Ich habe ein neues Thermometer. Mit Hygrometer, Barometer, Anzeige für Sonnenauf- und untergangszeit und schicken Wolken drauf, die bei schönem Wetter angeblich verschwinden sollen.
Die Zeiten für Sonnenauf- und untergang müssen berechnet werden, was zwar Blödsinn ist, weil ich einfach aufstehe, wenn es hell wird, und da könnte ich ja auch einfach auf die Uhr - aber das wissen die Hersteller schließlich nicht.
Jedenfalls habe ich ein wenig mit den Einstellungen herumgespielt und festgestellt, daß die Sonne in der großen Stadt fast fünf Minuten später aufgeht als hier. Und früher wieder unter. Das mag ja alles unerheblich sein, aber ich mag Sonne. Ich stehe auf, wenn die Sonne scheint, falls ich das noch nicht erwähnt habe. Das heißt auch, daß ich liegenbleibe, solange es dunkel ist. Außer ich muß.
Wenn man nun morgens in aller Herrgottsfrühe muß, steigt man noch im Dunkeln in den Zug, und genauso bin ich dann auch gelaunt. Und dann komme ich in der großen Stadt an, und dort wird es fünf Minuten später hell! Unverschämtheit! Diebstahl!
Und dann komme ich abends wieder aus einem dieser Hochhäuser, gebleicht vom Neonlicht, und sehe die Sonne eben noch so in der schlechten Luft verschwinden. Und dann fahre ich nach Hause, und wieder fehlen mir fünf Minuten Sonne. Das sind zehn Minuten. Jeden Tag.
Das dürfte als Grund völlig ausreichen, daß ich heute aus Trotz und zu Recht nicht in die große Stadt gefahren bin. Ha! So leicht bekommt ihr mich nicht, und zur Arbeit fahre ich ostwärts, und dann holt mich die Sonne und euch die Nacht. Oder so.

(Genau diese Argumentation werde ich übrigens morgen früh nutzen und mich noch einmal für genau die fünf Minuten umdrehen, die mir rein rechtlich gesehen zustehen, und dann werde ich meinen Zug verpassen und zu Hause bleiben.)