Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Samstag, 26. 01 19

26.01.19, 09:26 | 'From a distance'
Ich sehe in mir auch einen Wanderer. Hier und da, dieses Spiel treibe ich nun schon mein ganzes Erwachsenenleben. In jeder Woche ein Tag mit leerem Kühlschrank, ein Tag voller Heimfahrtvorfreude, ein Tag, der auf die abendliche Abfahrt zusteuert. Die Heimkehr ins warme Haus, den Rucksack von der Schulter werfen, und dann die Rückkehr in ein kaltes, dunkles und stilles Zimmer. Ob mir das fehlen wird? Wir werden es sehen.

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Vor Ideen sprühe ich gerade, und das zeigt, daß der Gedanke an Veränderung so schlecht nicht sein kann. Arbeit auf der Biogasanlage, eine Lehrtätigkeit, eine längere Ausbildung, eine kleine Nebenbeiselbständigkeit. Längst nicht alles ist gesichert, doch es bewahrheitet sich, was mir die Bäurin in die Weihnachtspost geschrieben hat: Wer aufhört, zu träumen, zu hoffen und Pläne zu schmieden, der hat aufgehört, zu leben. Nun denn ins Leben.

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Zwei Kollegen werde ich beschenken. Den Chef, den wohlmeinenden, der mich so weit begleitet und gestützt hat, und der immer wieder nicht wußte ob Lachen oder Kopfschütteln ob meines Schwabentums, der bekommt Thaddäus Trolls "Deutschland, deine Schwaben", und der Kollege, der leuchtende und weise, dessen Rat und Ruhe und dessen hellklares Denken mir so sehr fehlen werden, der auf Popmusik und Graphic Novels abfährt, dem habe ich Walter Moers' "Rumo & die Wunder im Dunkeln" zugedacht.

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Wir werden sehen.
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Montag, 31. 10 16

31.10.16, 18:30 | 'From a distance'
Es ist wie immer schwer, den Sommer zu begraben, indem ich das Motorrad einwintere. Eine letzte Runde in der Sonne, schon mit dem Blick auf die Uhr und die vorletzte Tankstelle, wo ich den Stabilisator zumische. Noch ein paar Kilometer, noch einmal tanken. Randvoll diesmal. Noch ein Schluck. Am Ende sind es vier Euro und einundsechzig, die Kassiererin rundet ab und lächelt: Saisonende. Ein bißchen durch den Stau, dann rückwärts durch die enge Tür, die Rampe über die Eingangsstufe hinunter. Vorsichtig aufbocken, erst hinten, dann vorne. Die Batterie ausbauen, an der Verkleidung hat sich eine Schraube gelöst und ist verlorengegangen. Am Lenker fehlt links der Endstöpsel. Dabei sind wir so wenig nur gefahren, wir zwei. Ich versprühe ein wenig Korrosionsschutz auf alles, was glänzt. Hoppla, in Gedanken - Memo an mich: im Frühjahr vielleicht auf die vorderen Bremsscheiben ein wenig Bremsenreiniger auftragen. Oder ein wenig mehr. Nun ja. Dann schließe ich die Tür. Es ist ja auch schon frisch draußen. Als ob mich das stören würde! Das Saisonkennzeichen ist nur ein Zugeständnis an die Vernunft, und so ignoriere ich den November, bis es nicht mehr geht. Letztes Jahr mußte ich im Dunkeln einwintern, weil das Kennzeichen schon nicht mehr zur letzten Ausfahrt passte. Dann stehe ich in der Tür, schaue auf sie hinab. Erwartungsvoll, glänzend, völlig ruhig steht sie auf den beiden knallroten Böcken da. Ohne Dich, denke ich, wäre ich in der Finanzierung schon ein Stück weiter. Aber ich bin kein Betriebswirtschaftler, sondern Motorradfahrer, und so bleibt der Gedanke fad und dünn, als würde mir jemand etwas ungeliebtes zum tausendsten Mal erzählen. Jaja, denke ich, und dann denke ich zurück an die schönen Ausfahrten. In der großen Stadt haben wir mal eine Nacht in einer engen, steilen Straße geparkt, weißt Du das noch? An den See sind wir gefahren, in der Straßenmitte geparkt, und dann war ich sehr lange weg, um in der Sonne zu sitzen und sehr begeistert über einen Fehler nachzudenken. Nur begeisternde Fehler sind die guten, weißt Du das? Ich merke mir, daß Dein Hinterreifen doch einiges an Druck verloren hatte. Auch daran muß ich im Frühjahr denken. Bis dahin bleibt das Denken ja nicht aus. Ich denke an die nächsten Ausfahrten. An Berge und Seen. Und ob ich Dich im nächsten Jahr überhaupt noch dort oben auf der Alb im Schotter abstellen werde. Ich weiß noch nicht, ich muß es auch noch nicht wissen, glaube ich. Die Sonne ist weg, als ich in Richtung meines kleinen Tales fahre. Und dann sitze ich am Fenster über dem Tal und sehe den Himmel in die blaue Stunde gleiten, und ich denke daran, daß wir das bald wieder zusammen tun können. Hatten wir das überhaupt in diesem Jahr? Sicher nicht genug davon. Nicht genug draußen, nicht genug auf zwei Rädern, nicht genug mit den Fingern am Fels, nicht genug ins Wasser gehüpft. Da muß noch ein Sommer kommen, nach diesem Winter. Ein Sommer für uns beide.
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Montag, 10. 08 15

