Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.

09.05.16, 11:53 | 'Dying to say this to you'
Ich komme an, zitternd vor Furcht und Aufregung. Und obwohl wir die ganze Nacht hindurch reden, widersprechen uns unsere Augen, unsere Hände, unsere Münder. Lass uns weiterholpern, sage ich, und sie nickt.

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Draußen dann ein Plattfuß. Drinnen geht das Licht im Wohnzimmer aus und im Badezimmer an. Ich mache mich auf den Weg, schiebe das Rad gut vierzehn Kilometer an der Stadt vorbei. Bei Nacht am Fernsehturm ist es ganz schön einsam, denke ich, und was mich immer antreibt, weiß ich ja selbst nicht.

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In der Bahn rede ich mit zwei jungen Damen über brennende Matratzen und ihr neues Buch. Wir wandern wenig, die anderen trinken viel. Ich sitze lieber in der Sonne und esse Äpfel. Zurück in der Stadt trinke auch ich. Aus irgendeinem dummen Grund bestelle ich noch und noch, und dann bin ich damit beschäftigt, aufrecht sitzen zu bleiben. Fünf ist eine runde Zahl, sage ich. Und trotz allem führen wir eine ernstzunehmende Diskussion über das bedingungslose Grundeinkommen, und zwischendurch stößt es mir sehr übel auf, daß keine Zeitung und kein Politiker bessere Argumente finden als vier Angetrunkene in der Nacht des Vatertags.

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Wo siehst Du Dich in siebzehn Jahren? Und meine Antwort reicht Dir nicht.

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Wir schlendern dann noch durch die Stadt, verabschieden uns lang, und dann kämpfe ich an der Haltestelle mit dem Schlaf. Im Bus schlafe ich dann, wache erst auf, als mich jemand rüttelt. Endstation, sagt er, und gehorsam steige ich aus. Ich hätte auch einfach noch eine Runde mitfahren können, fällt mir ein, als ich frierend die nächste Wanderung angehe. Fünf Kilometer, den letzten schon in der Sonne.

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Eine verkaterte Kletterrunde am Brückenpfeiler.

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Möbel aufbauen. Strafzettel kriegen. Am Abend noch schnell das Bett, und dann Party. Die einzelnen Zimmer sind thematisch dekoriert, die Gäste sind bärtig, ich habe die Hände in den Taschen meiner Arbeitshosen vergraben und gehe früh.

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Wenn Du denkst, dann denkst Du nur, Du denkst, ein Mädchen kann das nicht.

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Gras häckseln, und ich freue mich so an den wenigen Stunden, die ich damit verbringen darf.

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Axion! schreibe ich, und Action! antwortet er.

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Wie sie den Grill für uns vorheizen, wie sie am neuen Stall sitzen, die Jungen und die Alten, und wie sie arbeiten, Tag um Tag für ein Produkt, das der Markt gerade nicht will. Wieviel Wettbewerb um Lebensnotwendiges brauchen wir denn, frage ich mich, und am liebsten würde ich meine Arbeit verschenken.

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Daß so einer von meiner Arbeit beeindruckt ist. Einer von den Starken, den Unkaputtbaren.

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Zurück in die Stadt, unter die Dusche und an die Möbel. Schön, wie eine Baustelle zur Wohnung wird. Dann laufen wir zur Bahn, dann zum Festzelt.

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Als ich esse, fällt mir auf, daß ich das schon länger nicht mehr getan habe. Drei Tage vielleicht? Egal. Den Rest trinken wir dann eben.

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Die immer lacht.

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Du mußt nicht nach Hause fahren.

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Beim Rausschmeißer hätte ich gern mit Dir getanzt. Es ist nur Robbie Williams, es ist nur Angels, und doch.

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Armdrücken und Fingerhakeln, und irgendwo bleibt ein Unterschied zwischen siebzig und hundertzwanzig Kilo, auch wenn Du mich noch so in die Niederlage drängst.

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Ich bin unschlüssig, ich bin müde, und erst Deine Stimme am Telefon holt mich zurück. Leider ist das Riesenrad schon dunkel und still. Nächstes Jahr, sage ich. Dann laufen wir nach Hause. Stumm stehe ich im Flur, trete dann leise durch Deine Tür.

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Weil Du stolz bist, wenn Du wanst,
Und Di trotzdem zuwe lahnst.

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Morgensonne, ein Kopf auf meinem Arm, ein Hauch auf meinem Hals, ein Haar an meiner Nase. Duschen. Brezeln holen. Weißwürste essen im Park.

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Das ist also dieses Chillen, von dem immer alle reden, sage ich verwundert.

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Im Bad spüle ich ab. Fühlt sich an wie Camping, sage ich, und mit einem Lächeln überlebt man selbst noch ein paar Tage ohne Küche.

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Was ich noch vorhabe, fragst Du. Dich, will ich sagen. Dich hab ich vor mir, in jeder Hinsicht. Dann packen wir Kisten aus, ziehen Schrauben an und lesen Anleitungen. Unsere Aufteilung hat sich ergeben, ich nehme die Platten aus den Kisten, Du die Tüten mit den Schrauben, liest die Anleitung und gibst mir die richtigen Teile in die Hand. Wir leimen und stecken und schrauben gemeinsam, zwei Schrauber, vier Hände, und ich kann genau das sehr empfehlen. Unsere Pausen verbringen wir auf der Terrasse in der Sonne, und die letzte mit Pizza und dem Wein, den ich für einen Vortrag geschenkt bekommen habe.

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Was ich mitnehme und was ich hinterlasse.

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Wir werden wandern gehen.

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Alles wird gut.

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Ich radle durch die warme, dunkle Stadt, durch Straßen, die ich nicht kenne, an Plätzen vorbei, die ich nur von der anderen Seite gesehen habe, und so fügt sich die Stadt zusammen aus den Punkten, die man besucht. Ich freue mich an den Gebäuden, dem Theater, selbst am Landtag freue ich mich heute Nacht. Meine Stadt, nach mehr als zwölf Jahren.

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Ein Bild von mir, müde und mit gefalteten Händen, das Bubenlächeln, auf dem Sofa sitzend, mit großem Lob für die Arbeit.

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Arbeit, Arbeit. Freude, Freude. Weiterholpern.

Rauchzeichen




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