Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Sonntag, 16. 04 06

16.04.06, 16:07 | 'Keep on ploughing'
"Du tust auch immer wie eine Sau." hat mir unglaublich gutgetan.
# |  Rauchfrei | Gas geben

Mittwoch, 12. 04 06

12.04.06, 12:27 | 'Keep on ploughing'
Ach, zuviele Menschen stören mich nun auch wieder.
# |  Rauchfrei | Gas geben

Donnerstag, 6. 04 06

06.04.06, 13:24 | 'Keep on ploughing'
Freitagabend, nicht von dieser Welt. Da sitzt man, und ist sich nicht einig mit sich selbst, stöbert in Büchern und CDs.
Ein Wortschwall bricht sich an mir, an meiner ruhigen Stimme, an kurzen, aufmunternden Sätzen, an dem Brummen, das fürs Telefon gemacht ist. Nachtschicht, alleine, Langeweile, KommstDunochmit?
Ich bin unschlüssig, und wenn ich unschlüssig bin, dann dusche ich nicht. Dann bleibe ich stattdessen in ländlichen Duft eingehüllt auf dem Boden sitzen, nie auf Polster in Arbeitskleidern! und warte, daß es zu spät wird für alles und ich mich nicht entscheiden muß.
Eine Viertelstunde später steige ich aus, ungelenk, ohne mich am Dach festhalten zu können. Cabriolet, Cabriolette, denke ich. Wie cabrio kann ein Golf überhaupt sein? Womöglich das Cabriolet after all, nur Auto, sonst nichts. Mehr transzendent als unscheinbar.
Wärmer wird es davon nicht, also gehe ich ums Haus. Die Tür springt auf, bevor ich klingeln kann.
Langeweile, sagt die Mutter, ruf doch den Texaner an. Hat sie gemacht, sagt sie.
Da bin ich also, sage ich, und breche mir ein Stück vom Tortenboden ab. Gehen wir?
Durch den Flur hüpft sie voran, Flip, Grapevine, Hip & Heel. Trägt sie überhaupt Schuhe?
Ich fahre, sie navigiert. Hundert Meter, straight links. Hätten wir auch laufen können, sage ich.
Dann sind wir aber doch garnicht richtig weg.
Richtig. You´ve got it, little diamond. Deshalb und dieserwegen. Ich fahre rückwärts in die Wiese und steige aus. Also doch Schuhe, die Absätze bleiben stecken. Kartoffelstupferschuhe, sage ich, als ich die Arme unter sie lege. Sie lässt sich fallen, ich trage sie zur Tür. Ein Arm um meinen Hals, ich rieche Parfum und Haarspray. Kein Nuttendiesel, kein Mückentod, Blumenwiese irgendwie.
Drinnen Bekannte von ihr. Zu jung - man sieht Deinen Tanga, Du hast einen fetten Arsch - komm her, Bussi, Bussi. Die Hände an den Schenkeln der Mädchen. Sie lernen noch. Wissen mehr als ich, vielleicht, und lernen trotzdem noch. Never touch, never stare, never have, never will.
Es ist eng und laut. Ich lehne an der Wand, ein Fuß angewinkelt, Steh´n Sie bequem! Sie steht vor mir, erzählt. Vornübergebeugt, mit den Händen an meine Schultern gestützt; ich trommle auf meinen Schenkeln den Takt. Augenfeuer, Atemhauch. Ich kann den Blick nicht niederschlagen, in keinem Sinne. Ich schließe die Augen von innen, Fokus auf unendlich, alles verschwimmt. Ihr Vater sitzt an einem der Tische, er ruft herüber, Noch zwei auf mich für die beiden! Ich proste ihm zu, und wir gehen. Never have, never will.
Ich biege rechts ab, rausche durch den Wald, die alte Steige hinunter. Reifenpfeifen, Lenkradzittern. Sie schlägt den Takt. Du hast es mir versprochen. - Wir sind auf dem Weg.
Der Kühler knistert in der Kälte, als wir aussteigen. Turbomotoren immer nachlaufen lassen, sage ich. Sie hakt sich bei mir unter.
Drinnen ist es dunkel, verraucht. Nebel mit Erdbeergeschmack übertüncht den Dunst, den sie nicht orten kann, nicht katalogisiert hat. Ich habe ihn, habe Wochen hier verbracht. Vierzig Fieber, Zimmermannshammer, Käfigreihen. Ein einsames Tier im Dämmerlicht, vollendete Einsamkeit, vegetieren als Minimalleben. Andere Geschichte, andere Zeit. Now and then, now or never, Lichtorgeln in Rot und Gelb. Zwei Scanner flackern ungesteuert, parallel. Ich gratuliere, stelle vor, wir setzen uns.
Rittlings, denke ich, gibt es ein besseres Wort, um sich auf Bierbänke zu setzen? Rittlings, um sich in dem Lärm unterhalten zu können, rittlings, um sich abzugrenzen, rittlings lehnt sie sich an. Ich lege den Kopf an ihre Schulter, ihre Halsvene schlägt an meiner Wange. Eine Hand an ihrer Seite, Rippenbogen, Herzschlag, Atmung. Wer bist Du, fragt das holzspaltende Mädchen. Ist das Deine?
Ich bin zu langsam, sie nickt. "Tell me, are you a Christian child - Man, I am, tonight"
Ich sinniere über Possessivpronomen, über ein ausgesprochenes, unbeachtetes Selbstverständnis. Deine, meine, unsere, gehören, gehorchen. Die beiden schwatzen, sind sich sofort einig und finden Themen, finden gegenseitigen Zugang, eine Leichtigkeit, die mir verborgen bleibt. Reden ist leicht, Gefallen schwierig, verstanden werden unnötig. Never have, never will.
"Boy, you´ve got a prayer in Memphis." Hier huldigt jeder seinem Gott. Nicht versteckt, offen und bloß, dargelegt, nicht dargestellt. Sechzehnjährige brüllen Auf gute Freunde, Dreißigjährige schauen sich selbstverständlich an, stehen einvernehmlich auf und gehen. Zwanzigjährige haben ihre Hände ineinander vergraben, keine Sekunde Stillstand, Tränen und Hass, Lachen und sowas wie Liebe. Verlangen vielleicht, man weiß es nicht. Hin und her, auf und nieder, nur ich muß immer kotzen auf der Achterbahn des Lebens.
Man sieht nur dran, niemals hinein, sage ich. Und, Komm, wir gehen.

