätigkeiten gebucht werde, die ich als Bub noch einfach so vom Opa gelernt habe. Sitz her, hat er gesagt, und dann hat er gezeigt, und ich habe geübt, wieder zugeschaut und wieder geübt. Wie schnell die Welt sich dreht, erkenne ich an diesen Kulturtechniken, die ich noch so selbstverständlich gelernt habe und die heute, noch vor mir selbst historisch geworden sind. Die wenigen Sensen, die ich noch sehe, werden mit dem Winkelschleifer brutal zerschliffen, statt anständig gedengelt und gewetzt zu werden. Aus dem Sack sehe ich niemanden mehr säen, und auch ich müsste den Schwung erst wieder üben. Die aus der Hand gesäten Sonnenblumen vom letzten Jahr waren doch arg ungleichmäßig verteilt. Was wohl als nächstes verschwinden wird? Das händische Melken vielleicht, begrenzt auf einen winzigen Personenkreis? Und das Wissen um den Boden, das Vieh, die Pflanzen und das Wetter, das sich in der Historie der Ernten kumuliert, die man vom immergleichen und nie demselben Boden geschenkt bekam? Vielleicht wird die Landwirtschaft als solche museal in den Augen der Mehrheit und ein kleiner weißer Wurm in einer Kirsche bald zur riesigen ekelerregenden Unverschämtheit. Was erlaube Wurm, und mit Verlaub, diesen Gedanken teile ich dann doch ab und an.

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Die Seltsamkeit dieses neuen Seins. Viel Freude, viel Unsicherheit, ein einziges Tasten. Und doch vom Suchen und Finden, davon handeln die großen Geschichten. Zeit für Geschichte, auch wenn sie vielleicht nie geschrieben wird.
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Freitag, 23. 11 18

23.11.18, 15:58 | 'Ansatzlos'
Eine Stimme aus der Vergangenheit, dann ein wenig Nachdenken, eine schnelle Heimfahrt, ein Besuch in dem immer noch rauchgverhangenen Bau meiner jungen Erwachsenenzeit, ein Bier in der Garage, ein paar alte Fotos am nächsten Morgen. Ich bin etwas aus dem Tritt gerade, oder etwas aus dem Trott. Und immer wieder die Stimme von Randy Pausch: What do you want to do with your life now?
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Sonntag, 25. 02 18

25.02.18, 11:50 | 'Ansatzlos'
Am Vormittag Einmarsch ins Heimatdorf unter wehenden Fahnen.

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Am Nachmittag den Lebenslauf und das Anschreiben erbastelt und abgeschickt. "Lass das Leben mal mit Dir spielen," denke ich.

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Joe, wo könnt' es besser sein?
Da und dort, und überall, wo ihr seid, bin ich nie. Berührpunkte, die ich eins entfernt hatte, die mir nun fehlen. Die Feuerwehr, denke ich, hätte ich niemals aufgeben sollen. Den Fußball vermisse ich nicht, die Fußballer fehlen mir schon.

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Stattdessen ein gemütlicher Lauf. Konzentriertes Ausatmen, und plötzlich finden die Beine den Rhythmus. Wundervoller Gülledampf in den Lungen. Landluft, schwadroniere ich und huste dann doch. Schweinegülle ist nicht jedermanns Sache.

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Aufgrund der Kälte, die in meiner Erinnerung früher normal war, alle Rolläden geschlossen. Ich kann mich an alte Bilder erinnern, auf denen ich die Thermometer meiner Autos aufgenommen hatte - zweistellig links, aber vielleicht auch gerade deshalb ein Foto wert.

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Auf dem Fußweg durchs Dorf rede ich mir ein, daß ich die Kälte mag. Stimmt ja auch, nur war mir früher nie kalt. Oder ich war früher nicht ich, wer weiß das schon.

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Heizraumabend. Zettel vollschreiben. So ein bißchen das soziale Leben voranbringen, indem wir Geld einer Stiftung für eine Renovierung beantragen. Man tut, was man kann, man zapft alle Quellen an, die erreichbar sind. Kleine Schritte, vielleicht ist es das, was ein Dorf lebenswert halten kann.

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Zu müde zum Lesen, mit leichtem Ekel vom Rauch eingeschlafen.

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Selbstverwaltung: Steuer, Pensionsfonds, Krankenkasse, Motorradversicherung.

