... Vorwärts fahren
28.11.18, 23:32 | 'Nicht nur logisch, sondern schoen'
Ach je, Privilegien. Privilegien, lese ich hier, sind Vorrechte, die einer bestimmten Person oder Personengruppe zugestanden werden. So weit die Übernahme aus dem verlinkten Text, so weit auch Wikipedia, so weit auch jede andere mir bisher bekannte Definition, so unspektakulär, so übereinstimmend. Wenn mal genügend Leute auf einer Definition herumgekaut haben, kann ich sie meist ganz tapfer schlucken.
Doch dabei bleibt der Text nicht. Er führt Beispiele an: Frieden, Demokratie, Freiheit, Bildung, ein Gesundheitssystem, Reisefreiheit. Und da komme ich ins Grübeln, was noch so hinter der Definition des Privilegs stehen könnte. Zunächst einmal das Vorrecht. Dieses Privileg teilt Menschen also in zwei Gruppen: die mit und die ohne das Vorrecht. Klar, denn hätten es alle, wäre es ja kein Unterscheidungsmerkmal und somit kein Vorrecht mehr. Nun ist das Vorrecht ja ein Recht und damit begrifflich klar getrennt von seiner Ausübung. Aber dazu später. Zunächst zurück zur Definition des Privilegs im Passiv. Zugestanden werden. Von wem denn? Von einer der beiden Gruppen? Von einer dritten außerhalb? Alles möglich, und daher muß es zumindest drei Gruppen geben, wobei die dritte sich beliebig inner- und außerhalb der ersten und zweiten bilden kann. (Dies unterscheidet das Privileg vom Vorteil, mit dem es gern verwechselt wird. Denn ein Vorteil kann gewährt werden, er kann aber auch inhärent sein oder Zufall. Stehe ich im Tal, trifft mich die Flut eher als den am Gipfel Sitzenden. Gewiß ein Vorteil, nicht zwingend jedoch ein Privileg.) In einer Demokratie, oben bereits als Privileg aufgeführt, entscheiden beide Gruppen gemeinsam über die Verteilung der Vorrechte. Das mag die Demokratie zu einem Glücksfall machen, aber eben nicht zu einem Privileg an sich: denn sie gilt zwar für eine Gruppe und für andere nicht, aber es fehlt das Entscheidungsgremium. Es gibt keine dritte Gruppe, die entscheidet, daß für die einen nun Demokratie gelte und für andere nicht. Es mögen einzelne sein, die eine Demokratie verhindern (erzwingen können sie diese nicht, es widersrpräche ja dem Wesen der Demokratie als solche), doch damit sprechen sie kein Vorrecht für die Privilegierten aus. So mag ein Diktator die Demokratie im einen Land verhindern, spricht sie dadurch aber keinem anderen Land zu. Wir lernen: Nur weil etwas nicht alle haben, wird es noch nicht zum Privileg. Und dazu: Was alle haben, kann kein Privileg mehr sein. Zuletzt: Ein Privileg kann einen Vorteil darstellen, ein Vorteil muß jedoch kein Privileg enthalten.
Auch die Gesundheit führt der Text als Vorrecht an, gar als unglaubliches Privileg, und untermalt dies mit einem Zitat, daß es kein Verdienst sei, sondern ein Geschenk, nicht behindert zu sein. Wir können nun auf das Verdienst eingehen, das keinesfalls zum Privileg gehören muß. Das Beispiel der Altersgrenze beim Führerscheinerwerb soll dies verdeutlichen: Denn es ist ein Privileg des (annähernd) Volljährigen, einen Führerschein erwerben zu dürfen, aber sicher kein Verdienst, dieses Alter zu erreichen. Auch umgekehrt trennt sich das Verdienst vom Privileg: denn eine Medaille bei einem Sportwettkampf zeugt vom Verdienst, und nicht vom Privileg des Sieges. Vielleicht vom Glück, von einem bereits im Zitat erwähnten Geschenk unbestimmbarer Herkunft, doch nicht von einem Gremium, das eine Gruppe an Siegern wider allen Verlierern privilegiert.
Es gibt sie also alle drei: Das Glück, das Verdienst, das Privileg. Es mag noch ein Viertes geben, wenn auch das Glück nur schwer davon zu trennen ist: Das Vermögen. Man mag dem Blinden das Recht zugestehen, im Kino stets den besten Platz zu besetzen, und er vermag doch den Film, das Privileg, nicht zu nutzen. Man mag den Blinden durch den Kleingeistigen ersetzen, und das Kino durch den Hörsaal, das Glück wird völlig aus dem Bild verschwinden, denn das Privileg bedeutet in diesem Fall kein Glück, es bleibt das Unvermögen. Und wo wir beim Hörsaal sind, nennt der Text die Bildung als Privileg, ohne allerdings weit über die Kinderbücher hinauszugehen. Nun also dieses, und darin zeigt sich auch schon, daß das vermeintliche Privileg weit über das Vorrecht hinausgeht: Es gehört nicht nur dazu, das Lesen lernen zu dürfen, es gehört das Vermögen dazu und das eigene Verdienst, das Lernen, um schlußendlich lesen zu können. Und natürlich darf, wer lesen kann, sich glücklich fühlen. Wir sehen also: Nicht alles, was glückt oder beglückt, ist ein Privileg, und nicht jedes Privileg wird einfach so zum Glück, zum Vorteil. Und zuletzt ist nicht jedes Privileg ein verachtenswertes Unding - die Altersgrenze zum Führerscheinerwerb hat sich durchaus ebenso bewährt wie die Einschränkung, daß nur Einsatzfahrzeuge unter Sondersignal über rote Ampeln fahren dürfen. Aber selbst da kann man, wie bei allen Privilegien, sicher anderer Meinung sein.