Am nächsten Tag Augenzwinkern, draufgehau´n, nettes Ding, alles klargemacht, wie lange schon? Ich ekle mich davor und suhle mich darin. Erfinde irgendeine Geschichte vom Kennenlernen, vom Streit am Morgen und vom Trennen. Alles nickt, verständnisvoll, hat halt nicht sollen sein. Gelistet, abgehakt, so ein nettes Ding.
Die Wahrheit will niemand hören, niemanden will die Wahrheit hören. Mitleid und Trost allenthalben, aufmunterndes Biertrinken, schlußendlich fremdes Bett, fremder Körper in meiner Armbeuge. Lüge wird zur Wahrheit, Wahrheit zur Vergangenheit. Konformität, den Schein wahren, dahinter jemand anders sein. Geht nicht, der Schein, der Anzug, den man sich selbst schneidert, passt irgendwann, den Knopf vergessen, kein Abstreifen mehr. Suit yourself.
Wieder Anerkennung, ganz toller Hecht. Nicht einmal mehr das bessere Wissen bleibt einem, die Wahrheit gibt es nicht mehr. Weiß und Schwarz mischen sich, ergeben das übliche Grau. "Weil im Weißen alle Farben sind." Ergebenheit in die selbstgestrickte Weste. Wenigstens die Ärmel sind auf dem Rücken verknotet. Never have, never will.
Never know.
# |  2 RauchzeichenGas geben

Mittwoch, 1. 02 06

01.02.06, 21:03 | 'Keep on ploughing'

Vor einigen Jahren bin ich bei ihm noch im Silo gefahren, heute ist er prominent. Damals, als ich noch heimgefahren wurde, wenn es mal später war. Ich hatte noch nicht einmal ein Telefon, dafür einen Scall. Ein Scall, das war ein Piepser, der Telefonnummern und kurze Textnachrichten anzeigen konnte. Wer ein solches Gerät besaß, stand nur noch eine Stufe unter den Besitzern eines Laserdruckers. In jeder Hinsicht.
In dieser Zeit habe ich gelernt, wie groß der Unterschied sein kann zwischen dem, was einer meiner Bauern ins Telefon nuschelte und dem, was der Operator (die gabs wirklich!) an mein Gerät sandte. Ich glaube fast, daß die korrekte Übertragung von "Hast Du morgen Zeit zum Mähen? Wir silieren." als endgültiger Sieg des Rechners über den Menschen gewertet werden könnte.
So weit kam es allerdings nicht. Innerhalb eines Jahres hatte ich ein Telefon. Immerhin war ich damit den Laserdruckerbesitzern weit enteilt. Die Blicke, die ich in der Schule erntete, als ich zum ersten Mal hupend mit einem gelassenen "Ich muß mal telefonieren!" ein Klassenzimmer verließ, entsprachen ungefähr denen, die man einem Leprakranken in einem Maserati zuwerfen würde.
Hat sich alles gelegt, mittlerweile. Heute telefoniert alles und jeder.

