Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Donnerstag, 6. 07 17

06.07.17, 09:49 | 'Entwachsen'
Irgendwann von der Sonne geweckt worden. Über allem liegt das Unpassende, sich in meinem Alter noch im Elternhaus aufzuhalten, mag es noch so groß sein. Hinter allem liegt das Vergängliche, daß ich denn Sonnenaufgang und die leuchtendgrünen Bäume nur sehen darf, wenn ich in der Heimat bin. Daraus folgt ein Verschließen gegenüber der Heimat - ich besuche nichts, mache nichts, bin nur still hier und vermisse meine Fahrräder. Eine halbe Stunde rauscht im Hintergrund Berufsverkehr, weil im Nachbardorf gerade eine Straße gesperrt ist. Ich setze mich zum Kaffee, dann an den Rechner. Überhaupt sitze ich zuviel am Rechner, und dabei lerne ich doch zuwenig, arbeite nicht effektiv genug. Ich denke an die Zeit zurück, als ich noch richtig lernen konnte, mich einschließen über Wochen und ebenso lange konzentrieren. Angespannt und ohne Sinn für die Schönheit der Zeit war das, aber mit dem "Was sein muß, muß sein" konnte ich mich damals noch zwingen. Das fällt mir heute schwer und schwerer, aber stattdessen etwas Schönes zu tun, das kann ich auch nicht. Sogar zum Prokrastinieren zu protestantisch, und dabei wurde ich doch katholisch erzogen. Und pragmatisch genug, das übrige Toilettenpapier einer Verstorbenen weiter zu verwenden, mag es auch rosafarben sein.
Dem Telefon habe ich das Internet längst rationiert, zu Büro- und Schlafzeiten zumindest, und bei mir selbst muß ich das auch noch hinbekommen. Denn, und das ist das Schlimmste, ich überfliege nur noch, ich lese kaum mehr. Das Intensive beschränkt sich auf wenige Seiten, beim Rest trifft es der Begriff des Surfens ganz gut, fürchte ich. Arbeit am Selbst, hat einst einer geschrieben, und damals war ich noch zu beeindrucken, weniger voll vielleicht. Auch Bücher lese ich nur wenige, meine eigenen sind längst in Kisten gewandert ob des Umzugs in eine "richtige" Wohnung, der ja schon ewig nur kurz bevorsteht. Jetzt aber wirklich, und dann ist mir mein Geld doch meist zu schade, und das Provisorium lässt mir zumindest den Glauben an eine Rückkehr, auch wenn es bald fünf Jahre besteht. Immerhin steht dort jetzt ein Bett, auch wenn ich noch keinen eigenen Schrank besitze, ein Tisch, auch wenn ich nur Klappstühle habe, ein Sofa, auch wenn darauf nur die selten genutzte Gitarre und alte Socken liegen. Noch kann ich mich drücken, noch kann ich an Folien herumbasteln, wie ich noch nie an Folien gebastelt habe, und zwischendurch mit leerem Blick in dicke Bücher starren und über allem einen Sommer verpassen, mal wieder.
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