Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Mittwoch, 23. 12 20

23.12.20, 22:30 | 'Das Auge des Betrachters'
Es scheint mir ganz einfach so getan zu werden, als wisse man gar nicht so genau, wie die derzeit geltende Ausgangssperre funktioniere. Man schweigt sie nieder, man verniedlicht sie zum "Lockdown", und auf Nachfrage zieht man sich in das eben angesprochene Unwissen zurück. Daß von Seiten der Obrigkeit zumindest hier keinerlei Kontrolle ausgeübt wird, hängt vermutlich mit der Einsicht zusammen, daß ein in alle Richtungen ausschwärmendes Freizeitvolk, das sich mit Unwissenheit und furchtbar wichtigen Verrichtungen schützt, deutlich schlechter zu bändigen ist als eine Horde Demonstranten, die gegen eine Mauer anzurennen versuchen. Außerdem dürfte in einigen verantwortlichen Köpfen die Erkenntnis keimen, daß eine unwirksame Maßnahme nicht zur eigenen Beliebtheit beitragen wird, und sie andererseits nur durch grobe Schärfe wirksam gemacht werden kann, was wiederum der Beliebtheit schaden könnte. Man hat sich also durch allzu langes Zuwarten, durch die Vermeidung jedweder Planung und zuletzt durch die eigenen großen Klappen selbst in die Zwickmühle manövriert. Und denkt nun, nicht einmal mehr zwanzig Stunden vor deren Beginn, laut über ein Verbot von Gottesdiensten nach. Die dabei zur Schau getragene Attitüde des "Das habt ihr nun davon" zeigt eine geistige Entkopplung, als ob das, was wir nun alle davon haben, nicht auch auf ihren Misten und in ihren Köpfen gewachsen wäre. Eine geistige Entkopplung, als ob sie weder die Krankheit noch die wirtschaftliche Not etwas anginge - und zumindest daran ist etwas dran, was sich auch in der Empörung eines Herrn Buhrow über eine vorerst ausbleibende Gebührenerhöhung zeigt. Wie er "Einsparungen" als eine gar ungeheuerliche Neuigkeit ausspricht, zeigt die Entfernung zum normalen Arbeitnehmer, der das Wort schon lange nicht mehr hören kann, dem noch die Ohren klingeln von den ganzen Abbauplänen, die man bei den Öffentlich-Gerichtlichen zwar oft genug verkündet, aber wohl nie so richtig verstanden hat. Und als Reaktion auf ein Gerichtsurteil, wenn auch nur ein vorläufiges, zeugt das Gebahren einer beleidigten Leberwurst genau die Verachtung einer Obrigkeit, die ihm selbst seit Jahren entgegenschwappt und die er wohl noch immer nicht verstanden hat. Und so hat dieses Jahr doch eines getan, es hat die Mächtigen nackt gemacht und manche davon wütend. Wir werden es zu spüren bekommen, in Form der berühmten Kugel Eis aus allerhand neuen Abgaben und in Form von Gesetzen, die ebenso schnell wie stümperhaft kommen müssen, wo doch eine zigtausend Mann starke Verwaltung mit aller Zeit der Welt schon nicht mehr in der Lage ist, eine Straßenverkehrsordnung auf dem Stand zu halten. Und sie werden sinnlos kommen, denn über Gründe und Wirkungen nachzudenken scheint nicht mehr möglich in der ganzen Suppe aus fettäugigen Wählergruppen, die man vorne füttert und hinten stupft. Es wird kein Spaß mit diesen Kaisern ohne Kleider.
# |  Rauchfrei | Gas geben

Dienstag, 22. 12 20

22.12.20, 22:30 | 'Tonales Hoeren'
Meine ehrliche Vorfreude darauf, mich mit tausend Versionen des Little Drummer Boy zu besaufen.
# |  2 RauchzeichenGas geben


22.12.20, 08:39 | 'In Fetzen gerissen'
Ich kann mich an viele Wege zum Heiligabend erinnern und möchte gern behaupten, an alle, seit ich selbst Wege gehen kann. Es gab die mehrteiligen Heiligabende, in der Nachbarstadt mit mir wenig bekannten Menschen, beeindruckend spiegelnden Böden und großen Geschenken, die mich einschüchterten. Es gab die kurzen Wege im alten Auto, das sonor brummte und innen so kalt war wie außen, mit Wäschekörben voller Geschenke im Kofferraum. Licht aus dem ersten Stockwerk und langes Singen vor dem kleinen Baum. Raufen auf dem hölzernen Boden mit dem dünnen Teppich. Spielen am Tisch in der guten Stube. Noch später zu Fuß, Jahr um Jahr ein wenig später, Stallduft an den Fingern, ein Bier am Fenster, bis gegenüber auch Licht brannte, wo die Nächte dann laut und lauter, lang und länger wurden. Diesen Weg gibt es nicht mehr, die Zeiten ändern sich und die Menschen auch, und aus dem letzten Jahr habe ich schon kaum mehr eine Erinnerung halten können. In diesem Jahr nun kein Weg zu Heiligabend. Die Wünsche werden kleiner mit den Jahren, und vielleicht zeugt das davon, daß man den ein oder anderen erreicht hat, den anderen oder einen vergessen vielleicht oder abgeschrieben gar. Und dann gibt es Jahre, die nehmen neben den Wünschen auch die Möglichkeiten mit sich und lassen einen beschränkt, ja eingeschränkt zurück. Und stets bleibt übrig, was zu tun ist. Für einen, der in jedem Geschirr geht, ein Trost - stets bleibt zu tun, was zu tun ist. Kein Tag wird mir leer sein. Hallelujah.
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Montag, 21. 12 20

21.12.20, 10:48 | 'Nicht drueber nachdenken'
Weiß gar nicht genau, was mich mehr ägert - daß mein selbstgebasteltes Skript zur Ermittlung eines Depotwertes mir am hellichten Montagmorgen um neun mitteilt, ich hätte virtuelles Geld verloren, oder daß ich am Sonntagabend um zehn beim Wischen des Kellerflures feststelle, daß ausgerechnet in meinem Keller noch Licht brennt und ich nicht einmal mehr weiß, wann ich zuletzt dort gewesen sein könnte. Vielleicht vierzig Watt, schätze ich mit Blick zur Lampe und peile grob zehn Euro Stromkosten über den Daumen für die letzten sechs Wochen, was mich natürlich fuchst in seiner Sinnlosigkeit und in meiner Nachlässigkeit, die ich weniger darin sehe, nicht in den Keller gegangen zu sein - die derzeit verfügbare Lachmenge rechtfertigt den Gang in den Keller einfach nicht - sondern eher darin, nicht regelmäßig genug auf den Stromzähler geschaut zu haben, dessen Werte nicht in meine Datenbank eingetragen zu haben und diese wiederum auch ausgewertet zu haben. Zumindest diesen Teil ziehe ich sofort nach, den Schrubber noch in der Hand, und kann den Anstieg der mittleren Verbrauchsleistung direkt im Diagramm sehen. Schade drum, denke ich, denn unsichtbares Licht ist reichlich sinnlos, die Kosten ebenso, und der Umwelt natürlich auch nicht gedient damit. Und dann fuchst es mich schon wieder, daß die automatische Ablesung mit Magnetschalter und Funkübertragung längst auf dem Plan steht und nur daran scheitert, daß die Nachbarn wohl Manipulation oder Bomben im Zählerkasten annehmen würden und sich die Jungs vom Einsatzkommando sicher nicht die Schuhe abtreten vor meinem frisch gewischten Kellerflur. Seufzend und schrubbend ab.
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