Und der Junge von damals ist heute Vater von vier Kindern und erfolgreicher Jungunternehmer. Nur die Verständigung - die ist nicht vereinfacht worden. Vielleicht ist Kommunikation über Mittelsmänner doch nicht das Schlechteste gewesen?
(Quelle)
# |  Rauchfrei | Gas geben

Dienstag, 31. 01 06

31.01.06, 18:09 | 'Keep on ploughing'
# |  Rauchfrei | Gas geben

Montag, 16. 01 06

Wasser bei minus fünfzehn oder Wie mein Paket nicht zur Post kam
16.01.06, 22:01 | 'Keep on ploughing'
Während des gesamten Wochenendes der wahnwitzige Versuch, eine Mülldeponie im Vollbrand zu löschen.

Dabei zum ersten Mal gesehen, wie fließendes Wasser gefriert.

Bis Mitternacht kriecht die Zeit - danach verfliegt sie.

Mitleid mit dem jungen Kerl, der eine Dusche abbekommen hat und zum Trocknen in die Werkstatt mußte, wo er einfach auf dem Boden eingeschlafen ist.

Morgens um vier eine Zigarette beim gemeinsamen Betanken. Mit dem Flammenwerfer mal eben die Schieber gängig machen. Die Schläuche frieren von außen nach innen zu - bei jeder Tour ein wenig mehr. Der Fahrer von der Konkurrenz und ich, wir grinsen uns an, nachdem ich ihn aus dem Weiher gezogen habe. Über die Kälte, und die Probleme mit den Pumpen oder dem Fahren auf spiegelglatten Straßen brauchen wir nicht mehr zu reden. Ich spüre meine Hände nicht mehr, lasse meine Zigarette fallen. Sobald ich wieder in die Wärme der Kabine komme, springen die Risse in den Handflächen wieder auf und beginnen zu bluten. Ich bleibe wach. Starre beim Fahren auf die glitzernde Straße, auf der selbst das Tausalz keine Wirkung mehr zeigt. Meine Hände sind voll Salz und brennen. Ein anderer Fahrer hat zuvor an ein nasses Geländer gefasst. Er konnte sich die Haut in großen Fetzen abziehen. Er lacht, als er das erzählt, und aus seinem Mund steigen Dampfwolken auf. Er hält eine Hand in der Tasche, zur Faust geballt. Gemeinsam zwingen wir den Saugschlauch an das Rohr, und verriegeln. Die Pumpen röhren hohl durch die Nacht. Ein Spätheimkehrer torkelt an uns vorbei. Der Vollmond flimmert, das Wasser wird breiig. Meine Zähne schmerzen beim Atmen, meine Hosen sind bis über die Knie gefroren, und meine Schnürsenkel werde ich später aufschneiden müssen.
Der Einsatzleiter schaut vorbei. "Der Wasserstand fällt nicht mehr. Weiter so!"
Ein paar Jungs aus der Frühschicht trotten vor mir über die Straße, ihre Stiefel sind schwer, sie lassen die Arme hängen. Unter den Sturmhauben erkenne ich niemanden.
Beim Abtanken werde ich mal wieder naß, als ich den Schieber mit dem Beil wieder gängig mache. Fluchend lehne ich am Faß. Ich würde gern schwer und schnell atmen, doch die Luft schneidet mir in die Lungen. So japse ich in kurzen Zügen. Jemand klopft mir auf die Schulter: "Auch schon wieder da?" fragt er. "Immer noch", sage ich lahm. Hier riecht man den Rauch, und man sieht den Ascheregen im Schnee. Unten von der Straße sieht man die Rauchsäule, flackernd angestrahlt vom Feuer des brennenden Mülls.
Ich schüttle den Kopf und zucke zusammen, als die gefrorenen Haarspitzen meinen Nacken berühren. "Gut, daß ihr da seid", sagt der Vermummte und trottet wieder zurück ins Feuer.
# |  Rauchfrei | Gas geben