Wie seltsam, daß ich noch um den See weiß, um die Runde mit dem Hund im Schnee und im Dunkeln, daß ich den Ort noch auf der Karte finden kann, und ihren Namen noch in meinem Telefonbuch, daß ich noch um die Mühe weiß, mit der ich meinen Arm hob, ihre Hand griff. Die Lichter des Dorfes. Die Ruhe inmitten dieses furchtbaren Jahres. Nur den See, den finde ich nicht mehr.

Der Scherz, den ich mir für diesen Tag überlegt hatte, daß ich nunmehr selbst ein Twentyniner bin und keinen mehr brauche, ist nun schon einige Zeit überholt, und ich finde es einzig schade, daß sich der Scherz nie anbot, daß nie ein Verstehender da war, denn die Kennenden der einen Seite waren stets Unwissende der anderen, und so ist das eben, wenn man seinen Geburtstag nicht feiert.

Aus der Rubrik "Fast neues Wissen, das schon längst keiner mehr braucht": Immer die .jad Datei installieren, statt der .jar. Dann klappts auch mit der dauerhaften Rechteverwaltung. Aber heute ist man ja über J2ME längst hinaus, bevor ich noch den Befehlssatz soweit im Griff gehabt hätte, um der Welt ein kleines Progrämmchen zu zeigen.

Der erste Liebesbrief, den ich bekommen habe, datiert vom achtundzwanzigsten März neunzehnhundertundneunzig. Meine Mutter hat ihn wohl damals aufbewahrt, und heute kam er wieder zum Vorschein, als die alte Schrankwand ausgeräumt wurde. Ich werde ihn nicht wieder verlieren.

Wohl eher nicht.

Mit sechzehn wollte ich toben bis zur Volljährigkeit, dann seßhaft werden und zweisam, und Vater mit fünfundzwanzig.
Mit achtzehn wurde ich gefragt, wo ich mich in zehn Jahren sähe. Mit Genickbruch neben einer schwarzglänzenden Ninja im Straßengraben, sagte ich, oder in einer dieser riesigen Familienkutschen, mit zwei Kindern auf den einzelnen Rücksitzen, und ich konnte mir wirklich nichts dazwischen vorstellen.
Mit zwanzig wollte ich noch zehn Jahre bis zum ersten Porsche zählen.
Mit einundzwanzig wollte ich nur fertig werden, alternativlos, und ich erinnere mich, wie ich zum ersten Mal mit dem Lenkrad spielte, während die Bäume an mir vorbeihuschten und von unten das Radio rot heraufleuchtete, schräg aus dem Schacht. Ich war ein sehr konsequenter Denker in dieser Zeit und bin trotzdem noch da.
Die Ziele wurden kleiner und die Zeiträume kürzer. Vom schnellen Studium zum Versprechen, dieses Semester, diese Woche, an diesem Tag etwas zu tun.

Heute bin ich nur sehr, sehr müde.

"Ich möchte in Zukunft vorher davon wissen", sagt sie, zwischen Bitte und Befehl und trotzdem sehr unsicher.
"Das glaube ich Dir", sage ich nur, denn das hast Du verloren.

Und was für seltsame alte Namen! rufe ich, als ich durchs Telefontelefonbuch blättere, weil mit der ganzen Spielerei habe ich ein altes Backup wieder aufgespielt, und die Löscherei beginnt von vorne.

Wir fahren durch die Gegend und schauen uns die zu räumenden Parkplätze an, während wir Biogas und Variotriebsätze diskutieren, Siloverteiler und GPS-Vorsätze, und ich beginne, die Freiheit des Fahrens zu vermissen.

Im Jugendhaus stehe ich an der Bar, die sich langsam mit Flaschen füllt. Ein Bild, das ich immer geliebt habe, denke ich, und lehne mich an die Wand, die Flasche aufs Knie gelehnt.
"Hey, stoß an!" ruft einer, und ich lehne mich über die Theke, und wir lassen die Flaschen klingeln.
Mit Deinem Vater bin ich schon genauso hier gestanden, denke ich, und als ich mich umschaue, bin ich längst der Älteste.