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Überhaupt Krankenkasse: Dort neulich auf eine Art herabgesetzt und entwürdigt worden, die mir so sehr nicht geschmeckt hat, daß ich gewechselt habe. Wie meine Solidarität dann doch daran liegt, wie ich behandelt werde. Am Ende, sage ich einige Tage später ins Telefon, bleiben euch die, die ihr beleidigen könnt, weil sie sich nicht wehren können. Aber die können euch nicht bezahlen. Und nur um die tut es mir leid, nicht um euch arrogante Tippsen, aber da habe ich mich vielleicht auch anders ausgedrückt, wer weiß das schon, nach solcher Wut.
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Mittwoch, 3. 01 18

03.01.18, 11:15 | 'Ansatzlos'
Daß ich den Jahresendfragebogen nicht zum Jahresende ausgefüllt habe, darf einfach als Symbol des vergangenen Jahres stehen.
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Donnerstag, 10. 08 17

10.08.17, 13:23 | 'Ansatzlos'
Morgens spät und leicht verkatert aus dem Bett gekommen. Gewöhnt ist man ja nix mehr, aber an der leeren Flasche neben dem Bett stolpere ich trotzdem vorbei, ohne sie umzuwerfen. Verschrobenes Junggesellending, im Bett Bier zu trinken und danach einfach wegzuschlafen.

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Mit dem Auto ins Büro, weil im August kaum Verkehr ist, weil müde, weil spät, weil unwillig und irgendwie ausgelaugt. Schlechtes Gewissen, trotzdem. Man macht es sich ja nie zu leicht. Und neulich über tausend Kilometer für ein langes Wochenende gefahren, auch das noch.

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Traktorenvermissen. Wie konnte das nur passieren, daß einer wie ich in einem Büro vor drei Bildschirmen am Fenster sitzen muß? Faulheit, ganz klar. Und Feigheit.

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Lang an der Arbeit geblieben, eine Einladung aus zweiter Hand dann kurzerhand (sic!) abgesagt. "Hatte ich mir gedacht," antwortet es, und "Schade." Wie man mich eben kennt. Wieder die Feigheit, vielleicht.

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Auf die Empfehlung der Königin der Dreikaiserberge hin laufe ich zum Elektromarkt und setze mir einen speziellen Kopfhörer auf. Rauschunterdrückung ist etwas unglaublich Tolles. Gerade durch ihre Unvollständigkeit, gerade durch das leise Restgeräusch, dem man fein und immer feiner nachhören möchte.
Ich antworte nicht, sondern kaufe noch frische Äpfel und eingekochtes Gemüse.

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Über einige Staubfänger gewischt. Putzen fühlt sich nach Tätigkeit an. Hefeteig angesetzt, Brötchen mit Oliven und getrockneten Tomaten gebacken. Ein paar Änderungen noch an Bildern für den großen Text, im Fragebogen des Verlags lang an der Frage nach der jetzigen Tätigkeit hängengeblieben - "Studiert das Leben am Einzelfall" klang dann doch zu abenteuerlich, und den Arbeitgeber wollte ich dann doch nicht nennen, als ob der mein Ziel gewesen wäre! Leichtes Stechen, als ich dies notiere und daran denke, daß ich vor einem Jahr noch arbeitslos war und nichts lieber wollte als diesen Arbeitgeber.

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Es wird früher dunkel, aber noch nicht richtig dunkel. Irgendwann regnet es.

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Kurz nach zehn zu Bett, mal wieder einen Brenner gelesen. Ich mag die Dialoge mittlerweile, bei denen ich früher stets das Gefühl hatte, etwas nicht mitzubekommen. Den Rest der Geschichte um die grausligen Morde und Personen bekomme ich ja nach wie vor nicht mit. Wer das nun wieder war, kann ich mir nie merken, auch nicht ohne Buch drumrum.

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Der Widerspruch, sich Einladungen zu entziehen und sich trotzdem an der Stadt zu reiben, die mich allein sein lässt. Heimat als Ziel, weil ich da schon alle kenne und nicht mehr daran arbeiten muß. Das stimmt natürlich nicht, das ist natürlich Blödsinn, aber ich möchte so gern glauben, mir könnte Gemeinsamkeit irgendwie zufliegen.

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Gutenachtgrüße verschickt, und wie jeden Abend freue ich mich an der Automatik, die mich um elf vom Internet trennt. Licht aus. Licht nochmal an, Zähne putzen. Jetzt aber.
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