Doch dabei bleibt der Text nicht. Er führt Beispiele an: Frieden, Demokratie, Freiheit, Bildung, ein Gesundheitssystem, Reisefreiheit. Und da komme ich ins Grübeln, was noch so hinter der Definition des Privilegs stehen könnte. Zunächst einmal das Vorrecht. Dieses Privileg teilt Menschen also in zwei Gruppen: die mit und die ohne das Vorrecht. Klar, denn hätten es alle, wäre es ja kein Unterscheidungsmerkmal und somit kein Vorrecht mehr. Nun ist das Vorrecht ja ein Recht und damit begrifflich klar getrennt von seiner Ausübung. Aber dazu später. Zunächst zurück zur Definition des Privilegs im Passiv. Zugestanden werden. Von wem denn? Von einer der beiden Gruppen? Von einer dritten außerhalb? Alles möglich, und daher muß es zumindest drei Gruppen geben, wobei die dritte sich beliebig inner- und außerhalb der ersten und zweiten bilden kann. (Dies unterscheidet das Privileg vom Vorteil, mit dem es gern verwechselt wird. Denn ein Vorteil kann gewährt werden, er kann aber auch inhärent sein oder Zufall. Stehe ich im Tal, trifft mich die Flut eher als den am Gipfel Sitzenden. Gewiß ein Vorteil, nicht zwingend jedoch ein Privileg.) In einer Demokratie, oben bereits als Privileg aufgeführt, entscheiden beide Gruppen gemeinsam über die Verteilung der Vorrechte. Das mag die Demokratie zu einem Glücksfall machen, aber eben nicht zu einem Privileg an sich: denn sie gilt zwar für eine Gruppe und für andere nicht, aber es fehlt das Entscheidungsgremium. Es gibt keine dritte Gruppe, die entscheidet, daß für die einen nun Demokratie gelte und für andere nicht. Es mögen einzelne sein, die eine Demokratie verhindern (erzwingen können sie diese nicht, es widersrpräche ja dem Wesen der Demokratie als solche), doch damit sprechen sie kein Vorrecht für die Privilegierten aus. So mag ein Diktator die Demokratie im einen Land verhindern, spricht sie dadurch aber keinem anderen Land zu. Wir lernen: Nur weil etwas nicht alle haben, wird es noch nicht zum Privileg. Und dazu: Was alle haben, kann kein Privileg mehr sein. Zuletzt: Ein Privileg kann einen Vorteil darstellen, ein Vorteil muß jedoch kein Privileg enthalten.
Auch die Gesundheit führt der Text als Vorrecht an, gar als unglaubliches Privileg, und untermalt dies mit einem Zitat, daß es kein Verdienst sei, sondern ein Geschenk, nicht behindert zu sein. Wir können nun auf das Verdienst eingehen, das keinesfalls zum Privileg gehören muß. Das Beispiel der Altersgrenze beim Führerscheinerwerb soll dies verdeutlichen: Denn es ist ein Privileg des (annähernd) Volljährigen, einen Führerschein erwerben zu dürfen, aber sicher kein Verdienst, dieses Alter zu erreichen. Auch umgekehrt trennt sich das Verdienst vom Privileg: denn eine Medaille bei einem Sportwettkampf zeugt vom Verdienst, und nicht vom Privileg des Sieges. Vielleicht vom Glück, von einem bereits im Zitat erwähnten Geschenk unbestimmbarer Herkunft, doch nicht von einem Gremium, das eine Gruppe an Siegern wider allen Verlierern privilegiert.
Es gibt sie also alle drei: Das Glück, das Verdienst, das Privileg. Es mag noch ein Viertes geben, wenn auch das Glück nur schwer davon zu trennen ist: Das Vermögen. Man mag dem Blinden das Recht zugestehen, im Kino stets den besten Platz zu besetzen, und er vermag doch den Film, das Privileg, nicht zu nutzen. Man mag den Blinden durch den Kleingeistigen ersetzen, und das Kino durch den Hörsaal, das Glück wird völlig aus dem Bild verschwinden, denn das Privileg bedeutet in diesem Fall kein Glück, es bleibt das Unvermögen. Und wo wir beim Hörsaal sind, nennt der Text die Bildung als Privileg, ohne allerdings weit über die Kinderbücher hinauszugehen. Nun also dieses, und darin zeigt sich auch schon, daß das vermeintliche Privileg weit über das Vorrecht hinausgeht: Es gehört nicht nur dazu, das Lesen lernen zu dürfen, es gehört das Vermögen dazu und das eigene Verdienst, das Lernen, um schlußendlich lesen zu können. Und natürlich darf, wer lesen kann, sich glücklich fühlen. Wir sehen also: Nicht alles, was glückt oder beglückt, ist ein Privileg, und nicht jedes Privileg wird einfach so zum Glück, zum Vorteil. Und zuletzt ist nicht jedes Privileg ein verachtenswertes Unding - die Altersgrenze zum Führerscheinerwerb hat sich durchaus ebenso bewährt wie die Einschränkung, daß nur Einsatzfahrzeuge unter Sondersignal über rote Ampeln fahren dürfen. Aber selbst da kann man, wie bei allen Privilegien, sicher anderer Meinung sein.
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