Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.

27.08.06, 15:42 | 'Overdressed im Schlafanzug'
Ambivalentes Gefühl dem Freund gegenüer, der, ruckartig verlassen, mit mir an der Bar steht. Unsicheres Grienen. Alles, was er aus den letzten anderthalb Jahren erzählt, ist mir unbekannt. Da war in unseren Leben, die beiden Fahrspuren einer zweispurigen Autobahn, plötzlich eine Baustelle, Umleitung, links nur zwei Meter breit, rechts behäbiger Lastwagenverkehr. Zwischen uns die Barriere, Leitplanke mit rotweißen Warnbaken.
Seltsam, einen Menschen nur als Trennendes zu empfinden. Dabei mochte ich sie.
Jetzt Ende der Baustelle, Ende der Geschwindigkeitsbegrenzung. Gemeinsames Beschleunigen.
Sachtes Fühlen, ob sich vielleicht in anderthalb Jahren an der Drehzahl des anderen etwas getan hat: Immer noch Gleichklang, synchronisiert leben oder doch nur Leben im Windschatten? Kein Wettrennen, beileibe nicht, nur eine Differenz der verbrauchs- und leistungsoptimalen Drehzahlen. Haben Menschen ein veränderliches Kennfeld? Oder nur unterschiedliche Drehzahlen?
Wir gehen also aus, friday night in town.
Sofort wieder wahrgenommen als Duo, keiner der drei anderen klinkt sich ein. Wir beide im Hemd, blankgeputzte Schuhe, gegenseitiges Angrinsen. Und die Überwindung an der Tür. Fremde Furcht gibt Mut. Rein da, Mädel, sage ich.
Später, viel später sitzen wir da, während vor dem Fenster ein Mädchen in den Rinnstein erbricht, sich die langen Haare aus dem Gesicht hält. Beidhändig. Betrunken kippt sie kopfüber in die Brühe. Immer eine Hand am Mast, denke ich, Festhalten, was fest steht; Lehre fürs Leben.
Was habe ich gelernt in den anderthalb Jahren? Nur die Entscheidungen, diese "nie wieder", die sollte man garnicht treffen, nie wieder quasi. (Was das Lernen ja dann auch wieder relativiert.) Trotzdem: dieses Endgültige, das kann man nicht entscheiden, das ergibt sich.

Rauchzeichen