Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Samstag, 21. 12 24

21.12.24, 22:44
Und wieder einmal tanze ich in diesem Sechseck aus alten Winkeleisen und windschiefen Hölzern, das wir eine Bar nennen, in dieser sicheren Zone inmitten des Trubels. Und ich tanze mit einer, die nicht halb so alt ist wie ich, die ich als Kind kennengelernt habe, und die mit ihrer wilden Mähne und ihrer scharfen Nase jetzt eine junge Frau geworden ist. Wir tanzen ein paar Schritte, jeder für sich, und wiegen unsere Körper, und starren auf unsere Schuhe oder in den Himmel des Hallendachs, den Kran über unseren Köpfen. Ich lache mich aus, wie immer, wenn ich dann doch tanze und mich dafür schäme, mich im Mittelpunkt zu bewegen und am liebsten unsichtbar zu sein. Ich lache und grinse und singe, und ich freue mich so, dass ich die junge Dame ansehe, und wo sich unsere Blicke treffen, bildet sich eine Wolke aus Lachen, und ich glaube, erkannt zu werden, wie ich ebenso glaube, zu erkennen. Wir sind uns ähnlich, denke ich, und dann singen wir gemeinsam, tanzen uns entgegen und feiern uns durch die Nacht. Ich laufe auf dem Heimweg ein Stückchen mit, biege dann ab und schaue in den Nachthimmel, wo noch immer meine Freude leuchtet.

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Ich denke viel über Vererbung nach, als ob diese ein Handel wäre, als ob sich mehr weitergeben ließe auf diesem Weg als schlechte Augen und krumme Beine. Hoffentlich wirst Du groß, denke ich, und hoffentlich nicht so kurzsichtig. Und für mich hoffe ich, dass Du Spaß an den Tieren haben wirst, an den Pflanzen und an der Landwirtschaft, wie auch immer die zu Deiner Zeit einst aussehen mag. Vielleicht sollte ich das nicht hoffen, nicht zu viel von mir armen Tor in Dich hineinwünschen - vielleicht wärst Du als ganz anderer Mensch so viel besser dran. Den Drang nach Freiheit, von innen und von aussen, die Ausdauer und den Willen, und ganz sicher mehr Vorsicht beim Umgang mit den eigenen Fingern und allem, was an ihnen hängt.

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Ich denke darüber nach, was ich ertragen könnte, und selbst im Unterträglichen bin ich noch unsicher. Und ich frage mich, ob mich das Altern härtet, ob es mich abnutzt, ob es mich schwächen wird. Und wie dereinst aussehen könnte, was ich nicht mehr ertragen will, was mich zum Aufgeben und aus dem Leben zwingen wird. Und vielleicht, so denke ich, wird es den Teufel selbst brauchen dafür, und als schlaues Tier wird er sich verkleiden, als Müdigkeit vielleicht, als ein Versprechen der Ruhe und des Friedens. Sterben ist wie Schlafengehen, hing einst an meiner Tür, und kein Wunder ist es also, wenn mir noch immer der Heimweg allzu schwer fällt, solang noch irgendwo ein Lichtlein brennt. Hüte Dich vor der Müdigkeit, und hüte Dich vor der drohenden Ruhe.
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