Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.

11.12.24, 19:17
Und wie ich heute so mit diversen Zügen durch die graue Landschaft fuhr, begegnete ich in den Abteilen allerhand Leuten. Leuten, die sich ihren Tee über die Hosen kippten. Leuten, die ihre Zeit mit dem Download riesiger Dateien über das Netz der Bahn vertrieben. Leuten, die aus den Fenstern schauten und vom kurzen Blick auf den großen See ebenso entzückt schienen, wie ich es war. Und Leuten ohne Ausweis, die anderen Leuten in Westen und mit Handschuhen zu erklären versuchten, warum und weshalb, und die dabei aus der Ferne so unberührt und arrogant wirkten, dass alles Handeln seltsam wertlos schien. Ich stand dann ein Weilchen an einem Bahnhof herum und fragte einen älteren Herrn, ob er auf jemanden wartete, denn mich trieb die Hoffnung an, irgendjemand würde auf mich warten, und warum sollte dies nicht ein Rentner sein, der in die Luft zu starren schien. Er war es nicht, und so schlug ich im Telefon zunächst einmal nach, wo ich denn war. Sehr nah der Grenze, daher wohl auch die Diskussionen von zuvor, wer denn nun wo sein sollte und dürfte und warum nicht. Ich ging ein paar Schritte und wunderte mich über die Kälte, die mir einst nichts ausgemacht hatte, doch den zum Stubenhocker verwahrlosten Trampel nun doch sehr biss. Ein großes, schickes Auto hielt, und eine verspiegelte Fensterscheibe senkte sich still. Du möchtest zu mir, sagte eine elegante Damne, und wer wäre ich, da zu widersprechen. Eine Stunde später war ich um einen Kaffee reicher und saß in einem neuen, schicken Auto, wenn auch einige Nummern kleiner, als das von vorhin. Dafür saß ich nun auf dem Fahrersitz, was mich immer freut, auch wenn ich dann ja fahren muss. So fuhr ich denn also und war wenige Minuten später auch noch im Besitz einer schicken Taschenlampe, die wohl ein Monteur im Auto hatte liegenlassen, und die mir derart ins Gesäß stach, dass ich dieses Gefühl nicht mit der bemühten Noblesse des kleinen Autos in Einklang bringen konnte. Ich leuchtete also erfreut im Auto vor mich hin, denn draußen war es längst dunkel geworden, und irgendwann kümmerte ich mich auch wieder um das Fahren selbst, jene Tätigkeit, die ich als Alleinfahrer liebe und in Gesellschaft hasse. Und Gesellschaft nenne ich hier alles, was in meinem Blickfeld ebenfalls fährt, sei es mit mir, vor mir oder sonstwie um mich herum. Es ist ein Kreuz mit den Leidenschaften, aber solange das Silowalzen nicht auch noch zum Massenhobby wird, bleibt mir wohl ein Fleckchen übrig, auf dem ich ganz alleine fahren darf. Mit derartigen Gedanken vergingen Zeit und Fahrt, und ich bin nun in der Lage, mir zu überlegen, wie ich dreierlei Fahrzeuge an zweierlei Standorten dazu bringe, meine Wenigkeit erst zwischen diesen beiden Orten und dann an einen dritten zu bewegen, ohne dass mir hierbei allzuviel Ungemach entsteht. Idealerweise sollte ich, und damit erreicht die Absurdität auch schon ihren Höhepunkt, die erste Strecke zu Fuß laufen, damit alles wieder schön an seinen Plätzen steht, was Räder hat. Da ich heute schon eine knapp zweistellige Zahl an Kilometern gelaufen bin, liegt dieser Gedanke wirklich nahe, und schaden wird mir das auch nicht. Das denke ich überhaupt sehr oft, zu oft vielleicht in letzter Zeit, denn reichlich überrascht stellte ich heute am frühen Nachmittag fest, dass der tägliche Konsum von Essbarem mein Lebensgefühl doch deutlich steigert. Wird schon gehen ist zwar ein reichlich knappes und daher gut zu merkendes Lebensmotto, das mich in allerhand Züge und an allerhand Orte führt und mich auf unerklärliche Art und Weise fremde Fahrzeuge fahren lässt, aber in dieser zweifellos zweiten Hälfte meines Lebens werde ich es vielleicht erweitern müssen. Wir werden sehen.

Rauchzeichen