Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Freitag, 13. 04 18

13.04.18, 10:58 | 'Entwachsen'
Und während ich wie jedes Jahr inmitten meiner Ordner sinniere, wie denn nun meine Steuernummer lautet und wo ich die aufzufinden hoffen kann, singt Hans Hartz von unserem Land. Auf den hätte mich das Internet ja auch gern hinweisen dürfen, bevor er gestorben ist, grummle ich und starte die CD neu. Nie kriegt man hier was mit. Ist ja auch schon ein Jahrzehnt her, denke ich dann, und als ich das nachschlage, sind es auch schon über fünfzehn. Ja hupsi, wo die Jahre nur geblieben sind? Ich weiß es nicht, fand mich aber neulich erst in einem neuen Stadium des Alterns: SWR4. Do laufed die Hitz! sagten wir früher, und seit ich aus Langeweile am immergleichen Programm neulich da hin geschaltet habe, ertappe ich mich immer öfter beim Mitwippen und beim aufmerksamen Durchhören der Regionalnachrichten. Auch die immergleichen Halbsätze über den beklagenswerten Zustand der Welt reißen mich nicht mehr. Stattdessen entlaufene Rinder an Landstraßen, bei denen ich mich freue, sie zu kennen. Die Landstraßen und im besten Fall auch die Rinder.
# |  Rauchfrei | Gas geben

Mittwoch, 11. 04 18

11.04.18, 16:42 | 'Was zu tun ist'
Zum Telefonieren in der Sonne stehen und merken, daß man in einer Stunde raus und aufs Rad darf, wonach man feststellt, daß man die ganze Woche schon eine kurze Radhose im Rucksack durch die Gegend trägt, die nun zum Einsatz kommen soll. Man freut sich auf die Schulglocke, die zwar keine solche ist, aber das Gefühl am besten hervorruft, schellend, schallend, lachend.
# |  Rauchfrei | Gas geben

Dienstag, 10. 04 18

10.04.18, 18:15 | '10000 lightyears from home'
Wie es mich dann doch trifft, daß die Herstellung der Butterbrezel, der heiligen, der unantastbaren, nun auch von der Automatisierung betroffen ist. Ich halte eine in Plastik verpackte Brezel ins Licht, stehe vor dem brummenden Automaten im Keller unseres Bürogebäudes, packe sie aus und betrachte die Löcher in ihrem Rücken, gestanzt von einer stählernen Gabel, so stelle ich mir das vor, durch deren Zinken die Butter mit viel Druck in die Brezel gepresst wird. Jetzt hat es die Brezel auch noch erwischt, denke ich und drehe die Gepiesackte in ihrer knisternden Plastikverpackung. Man glaubt ja nicht, was sich alles automatisieren lässt, und man glaubt erst recht nicht, was sich dazu alles zu lohnen scheint. Ich vermisse die sogenannten einfachen Tätigkeiten, ich vermisse die Präzision, die mein Körper durch Wiederholung erreicht, und die Stärke, die er dadurch erreicht, und die Mischung aus Entrücktheit und einer ungezwungenen Konzentration. Und was ist besser daran, eine Brezelbebutterungsmaschine zu reinigen, als eine Brezel von Hand zu schmieren? Ach, womöglich ist selbst das Reinigen schon automatisiert, und in ein paar Jahren steht in diesem Keller dann keiner mehr, um sich eine Butterbrezel zu holen. Wenn nur ich nicht mehr da stehen muß, denke ich dann, sondern mir meine Brezel wieder selber schmieren kann. Denn die Automatisierung des Brezelschmierens lohnt sich ja - es wäre zum Lachen, wenn es nicht zum Heulen wäre - nur für die, die bloß blöde an brummenden Automaten in hallenden Kellern stehen können, um ihre Butterbrezel zu bekommen, weil sie ihre Zeit damit zubringen, Dinge zu automatisieren.
# |  Rauchfrei | Gas geben