... Vorwärts fahren
06.05.24, 22:39
Das Gute ist, dass ich meine Entscheidungen durchhalte. Das Schlechte ist, dass ich meine Entscheidungen durchhalte.
04.05.24, 08:44
Konsequenz und Verbitterung.
01.05.24, 10:37
Ein oder zwei Male im Jahr werden die Durchschnittslöhne durch die Medien gereicht. Und bevor wie üblich der Streit losgeht, wie schmal oder breit der Streifen zwischen bitterer Armut und obszönem Reichtum denn sein darf, wird in schöner Regelmäßigkeit auf die eingeschränkte Aussagekraft des Durchschnitts hingewiesen. Bis zum Median reicht der Wille zur Aufklärung meist noch, aber quadratische und geometrische Mittelwerte werden dann schon gar nicht mehr betrachtet. Derzeit geistern statt der Löhne die Arbeitszeiten durch die Medien, und dabei gehen die Medien, allen voran der ehemalige Kanzlerkandidat, noch einen Schritt weiter zurück und betrachten nur die Summe der geleisteten Arbeitsstunden. Man muß schon ein Weilchen graben, was den Vorteil hat, ebendiesen ehemaligen Kandidaten weit hinter sich lassen zu dürfen, um wenigstens den Hinweis zu finden, daß der Durchschnitt sinkt, auch wenn die Summe steigen mag, der einzelne im Durchschnitt also weniger Stunden leistet. Bis zum Median reicht es dann nicht mehr, und ein Schelm, wer mehr als den Willen zum allzu frühen Feierabend dahinter vermutet.
01.05.24, 09:40
Gestern ließ mir mein Kalender Luft zum Radeln. Ich hätte natürlich auch arbeiten können, doch daß am Vorabend bereits hinter meinem Büro Silo gemäht wurde, das nun in Mahden auf den Ladewagen wartete, überstieg die Grenzen meiner Motivationsfähigkeit. Wäre ich König, würde ich die Ferien wieder auf die Erntezeiten legen. Dann dürfte ich bei der Ernte helfen, und allen anderen wäre mit schönem Ferienwetter auch gedient.
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Ich traf auf unerwartete Steigungen. Auf freundliche Baggerfahrer, die mich trotz Sperrung durch ihre Baustelle ließen. Auf ein Märchenschloss. Und auf ein Kloster, das mit grauen Betonsteinen weitläufig umfriedet war. Am liebsten hätte ich dort geklingelt, um zu fragen, ob die Mauer gegen Eindringlinge oder gegen Flüchtlinge gerichtet sei, aber dann fiel mir auf, dass eine solche Gehässigkeit gegenüber der Institution Kirche heute nicht mehr funktioniert - die Begriffe haben sich verändert, ihre Bedeutungen für manche gar ins Gegenteil verkehrt, und überhaupt sind Grenzen und deren Überwindung auf der einen und Verteidigung auf der anderen Seite uns doch deutlich näher gekommen, als wir gehofft hatten in den letzten Jahren. Und die Benediktinerinnen können vermutlich am wenigsten dafür. Nachdenklich fuhr ich weiter und merkte erst am nächsten Hügel, dass mir das Kloster ein Geschenk gemacht hatte: Demut in der wohl schönsten Landschaft der Welt. Dabei hilft mir, wie immer beim Radfahren, auf den Boden zu blicken, der asphaltiert, geschottert oder nur getrampelt, sich unter mir bewegt. Langsam, wenn ich bergauf fahre, und zu bewegten Streifen verzerrt, wenn ich bergab juchze. Auf einem Hügel sehe ich auf, und vor mir stehen die Alpen. Weit entfernt im Dunst entziehen sie sich meiner Fotografie, und doch tragen sie ihre Schneedecken weißleuchtend und ihre Größe majestätisch grau mit sich. Ich habe die Berge sehen dürfen; mit diesem Gedanken verbringe ich den Rest des Tages. Habe ich also von der Kirche, die mich mit Mauern abgewiesen hat, mehr mitgenommen als vom Schloss, durch dessen Hof ich frei radeln konnte.
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Die schönste Landschaft der Welt. Dieser Satz ist mir entglitten, und ich kann ihn nur dadurch retten, daß auch dort irgendwie noch Alb ist. Ihr Vorland quasi, auch wenn das hier Oberland ist und langsam ins Alpenvorland übergeht. Doch was ich liebe, muß Alb sein, und wenn sie bis in die Ostsee reichen muß. Immerhin stehe ich auch dort am liebsten auf dem Berg, und sei er auch nur zwanzig Meter hoch. Wenige Wochen nur noch und eine grausige Nachtfahrt vor mir.