10.08.15, 16:15 | 'From a distance'
Eines dieser ganz raren Bilder aus meiner Kindheit: Mein Vater am Esstisch sitzend, ein Buch, ein Glas und eine Flasche Wein vor sich, auf dem Schoß ein brüllendes Kind, bis morgens um vier, damit überhaupt jemand schlafen konnte.
Er selbst erwähnt das nie, verwendet das nie. Sagt jetzt lächelnd, als ihm das abgerungen wird, er hätte selten so viel Zeit zum Lesen gehabt. Ob er in diesen Jahren je geschlafen hat, ob meine Mutter sich je ausruhen konnte, ich weiß es nicht.
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Dienstag, 26. 08 14

26.08.14, 18:03 | 'From a distance'
Die Hoffnungslosigkeit nimmt den Druck, macht mich frei. Die Trauer breitet sich aus, wird weniger dicht und weniger drückend.
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Mittwoch, 18. 06 14

18.06.14, 12:55 | 'From a distance'
Godspeed, kleine A. Besonders heute, an Deinem Geburtstag.
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Freitag, 19. 04 13

19.04.13, 14:40 | 'From a distance'
Ich möchte das nicht mehr für Dich tun, und mich doch nicht einschränken lassen.

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Ich habe mich genug verausgabt. Ich ertrage wieder Abende.

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In Hose und Trikot laufe ich durch das abendstille Bürogebäude. Einfach mal machen, denke ich, als die Tür piept und die teppichbeklebten Platten unter meinen Füßen klappern.

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Zu dritt stehen wir dann auf meinem Balkon, öffnen Flaschen und wenden das Fleisch auf dem Grill. Es ist lau, es ist halbdunkel, und es läuft leise Musik.

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Das Training nicht unterschätzen. Aber auch nicht zu hoch steigern.

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Eine Nachricht von einem sonnigen Plätzchen mitten in Österreich.

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Segeln.

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Statt zu putzen koche ich nur und setze mich mit einem Buch auf den Balkon. In allen Fenstern gegenüber flackert es, und einmal höre ich die halbe Stadt aufschreien. Irgendwo ist heute Fußball, doch das Flackern ist jeden Tag.

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Ehrliche Anstrengung und die Mischung aus Versuch und Erfolg.

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"Der Muskel muß wissen, daß er wachsen soll."

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Was Du mir gabst.

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Ich sitze draußen, ein warmes Telefon und eine kühle Flasche in den Händen. Das ist also dieses Leben.

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Ich sollte es versuchen, denke ich. Mich erklären. Dann denke ich, daß ich mich schon erklärt habe. Und mir keinen Versuch mehr versprach. Nun Du. Aber ich will doch verstanden werden, denke ich. Und Du willst nicht verstehen, glaube ich. Das sind ja sehr unterschiedliche Voraussetzungen, und wie man sich darüber verständigt, weiß ich auch nicht.

