Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Freitag, 4. 10 24

04.10.24, 22:10
Immer öfter kommt mir derzeit das alte Lied von Reinhard Mey in den Sinn, und wenn ich auch selten genug noch Lieder höre, spüre ich ihnen dann doch manchmal nach in diesem Internet. Ein seltsamer Scherz ist es, dass ich in Form von Videos fast alles wiederfinde, was mir aus der Kindheit geblieben ist, während die Musik allein stets Anmeldung und Bezahlung zu erfordern scheint. Ein seltsames Transportmedium ist es doch, das bewegte Bild, und wenn man den neuesten Wahlergebnissen nachspürt, scheint es auch andere Botschaften ganz gut zu tragen. Ich lese ja lieber, sage ich dann hinter meinen elektronischen Buchstaben hervor. Außer, es geht um Musik, da schaue ich mir dann doch Filme an, und sei es nur, um Musikern nachzuspüren oder in die Vorschlagslisten hineinzustolpern oder Zeilen nachzuspüren, die ich mir zu Zeiten gemerkt habe, als ich die zugehörige Sprache noch nicht einmal erkannt hätte. Und ich spreche dann doch immer wieder für dieses Internet, das arg Verfemte, an dessen Zitzen wir dann doch alle ständig und begierig saugen, weil es das fertigbringt, aus meinen verblichenen und unterm Staub der Jahre vergrabenen Erinnerungsfetzen wieder Bilder zu machen, und seien es auch bewegte. Und ab und zu denke ich an mein rot leuchtendes Radio in meinem ersten Auto, an die vielen Fahrten zu frühen Stunden, über die Alb in die vielen Ställe, für die ich damals verantwortlich war. Erst heute kommt mir diese Verantwortung schwer vor, weil mich damals anderes bedrückte, wie es den jungen Männern oftmals zu ergehen scheint, und ich hörte wütende Musik zu meiner Trauer, und ich hörte melancholische Musik zu meiner Wut, und wenn ich fröhliche Musik hörte, dann schien mir doch die Sonne. Den Pop vergöttert und mit den Göttern des Folk und Rock auf glänzenden Scheiben vermischt, zerkratzt und beschädigt, und wie in diese Rohlinge habe ich die Musik auch in mich selbst hineingebrannt. Und manchmal, wenn ein Strahl die Rille trifft, dann steigt ein Lied auf wie ein Regenbogen, und ich stelle mich darunter und habe Gold an den Händen und alle Farben auf der rauhen Zunge. Nein, meine Söhne geb' ich nicht, gab ich also ein, denn mancher Sonnenstrahl dringt auch durch dunkle Wolken. Und natürlich habe ich keine Söhne, weil man dafür vielleicht zusagen muss, bevor man wirklich alles bedacht hat, und entscheiden, bevor man wirklich alles ausprobiert hat, aber wenn man erst einmal verstanden hat, dass Zeit vergeht, ist sie vergangen. Ich höre also dieses Lied und höre es erneut und höre es neu, wie es vor einigen Jahren aufgenommen wurde. Zur Macht der Worte kamen kräftige Stimmen, und wenn ich auch nur vermissen kann, was ich nicht besitze, kann ich doch denken, glauben und verstehen: Nein, meine Söhne gäbe ich nicht. Und dazu kommt, was ich erst heute sehe: dass ich mich wohl gäbe für sie. Und so trägt dieses Lied von Frieden für mich den Kern des Krieges, den einzigen, der mir verständlich ist: Nein, meine Söhne gäbe ich nicht. Dafür würde ich mich bewaffnen, und ich hoffe doch, dass niemand mehr meine damals handschriftlich eingereichte Begründung noch liest, mit der ich den Dienst an der Waffe verweigerte, und die mich, um auch diesen Kreis zu schließen, täglich früh im Auto sitzen machte, mit dem roten Radio und der Musik meiner Jugend, die ich in Ställen, auf Feldern und Traktoren verschwendet habe, statt im Felde und in Panzern. Längst ist die Zeit mir Staub geworden, liegt dick und schwer auf meinen Erinnerungen, und nur ab und an dringt, wie bereits gesagt, ein Strahl durch einen der Risse, die in allem sind, und wirft ein Licht auf diese Zeit und auf das, was ich heute noch für richtig weiss. Nein, meine Söhne gäb' ich nicht.
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04.10.24, 14:29
Der Sommer war nur mittelgroß.
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04.10.24, 08:50
Es liegt schon wieder Schnee auf dem Bolgengrat heute morgen.
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