Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Dienstag, 20. 06 17

20.06.17, 01:58 | 'Nicht drueber nachdenken'
Geruhsames Radeln, auch wenn es zwischendurch hagelt.

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Manchmal glaube ich mir meine eigene Gelassenheit fast.

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Auf der Feier bleibe ich einfach stehen, wie ich angekommen bin, trinke und verkünde und schlafe dann.

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Die Kluge mit der Löwenmähne bräunt ihre Beine neben mir. Ich bringe sie zum Bahnhof und verschweige tapfer die Minuten, in denen ich nach ihrer Nummer fragen sollte.

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In der Nacht breche ich noch auf, und ich mag ja Nachtfahrten sehr.

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Eine völlig abgekämpfte Doktorin, und ich traue mich kaum, sie nach der Prüfung in den Arm zu nehmen.

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Wir sitzen dann sehr lange draußen zwischen Universitätsgebäuden, grillen und frieren ein wenig.

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Aufbruch in die Sächsische Schweiz. Das Schalten klemmt.

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Es müssen ja immer Hotels sein, und ich weiß nicht, ob es nur mein Schwabentum ist, das mich mit diesen Einrichtungen derart ungnädig macht. Ich bin gern draußen, vielleicht ist es das. Ich bin gern mit weniger Menschen, vielleicht auch das. Ich bin insgesamt gern mit weniger unterwegs, denke ich. Ich glaube ans Entdecken, ans Finden, an Sonnenaufgänge und Tau auf der Nase und gespartes Geld. An Bequemlichkeit glaube ich nicht, will nicht weich werden zu mir selbst.

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Wandertage. Wie schön, so vor mich hin zu laufen. Die Karten auf dem Telefon kennen alle Steige, und die anderen wissen, wo wir hin wollen. Zusammen finden wir schon hin.

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"Du bist der einzige Mensch," sagt sie irgendwann, "den ich kenne, der bergauf beschleunigt." Ich denke an Walsers Angstblüte, sein Spätwerk, und daß er mich immer noch trifft, lang nach dem Fliehenden Pferd noch, daß er vielleicht immer nur mich beschreibt und sich selbst. Man denkt schon allerhand Blödsinn, wenn man bergauf beschleunigt, denke ich dann schwer schnaufend und in leichtem Trab.

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Dann ist das Auto doch hin. Hin und her für mich, und manchmal wäre Pannenhilfe statt Rettungsaktion angesagt. Aber ich kann ja nur immer und alles und so. Und schwitzen macht mir nichts, ebensowenig wie die Aussicht auf eine Nacht in der Boofe.

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Daraus wird nichts, stattdessen eine Pension unter einer Brücke. Hatten wir schon mal letztes Jahr, war gut, machen wir wieder. Wir fragen zwei, die kein Deutsch verstehen, uns aber über den Schrottplatz schicken. Dort schlängle ich mich todesmutig an einem struppigen Hund auf einem ebenso struppigen Sofa vorbei, wir bekommen Kaffee, der auch als Maschinenreiniger durchgehen könnte, und irgendwann kommt lachend der Chef, dem das alles furchtbar peinlich ist, in die zusammengetragene Küche. Wir klären auf, daß wir erst vor fünf Minuten gebucht haben, er läuft kurz zu seinen Mails, bringt die Schlüssel mit und sagt uns, daß wir einfach morgen irgendwann gehen sollen. Nehmt dies, Hotels. Dann schlurft er in seinen völlig durchgescheuerten Arbeitsschuhen zurück, um irgendwelchen Geschäften nachzuschlurfen, und wir gehen anatolisch essen, daß ich jeden Dönerbudenmann in dieses Restaurant schleifen möchte und ihn schütteln, warum ich dafür bis ans Ende des Landes fahren mußte.

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Das Auto wird fertig, wir erfüllen den dreifarbig auf einen Zettel gekritzelten Plan, und irgendwann bin ich zuhause. Lang pflege ich das gute Autochen, wasche und poliere und ärgere mich über den Kratzer der Hebebühne, als hätte mich in den letzten Jahren irgendein Kratzer auch nur, nun ja, gekratzt.

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Ein Siphon will eingebaut werden, ein Schadensbericht verfasst, und schlussendlich ist Sonnwendfeuer am Dorfrand, gut zweihundert Meter über allem, am Gipfel meiner Welt.

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Sonntagssilage, und ich freue mich sehr. Nur werden zwei Feiern kollidieren, aber was will man machen. Vielleicht sind meine Jahre ja doch nicht so leer.

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Montagsarbeit. Ich radle mit einer Freundin nach Hause, dann zum Einkaufen, setze mich dann an meinen Vortrag. Blumengießen bei der Doktorin, den letzten Teil meiner Logisitk erfüllen, also radle ich mit dem prallgefüllten Wanderrucksack eines Riesen samt angehängten Wanderschuhen durch die Stadt. Wir sitzen auf der Treppe, ich gieße die Blumen, überlege mir versteckte Örtchen für liebende Notizzettel, unsere kleine Tradition. Es ist eine doofe Idee, diese zu gut verstecken zu wollen. Es ist eine doofe Idee, Schubladen zu öffnen. Es ist eine doofe Idee, einen Zettel aus Jux in ein altes Tagebuch kleben zu wollen, damit ihn die Adressatin bei Gelegenheit erblättert. Es ist eine doofe Idee, den letzten Eintrag, der überraschend erst einen Monat statt guter zehn Jahre alt ist, zu lesen. Das gehört sich nicht, das tut man nicht, das beschämt mich, doch bin ich ein schneller Leser und ein schlechter Mensch. Und als dieser schlechte Mensch komme ich auch nicht besonders gut weg im Vergleich mit einem, der ganz lang da war und mit einem ganz Heftigen. Die große Liebe ist es nicht, steht da, und deshalb sitze ich hier, statt längst zu schlafen, und deshalb schreibe ich hier, statt ihr.
# |  2 RauchzeichenGas geben