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Vom Glück, einem Wahnsinnigen gegenüber sitzen zu dürfen. Vom Glück, mit Geld Vergnügen kaufen zu dürfen. Vom Glück, nicht genau zu wissen, was man tun soll.

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Nach hause.
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Freitag, 14. 12 12

14.12.12, 08:47 | 'From a distance'
Ich möchte in den Stall, morgens und abends und, weil man am besten mag, was man sowieso muß.
Ich möchte mit Freunden am knisternden Ofen sitzen.
Ich möchte lachen und singen und tanzen. Auf den rutschigen Fliesen der Waldhütte, auf dem alten Linoleum des Clubs, auf dem unendlich zähen Boden des Jugendhauses, auf dem Bretterboden der Hütten.
Ich möchte durch den Schnee stampfen.
Ich möchte Bilder machen.
Ich möchte Ski fahren, tags und nachts, und mit dem Skirad rasen, stürzen, steigen.
Ich möchte im Wald für Holz sorgen und abends vor dem Kamin sitzen, in dem das Holz des letzten Winters brennt.
Ich möchte die Bücher lesen, die hier schon Monate liegen.
Ich möchte neue Bücher dazulegen.
Ich möchte, daß mein Magen sich vom winselnden Sensibelchen wieder in das alte Eisenschwein verwandelt.
Ich möchte nachts laufen und mir den Himmel anschauen.
Ich möchte klopfen, schweißen und basteln, Material einkaufen und Material verbauen.
Ich möchte eine Holzkiste für all die Pulvertütchen, die eine Küche eben so hat.
Ich möchte die Lampe bauen, deren Holz hier schon zu lange liegt.
Ich möchte einem Freund eine wundervolle Hochzeit bereiten, mit der Braut tanzen und am nächsten Morgen verkatert frühstücken.
Ich möchte einen Sessel, wie ich einmal ein Sofa wollte.
Ich möchte glauben, daß ich nur genügend Polster besitzen muß, um sie zu nutzen.
Ich möchte ein Seil.
Ich möchte mit denen reden, mit denen ich zu selten rede, die sehen, die ich zu selten sehe.
Ich möchte Musik machen, mit meinen acht Tönen auf der Mundharmonika und meinen vier Akkorden auf der Gitarre.

Was man alles so möchte, wenn man nicht bekommen kann, was man will.
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Mittwoch, 24. 10 12

24.10.12, 10:31 | 'From a distance'
Ich radle zwanzig Kilometer am Tag. Ich klettere zwei Mal die Woche. Ich arbeite körperlich, wenn auch nur einen Tag in der Woche. Ich esse wenig. Und wenn ich ehrlich bin, gefallen mir die eingefallenen Wangen im Spiegel wieder.
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Mittwoch, 27. 04 11

27.04.11, 20:40 | 'From a distance'
Das Mädchen auf dem Flur vor der Kaffeeküche, aus entfernter tunnelartiger Perspektive auf dem blauen Teppichboden, eine große Kanne in der Hand, den Arm gewinkelt, mit dem andern gestützt, und wie klein und verletzlich es da plötzlich wirkte.
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Dienstag, 6. 10 09

06.10.09, 19:51 | 'From a distance'
Am Straßenrand eine Autoschlange, die sich fast um den ganzen See windte. Dieser, wunderbar blau und langgestreckt, hat flache Ufer und schaukelt die Boote an ihren Ankerleinen. In der Luft Kitedrachen in Neonfarben, etwas tiefer die Segel und Riggs der Surfer. Die Kiter sind schneller, ihre Gischtspuren schäumender, und manchmal springt einer meterhoch durch die Luft, während es nebenan einen Surfer ins Wasser wirft. Gleich taucht er wieder auf, schüttelt sich das Wasser aus dem Haar und klettert zurück auf das Brett. Neoprenanzüge, denke ich, und daß ich das auch wieder machen möchte, und daß ich Menschen kennen möchte, die sich sonntags mit ihren Boards und ihren Anzügen und Segeln und Freunden und Picknickkörben in ihre Autos setzen und an Seen fahren, um zu Spaß zu haben und Sport zu treiben. Kurz darauf stehen wir im Stau und ich wende mich prostend dem Gelächter zu.
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