03.05.20, 22:35 | 'Single Trails'
Mit krampfender Lunge trete ich in die Pedale, halte den Kurbeltrieb gerade noch so am Laufen. Kiesel knirschen unter den Reifen, der Kalk staubt leicht. Warum Menschen auf Gipfeln stehen wollen, frage ich mich, weit über den Lenker gebeugt, so daß die Schweißtropfen von meinem Kinn auf den Vorbau triefen. Sich selbst oben sehen? Über- oder Weitsicht? Mein Blick folgt den bekannten Wegen, sieht die durchfahrenen Kehren und verfluchten Steigungen von Weitem - von weiter oben und vor allem: von danach. Ich schaue weiter, zu Wegen, deren Verlauf ich aus der Nähe anders aufgenommen hatte. Von dort bin ich also gekommen, und da bin ich hingefahen. War die Kurve doch so eng, waren es doch mehr Kurven als gezählt, und die Route dann vielleicht doch so verschlungen, daß der Weg zum Umweg wurde. Und weiter hinten, neue Wege. Sie spannen mir schon den Fuß im Schuh, denn ich will nun auch die von Nahem sehen, die aus der Ferne ich entdeckte. Ich mag den Wechsel zwischen Fern und Nah, und ich mag die Entdeckungen aus beiden Sichten. Und zuletzt mag ich mich bewegen, mag keinen Tag ganz stille stehen. Drum muß ich los, die Hände an den Lenker. Die Pedale rasten ein, die Beine müssen sich wieder mühen. Es kommt ja immer noch ein Gipfel, und wenn ich nur alle irgendwie erklimmen kann, um mehr zu sehen, nach vorn eben wie nach hinten. Dann will ich alle Tage zufrieden sein.