Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Sonntag, 23. 07 23

23.07.23, 11:21
Die Hände im frisch gedroschenen, warmen Dinkel gebadet.

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Rinder von der Weide verladen und versucht, den Umgang wenig anstrengend für Mensch und Tier zu halten. Manchmal klappt das wie heute.

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Eine "treue Seele" genannt worden.

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Mit einem wundervoll grünen Stift kleine Zahlen an den Rand beschriebener Blätter gemalt. Korrekturaufgaben.

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In einer Bausache befragt worden, zu der ich Erfahrungswissen habe. Wie schön fest gebautes Wissen ist.

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Auf dem Rad gesessen. Wenn ich nur immer auf dem Rad sitzen könnte. Welch wohlfeiler Wunsch.

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Ich zehre immer noch davon, mit jungen Menschen auf einer Treppe gestanden, in den frischen Regen geschaut und geredet zu haben.

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Wir verlegen Schlauchleitungen und zünden ein abgedroschenes Feld an. Feuerpatschen. Löschrucksäcke. Selbstnässende Schläuche. Ich möchte mich messen, rieche beißenden Rauch, erschrecke mich immer wieder an der Hitze der Flammenfront, die sich schneller bewegt, als ich mit dem Rucksack laufe. Die Arme werden taub vom Pumpen. Rote Wurst vom Grill.

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Müdes Sitzen. Aufraffen aus irgendeinem inneren Trieb, weil wenn, dann richtig.

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Auf dem Rad durch das Städtchen. Viel Volk unterwegs. Abbiegen in eine Seitenstraße, plötzlich im dunklen Wald. Gebüsch knistert. Zwei schnelle Autos mit Fernlicht kommen mir entgegen. Der Anstieg ist lang, gleichmäßig, und immer macht er mich denken, daß ich neulich noch schneller war. Radeln in Jeans. Oben im Wald Licht aus zwei Campingfahrzeugen. Wie gern ich diese Straße entmotorisieren würde, vor allem für mich. Die Wegweiser im Dunkeln, ohne Zögern abbiegen auf den richtigen Waldweg. Wieder Steigungen. Schotter knirscht, und ich schaue Wege anders an, seit ich sie selbst anzulegen helfe. Am Waldrand zwei Rehe, die sich hektisch ins Gebüsch schlagen. Knacken, Rascheln, und ich möchte ihnen Ungeschicklichkeit vorwerfen. Man kann euch doch hören! wispere ich.

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Ich mag es, mit meinen Tritten Licht zu haben. Nabendynamos machen mich zufrieden.

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Ich radle auf ein Dorf zu, wenige Lichter, eine andere Stille als im Wald. Geruchsfrei statt duftend. Vielleicht werde ich doch noch zum Waldkauz, denke ich und erinnere mich daran, daß hier oben in den Höhlen jemand hausen soll, so außerhalb von fast allem.

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Windräder tauchen nach oben ins Dunkel hinein wie Mahnmale. Der Mond eine schmale Sichel in Goldtönen. Sterne stehen still, ein Flugzeug zieht blinkend eine Bahn. Asphalt. Abbiegen. Schotter. Durch viele Traktorfahrten graben manche Strecken sich als Landkarte ins Gedächtnis. Noch tiefer vielleicht, denn ich muß nicht denken, um ihnen folgen zu können.

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Wieder Asphalt. Am letzten Anstieg bellt ein Hofhund, und aus dem Dorf unter mir spielt eine Band "Don't stop believin'". Wäre ich nicht langsam genug, um eben so nicht umzufallen, ich könnte mich auf einem Radrennen wähnen.

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Das Rad an einen noch vom Tag erwärmten Container gelehnt, trete ich aus dem Dunkel ins Licht des Hofes, in den Lärm der Menge. Ich finde ein paar Menschen, wenige Worte. Kalte Pommes. Ein Tanz. Lächeln, festhalten am Glas. Vielleicht bin ich schon drüber, denke ich. Ganz sicher außen vor. Freundliche Grüße, keine ruhigen Ecken.

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Ich tauche so still auf wie ich verschwinde. Ein Geist auf schmalen Reifen in der Nacht. Ich nehme einen anderen Weg zurück, am Wald entlang, ganz nah an einem Kuhstall vorbei. Der Duft ist längst aus meinem Kleiderschrank verschwunden, ich kann ihn nur mehr erinnern.

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Am Elektrorad stört mich nur, daß ich eine Werkstatt bräuchte. Mein Rad ist mein Besitz, voll und ganz und mir bekannt. Ich möchte keine Blackbox am Rad. Vielleicht irgendwann mal, und dann gleich zerlegen, um es besitzen zu können.

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Die Steige im Dunkel. Leider geht mein Tacho nicht mehr, denn mit einem Bier zuviel bin ich am schnellsten. Der Wind pfeift, ich juchze. Irgendwo ein Fest, auf dem andere sind. Es ist gut, wie es ist, und doch eine Lücke in mir.

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Noch ein Anstieg, eine Abfahrt mit der Erschwernis der schmalen Betonfahrbahn. Nur wer locker ist, kann geradeaus fahren. Wer lenkt, verliert.

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Linksherum durch den Kreisverkehr, auf dem die Fahnen wehen. Stapfen durchs hohe Gras. Warme Wände, Bettstille, Bettruhe.

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So volle Tage, denke ich, deren Fülle nur aus ihrer Leere erwachsen kann. Es macht einen Unterschied, wer einem den Tag füllt, denke ich, aber nachts sollte ich nicht so viel denken, denke ich.
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