Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Montag, 12. 11 07

12.11.07, 18:43
"Kannst Du morgen pflügen?"
Ich wehre ab, ich kann nicht, schließlich muß ich morgen wieder nach Stuttgart, nach Hohenheim, zur Studienarbeit, und sowieso und überhaupt.
Gegen sieben, es ist noch diesig und kalt hier auf der Alb, steige ich auf. Vorglühen. Knöchern springt der Motor an, die Öle sind kalt, die Bewegungen ruckartig. Nur die Leuchtdioden in der Seitenkonsole leuchten zuversichtlich vor sich hin. Ich wünschte mir, sie wären morgens matt, als fühlten sie sich so klamm wie ich. Vor der Werkstatt schraube ich die Vorschäler an, der Chef rangiert den Mähdrescher heraus, der Schlagschrauber mag nicht, und schließlich ist es fast acht, als ich aus dem Hof fahre. Beim Beschleunigen steigen wir so, daß die Vorderräder kaum mehr Bodenkontakt halten können, doch ich trete das Fahrpedal bis in den Teppich, und brüllend stieben wir aus dem Ort, das Blinken der Rundumleuchte scheint nicht mehr von den Hauswänden wieder sondern verliert sich im Nebel, als die Häuser zurückbleiben.
Der Triebsatz faucht böse, als ich anhalte, und die Fuhre schaukelt noch ein wenig, da habe ich schon die Tür offen und stehe unten. Aufrecht kann ich unter dem letzten Schar durch marschieren, zur Haustür.
Der Nebel lichtet sich, die Sonne drückt ihn auf den Boden und erwürgt ihn dort, man sieht ihn fliehen, sich verkriechen. Schnurgerade Furchen, hier auf der Alb. Neben mir pflügt ein Dreischar, und ich versuche, nicht allzu gönnerhaft an ihm vorbeizuziehen. Nur wenn wir uns zufällig am Vorgewende begegnen, schauen wir uns aus den Augenwinkeln an, und ich mag die Gleichförmigkeit des Wendens, des immergleichen Ablaufs des Aushebens, Rückwärts, Vorwärts und Absenkens, dem immer wieder das Beschleunigen folgt, wenn sich alles spannt und die Räder graben, gierig Erde nach hinten werfen und der Pflug folgt, die Meißel bohren sich in die Erde, die Schare legen die Furchen um, und an diesem ewigen Entlangreiben kann ich mich nicht sattsehen.
Neben mir wächst Raps, viel zu dicht und zu grün für November. Ich werde im Winter mal vorbeischauen, wenn er vom Schnee erdrückt wird, und im Frühjahr nochmal, und dann werde ich ihn wohl vergessen, bis ich im Sommer wieder da bin, zum Dreschen vielleicht, und mich über den Ertrag wundere und mir alles wieder einfällt.
Ich beobachte die Vögel, die in der Furche herumhüpfen, die Räuber, die über dem Feld kreisen. Ich warte immer noch darauf, wieder einen Falken zu sehen. Ich liebe die Welt und ihre Schönheit, sprachlos macht sie mich und glücklich. Und dann sitze ich da, mit offenem Mund und bin einfach da. Ich habe Zeit.

Andere haben keine Zeit mehr. (Wie oft habe ich diesen Satz gelöscht? Wegen Theatralik und so - alles Mumpitz. Es ist so, und was wahr ist, das darf man sagen.) Wie mein Vetter Robert.
Ich habe Respekt. Respekt vor anderen, vor ihrer Freiheit und Unabhängigkeit. Ich lasse Menschen machen, ich lasse sie sogar gehe. Ich will nicht aufdringlich sein. Und doch überfalle ich Sie alle an dieser Stelle mit dem Hinweis auf eine Krankheit, von der zu lesen ich immer gehasst habe. Und von einer Möglichkeit zur Hilfe, von der ich auch nie lesen wollte. Denn sich mit der Heilung auseinanderzusetzen bedingt, sich auch mit der Krankheit auseinanderzusetzen.
Ich bitte Sie nicht um eine Spende, ich bitte Sie nicht um Hilfe. Ich bitte Sie darum, sich zu informieren. Und ich bitte Sie um Verzeihung für meine Aufdringlichkeit.
Denn es fällt mir selbst schwer, mich zu informieren, weiter im Thema Krebs herumzubohren, weil Unwissenheit eben Unbeschwertheit bedeutet. Ich bin kein uneigennütziger Philanthrop, sondern ich verfolge ein Ziel.
Ich möchte meinem Vetter Robert helfen. Ich will mir keine Gedanken darüber machen, nicht mehr kämpfen zu können. Vielleicht möchten Sie über Hilfe nachdenken, über das Angewiesensein, über Ihr eigenes Risiko und übers Leben an sich. Ich bitte darum.
# |  Rauchfrei | Gas geben


12.11.07, 17:29 | 'Kann Spuren von Irrsinn enthalten'
Aus dem Gedanken, gemeinsam auf dem Sofa zu sitzen, wurde ein Herumwuchten des Fernsehers vom Abstellraum ins Wohnzimmer, eine ellenlange Kabelei für Fernsehanschluß und Stereoanlage, ein gemeiner Diebstahl der Batterien aus der Tastatur für die Fernbedienung, ein siegreicher Kampf mit dem Bildschirmmenü um den Sendersuchlauf und ein verlorener um die Sendersortierung, ein Zurechtstopfen der Kissen, um im Bett - die Buchstaben haften zäh an meinem Bildschhirm, doch die Welt soll von meiner Schande wissen - halbwegs aufrecht sehen zu können und Decken, um die fernsehstarren Beine warmzuhalten.
Kaum hatte man sich eingerichtet, halb liegend, halb sitzend und wie bewegungsunfähig, da mußte die schwerste, die letzte aller Prüfungen noch überwunden werden. Rosamunde Pilcher oder Nullnullsieben, und das ist jetzt mein Ernst, das ist kein Scherz und keine Übung, und kein Spaß ist es sowieso nicht.
Der Videotext berichtete, daß in einem Schlafzimmer mit Fernseher nur halb so oft den ehelichen Pflichten nachgegangen wird wie in Schlafzimmern ohne Fernseher und ich dachte kurz darüber nach, wie es wohl sein könnte, an einem Lachanfall zu verenden.
Als Lösungsansatz schlug ich vor, als ich mir oft genug die Stirn an den Bettpfosten geschlagen hatte, daß bei jeder Diskussion ums Fernsehprogramm auch einfach die Kiste aus- und wir bei unseren ehelichen Pflichten bleiben könnten.
# |  1 RauchzeichenGas geben


12.11.07, 13:11 | 'Harrjah!'
Das ist ein Wetter für meine Knecht',
schaffen sie nichts, dann friert sie 's recht!
# |  Rauchfrei | Gas geben