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Meine Sehnsüchte, Licht und Luft. Immer wieder die kleinen Gehöfte in den Hügeln, die vor mir auftauchen, ab und an ein Schlepper in den Feldern. Darauf einmal eine junge Frau, die mir freundlich winkt. Auf den Balkonen hängt Wäsche in der Sonne, und überall verstreut Spielzeuge in den Gärten. Höchstens Sichtnachbarn zu haben, denke ich mir im Vorbeiradeln, als ein Lebensziel, und mir kommt die Stadt noch schlimmer vor als sonst. Nehmt ihr die Städte, singe ich vor mich hin, und lasst mir die Fluren, aber dann lande ich doch wieder bei Auld lang syne, wie so oft auf dem Rad.
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Als ich nach Hause komme, treffe ich im Keller den ersten Nachbarn, der gerade sein Fahrrad aufräumt. Dann im Erdgeschoss die Nachbarin, die eben ihren Hund hinausträgt. Und zuletzt in meinem Stockwerk die Nachbarin, die eben in der Tür steht. Ich habe nun mehr als ein halbes Jahr niemanden getroffen, und heute alle auf einmal. Ich stelle mich kurz vor und erkläre die Notwendigkeit, dass es bei der Renovierung etwas lauter werden könnte. Allenthalben Zustimmung, fast Enthusiasmus, aber vielleicht habe ich doch zu viel Straßenstaub in den Augenwinkeln.
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Ich traf auf unerwartete Steigungen. Auf freundliche Baggerfahrer, die mich trotz Sperrung durch ihre Baustelle ließen. Auf ein Märchenschloss. Und auf ein Kloster, das mit grauen Betonsteinen weitläufig umfriedet war. Am liebsten hätte ich dort geklingelt, um zu fragen, ob die Mauer gegen Eindringlinge oder gegen Flüchtlinge gerichtet sei, aber dann fiel mir auf, dass eine solche Gehässigkeit gegenüber der Institution Kirche heute nicht mehr funktioniert - die Begriffe haben sich verändert, ihre Bedeutungen für manche gar ins Gegenteil verkehrt, und überhaupt sind Grenzen und deren Überwindung auf der einen und Verteidigung auf der anderen Seite uns doch deutlich näher gekommen, als wir gehofft hatten in den letzten Jahren. Und die Benediktinerinnen können vermutlich am wenigsten dafür. Nachdenklich fuhr ich weiter und merkte erst am nächsten Hügel, dass mir das Kloster ein Geschenk gemacht hatte: Demut in der wohl schönsten Landschaft der Welt. Dabei hilft mir, wie immer beim Radfahren, auf den Boden zu blicken, der asphaltiert, geschottert oder nur getrampelt, sich unter mir bewegt. Langsam, wenn ich bergauf fahre, und zu bewegten Streifen verzerrt, wenn ich bergab juchze. Auf einem Hügel sehe ich auf, und vor mir stehen die Alpen. Weit entfernt im Dunst entziehen sie sich meiner Fotografie, und doch tragen sie ihre Schneedecken weißleuchtend und ihre Größe majestätisch grau mit sich. Ich habe die Berge sehen dürfen; mit diesem Gedanken verbringe ich den Rest des Tages. Habe ich also von der Kirche, die mich mit Mauern abgewiesen hat, mehr mitgenommen als vom Schloss, durch dessen Hof ich frei radeln konnte.
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Die schönste Landschaft der Welt. Dieser Satz ist mir entglitten, und ich kann ihn nur dadurch retten, daß auch dort irgendwie noch Alb ist. Ihr Vorland quasi, auch wenn das hier Oberland ist und langsam ins Alpenvorland übergeht. Doch was ich liebe, muß Alb sein, und wenn sie bis in die Ostsee reichen muß. Immerhin stehe ich auch dort am liebsten auf dem Berg, und sei er auch nur zwanzig Meter hoch. Wenige Wochen nur noch und eine grausige Nachtfahrt vor mir.
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Meine Sehnsüchte, Licht und Luft. Immer wieder die kleinen Gehöfte in den Hügeln, die vor mir auftauchen, ab und an ein Schlepper in den Feldern. Darauf einmal eine junge Frau, die mir freundlich winkt. Auf den Balkonen hängt Wäsche in der Sonne, und überall verstreut Spielzeuge in den Gärten. Höchstens Sichtnachbarn zu haben, denke ich mir im Vorbeiradeln, als ein Lebensziel, und mir kommt die Stadt noch schlimmer vor als sonst. Nehmt ihr die Städte, singe ich vor mich hin, und lasst mir die Fluren, aber dann lande ich doch wieder bei Auld lang syne, wie so oft auf dem Rad.
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Als ich nach Hause komme, treffe ich im Keller den ersten Nachbarn, der gerade sein Fahrrad aufräumt. Dann im Erdgeschoss die Nachbarin, die eben ihren Hund hinausträgt. Und zuletzt in meinem Stockwerk die Nachbarin, die eben in der Tür steht. Ich habe nun mehr als ein halbes Jahr niemanden getroffen, und heute alle auf einmal. Ich stelle mich kurz vor und erkläre die Notwendigkeit, dass es bei der Renovierung etwas lauter werden könnte. Allenthalben Zustimmung, fast Enthusiasmus, aber vielleicht habe ich doch zu viel Straßenstaub in den Augenwinkeln.
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