Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Montag, 9. 12 19

09.12.19, 08:25 | 'Ansatzlos'
Der Vater, der seinen Siebenunddreißigsten im Probenraum feiert, im Keller einer Tankstelle, vor der Tür teure Geschäftsautos der Gäste, karierte Hemden und Lederwesten der Cowboyfraktion, sein achtjähriger Sohn am Schlagzeug, der Vater an der elektrischen Gitarre, die kleine Tochter sitzt auf einem Barhocker vor ihm und hält das Mikrofon, während sie wie wir alle begeistert zusieht, wie die beiden Wonderwall vortragen. Wie er seinen Sohn mit den Augen lenkt, wie sich zwischen den beiden eine Verbindung aufbaut, wie durch ein Seil verbunden synchronisieren sie die Bewegungen, und man kann nur sehen, wie sich der Vater im Takt immer wieder anpasst, ein Zehntelchen auslässt oder verlängert, und dabei immer und immer wieder singt.
I don't believe that anybody
Feels the way I do about you now
And all the roads we have to walk are winding
And all the lights that lead us there are blinding
Und ich bin plötzlich sicher, daß dieses Lied genau für diesen Abend existiert, genau für diesen Vater und seinen Sohn. Ich weiß, daß sie sich erinnern werden, daß dies ihre Verbindung ist, die alles überdauern wird. Wir sind gleich alt, wir sind so verschieden. Was werde ich geben können, in acht oder zehn Jahren? Was wird mein Seil sein? Ich esse noch ein Stück Kuchen, damit ich für zehn Minuten nicht reden muß. Auf dem Heimweg sehe ich meine Hände am Lenkrad, die langen, krummen Finger, die vom vielen Greifen roten und faltigen Fingeransätze am Handrücken. Ich bin noch nicht ich, noch nicht ganz.
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