Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Donnerstag, 16. 11 17

16.11.17, 17:37 | '10000 lightyears from home'
Am Montag schon die ersten Schneeflocken, auf dem Weg zur Arbeit im Schein der Stirnlampe. Die gingen noch schnell in triefenden Regen über, wie das immer so ist, wenn ich erst aus der Stadt heraus bin. Hinter der Autobahn, hinter dem letzten Hügel fängt es dann meist richtig an zu regnen, und ich bin mir sicher, daß das irgendwie genau so beabsichtigt ist, weil Demut und so, aber das sind dann schon die schlechten Tage. An den guten Tagen freue ich mich einfach so weiter vor mich hin.

Heute dann leichter Nebel, auf dem Weg dichter werdend, und bald begegne ich wieder den Schneeflocken, die im kaltweißen Licht aufblitzen und leuchten, bis sie aus dem Lichtkegel fallen. Vielleicht ist es nur Feinstaub, denke ich, und vielleicht auch nur ausfallender Nebel. Fällt Nebel nun aus, frage ich mich, und versinke in wilder Sucherei, die mich lehrt, das Ausfällen auch aufgrund einer Übersättigung stattfinden kann, und als Laie denke ich mir dabei einen Nebel, der sich in kältere Regionen bewegt, wo die Löslichkeit von Wasser in der Luft absinkt. Allerdings ist der Nebel schon keine Lösung mehr, denn dort ist das Wasser bereits zu feinen Tröpfchen kondensiert, weil eben die Wasseraufnahmefähigkeit der Luft überschritten, die Luft übersättigt mit Wasser ist. Wäre nun der Übergang aus der Lösung zur Schneeflocke ein indirekter mit dem Weg über den Wassertropfen, so müsste ich korrekt von Erstarren reden. Im anderen Fall, daß die Schneeflocke nun direkt aus dem gelösten Wasserdampf entsteht, von Resublimation. Die Kristallbildung des Schnees ist nun aber ein Thema für sich, und zwar eines, das ich leider nicht soweit verstanden habe, um davon erzählen zu können. Man hat es nicht leicht mit den Blogs und der Wahrheit, wenn man nun mal kein Physiker ist, und kein Wetterfrosch, sondern lediglich einer, der eben im Regen auf dem Rad naß wird und versucht, die ersten Schneeflocken mit der Zunge zu fangen, sie anzuhauchen und in einem Aufglühen schmelzen zu sehen. Aber nun, so romantisch ist der tägliche Arbeitsweg nun auch wieder nicht.

Besser als im Auto ist er allemal. Denn aufgrund von Gegebenheiten hat sich die Zahl der verfügbaren Parkplätze stark reduziert und so einen Vorgang eingeleitet, den ich das Rattenrennen nenne. Nun sind alle, oder wenigstens die meisten - und ich wollte schon immer mal wenig und meist in einen Zusammenhang bringen - sehr sehr früh am Morgen im Büro und dabei sehr sehr schlecht gelaunt, während andere sehr sehr spät mit irgendwelchen Hilfsbussen auftauchen, was aber an der Zahl der verfügbaren Parkplätze und an der allgemein sehr sehr schlechten Laune nicht viel ändert. Erst am Freitag spüre ich Besserung, denn die meisten halten das unmenschlich frühe Aufstehen nicht die ganze Woche über durch, oder sie kommen nur noch vier Tage die Woche, wer weiß das schon.

Ich jedenfalls trinke den warmen, gesüßten Kaffee aus meiner neuen Thermoskanne, die mich dran erinnert, daß man nicht alles Alte ewig nutzen muß. Die alte Kanne, die war quasi noch ein Erbstück, von meinem Senior für seine ersten Baustellen erworben, in Leder eingebunden und mittlerweile leider völlig untauglich. Zwar noch dicht, aber nicht mehr isolierend, schwer und groß und unhandlich, habe ich sie dann versehentlich fallen lassen, was sie mit Splittern quittierte. Ich überraschte mich anschließend selbst, indem ich kurzerhand eine neue Kanne kaufte, in der Ramschabteilung des riesigen Kellermarktes, den ich regelmäßig nutze, weil er mir halt am nächsten liegt. Nun ist die neue Kanne außen kleiner, innen größer, leichter und länger warm.

Der Mensch entfremdet sich, so schrieb ich eben an jemanden, nicht mehr nur von der Natur, sondern gleich von der ganzen Umwelt. Von Licht und Luft, von Temperatur und Geruch. Ja, schreibt man mir zurück, da hast Du sicher recht. Ein gelbes Zwinkern, ein halber Satz. Ich für meinen Teil setze mich nun aufs Rad, denke ich. Denn das Auto trägt das Private mit in die Öffentlichkeit, das sage ich ja schon lang, aber es trennt eben auch den Menschen von der Welt.
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