Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.

06.11.06, 13:48 | 'Minimaler Blauanteil'
"Ich glaube so langsam, Du hast einen Schuß."
- "Den habe ich aber nicht gehört."

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"Ich komm da nicht durch!"

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"Könntet ihr beiden die Kissen aufräumen?"

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"Welches Mittel meint sie wohl?"

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"Sagen wir´s ab!"

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"Wo ist mein Elefant?"

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"Ihr habt nur Wasser dabei? Ich habe meiner Lebtag noch kein Wasser getrunken!"

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Getränkeraumfest. Einmalig, sensationell.
"Und neunfünfzig, bitte."
- "Mach mal Deine Tasche auf!"

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Freitage in der Hütte. Als ich in der Tür stehe und meine Jacke aufknöpfe, brüllen sie "Ausziehen!"
Ich tanze hinter der Bar, ich tanze auf dem Podest, ich tanze auf dem Heimweg in der Mitte des Kreisverkehrs. Ich tanze mit einem Mädchen an der Stange. Furchtbar betrunken sei sie, nuschelt sie mir immer wieder ins Ohr. Ich nicke, und stelle sie wieder zu ihrem Freund. Ich habe den ganzen Abend lang ihre Cocktails gemischt - davon wird niemand betrunken, Mädel.
Als der einzige geht, der die Systematik der Musiksammlung begriffen hat, tummeln sie sich um den Rechner, drücken hier und dort, und trotzdem laufen immer wieder die selben zehn Lieder. Spricht es für die Leute, wenn ich annehme, daß sie mit dem Programm nicht zurechtkommen, oder spricht es gegen sie?
Der Junge, der immer mit dem Traktor kommt. Ganz traurige Figur in seiner Überlautstärke, seinem anbiedernden Kumpeltum. Er dreht völlig durch, als sie ihm seine Maschine stehlen. Nur aus Jux, meinen sie. Doch er erkennt sich mit einem Schlag in seiner ganzen Armseligkeit. Manche erkennen sich nie so, andere sehr langsam, bröckchenweises Alleinsein. Er tut mir furchtbar leid, wie er draußen herumbrüllt und weint, seine ach so tollen Freunde ruft und verspricht, daß er nie, nie, nie wieder hierherkommt. Er steht nicht mehr an der Bar, als ich, Stunden später, gehe. Wenn es irgendwo Gnade gibt, wird es noch vierzig Jahre dauern, bis er versteht.
Vielleicht werde ich bis dahin auch die quälende Frage los, wieviel uns beide eigentlich trennt.
Ich beruhige ihn, draußen im Dunkeln, und überrede ihn, daß er sich die Fahrerei noch einmal überlegt. Mir ist kalt, und ich gehe wieder rein. Es dauert fast eine Stunde, bis ich ihn wegfahren höre. Ich würde es gern einen Teilerfolg nennen.

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Dienstagabend, Halloween nennen sie es. Zu viele Menschen, davon zu wenige, die ich sehen möchte. Ich rede über Achtzwanziger und Neundreißiger, über Drei-D-Sitze und Schmetterlingsmähwerke. Als sich die Möglichkeit ergibt, verschwinde ich einfach. Es fällt niemandem auf.

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Daß ich am nächsten Morgen auf dem Gerüst herumklettere, um die Tarnnetze wieder von der Hallendecke zu reißen, ist selbstverständlich. Und daß ich meinen beiden kleinen Fans zu ihrem zweiten Geburtstag irgendein Süßzeug auf das Geschenk klebe, das die beiden nicht essen dürfen, auch. Es folgt Gebrüll.

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Vier Tage Kinderfreizeit. Wieder so ein Unsinn mit Kindern. Waldspaziergang mit dem Förster bei leichtem Schneefall. Nur ein Kind ohne Jacke. Teilerfolg bei der Elternvorbereitung, würde ich sagen. Ich gebe dem Kind meine Jacke. Es ist kalt.

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Die Tochter des Försters am Nachmittag. Ich erkläre ihr, wie das hier so ist mit den Hütten und Bauwägen, an welche Jugendlichen man herankommt, und an welche nicht. Ich rede vom Club und von der Jugendinitiative, von öffentlich und privat, von Subkultur, Parallelkultur, meine Güte, sie gefällt mir eben. Sie erzählt, daß sie hierherzieht, und daß sie Sozialpädagogin ist. Außerdem hat sie einen Freund. Ich werte das mal als Teilerfolg. Es ist kalt.

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Wir düsen nach Aalen, die Fahranfängerin und ich. Fahren möchte sie nicht. "Ist ja kein Diesel", meint sie, und als ich ihr die Nachteile des Heckantriebs auf einer nassen Straße vorführe, hält sie sich nur mit einer Hand fest. Mit der anderen hält sie sich die Augen zu. Teilerfolg und kalt, Sie wissen schon.

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Einkaufen mit dem Hexenmädchen. Sie stürzt uns in Unkosten mit Schwämmen und Tüchern, und ich finde nicht einmal Goldspray und Essigessenz. Teilerf... ja ja.

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Und daß die Frage, welcher Betreuer in der Nacht auf Sonntag das Klo versaut hat, schlußendlich doch nicht ins Quiz aufgenommen wurde, lag sicher nicht an mir.

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Der Junge mit dem polnischen Spitznamen, er hat schon gut einen in der Krone, als wir uns ans Tischfußball wagen. Er gewinnt knapp, dreht sich um, reckt die Arme hoch, und fällt wortlos um. Aufs Sofa, immerhin.

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Ich werde sie vermissen, die ganzen Blagen, bis einige von ihnen, in fünf, sechs Jahren vielleicht, wieder im Jugendhaus auftauchen werden, als Jugendliche dann, sich auf den Sofas fläzend, erste Zigaretten rauchend und erste Biere trinkend. Wenn ich dann noch da bin, werde ich sie an den Ohren schnappen, ihnen die Kippen von den Lippen reißen und die Flaschen aus den Händen. Sie werden es trotzdem tun. Das tun sie alle.
Ich mache es trotzdem. Ich mag diese Gören, die in einer ruhigen Minute den ganzen Frust abladen können, den eine Zehnjährige mit zwei älteren Schwestern im selben Zimmer haben kann. Ich mag das Gör, das Grimassen schneidet und Hundeleckerlis an die Jungs verfüttert. "Alle banane", grinst sie. Ich mag die beiden schlaksigen Kerle, die mit ihren Fackeln eben probieren müssen, ob so ein Wald wirklich brennen kann. Das eifrige Basteln. Ach, ich habe es sogar gemocht, mich schminken zu lassen.
Ich bin auf jeden Fall wieder dabei.

Rauchzeichen




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