Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.

23.06.14, 18:24 | 'Beautiful in my eyes'
Hoppla, schon wieder Wochenende.

#
Sie sitzen den Abend aus.

#
Ein Geburtstag voller Tratschender. Und ich höre begeistert zu. Was nicht alles passiert, hier im Dorf!
Daran muß ich mich ja immer erinnern: daß alles fließt, auch wenn ich nicht am Wasser sitze. Daß ich selbst fließe. Und daß sich zwei Tropfen womöglich nie begegnen. Da ist "nie wieder" schon der unwahrscheinliche beste Fall.

#
Klingeln. Ich telefoniere laut, ich habe mich schon fast an den kaputten Hörer gewöhnt. Nachtschicht. Silagefieber.

#

Verteiler kaputt, Zapfwelle falsch, Frontlader noch angebaut. Startschwierigkeiten machen mich fertig. Irgendwann sitze ich dann verschmiert und verschwitzt im Sattel und bekomme den Rest in den Griff.

#
Plötzlich ist Freitagmorgen, und morgens konnte ich noch nie schlafen.

#

Es regnet, das Silo ist zu. Wir schieben abwechselnd einen Rollstuhl über das Gelände der Gartenschau, und irgendwo in mir rumort das Wir-Tier sein altes Hättewärekönnte.

#


#
Ihr Widerwillen. Mein Erstaunen darüber, wie mich anderer Leute Behinderung noch mehr behindert, wenn ich meine Behinderung nicht zeigen will. Meine Rücksicht, ihr Ärger. Spirale des unguten Gefühls. Bis zum Lachen brauchen wir eine gute Stunde, und zum Abschied reiche ich dann meine Linke, selbstverständlich.

#

Ich bekomme auch einen Kaffee, und die Freundin lacht mich an, als ich dem Tod durch Entkoffeinierung mal wieder vom Tassenrand springe.

#

Blumen wirken.

#

Selten war der Turm seinem Namen näher.

#
Ich bin noch müde, als ich nach Hause komme. Es ist aber Tag. Bei Tag müde zu sein macht mich unruhig.

#
Da sind noch ein paar Steine, die an die neue Haustür angepasst werden wollen. Das mache ich nun, beschließe ich, und ich freue mich daran, wie die Einzelteile von allen Seiten des Hauses auf mich zukommen, weil ich über die Jahre Werkzeug beschafft habe. Ich besitze Werkzeug, und jetzt trage ich ausgesuchte Stücke zusammen, um eine Arbeit zu verrichten. Wie schön. Nur die teure Diamantscheibe muß ich leihen, und die ist ihren Preis allemal wert. Wie durch Butter, denke ich immer wieder, und dann.

#

Hups.

#
Bis ich leergetropft bin, schaue ich aufs Telefon. Ein paar unblutige Finger sind ja noch da. Ich rufe zurück, und dann sitze ich in der Abendsonne vor dem Haus, voller Staub und Dreck überall, und halte das Telefon auf Armlänge vor mich.

#
Nein, denke ich. So viel zu tun.
Ja, sage ich. Ich will das tun.

#
Eins nach dem anderen, sage ich mir, und dann mache ich doch alles andere.

#
So fliege ich also am nächsten Tag nach Hause, halb begonnene Arbeiten hinterlassend, und während ich den Kopf noch bei Drosselscheiben für Hydraulikleitungen und Distanzen zwischen Ladewagenmessern und Rotor habe, lacht der Bauer: Alle anderen gehen ständig. Weg jetzt!

#
Wieder so ein Achtminutenpacken, denke ich, schmeiße meinen Rucksack in den Kofferraum und schaue dann sehnsüchtig dem Fahrer beim Vespern zu. Brot vergessen. Ich nuckle an meiner Wasserflasche, und dann reden wir uns durch Österreich und die Schweiz in unserer ganzen Bergfreude.

#

Fast hättet ihr mich gekriegt! denke ich am Wegweiser und laufe weiter. Eine halbe Stunde später kehre ich grummelnd um. Sie haben mich gekriegt, der See lag hinter mir.

#


#
Ein Murmeltier und eine Wiese voller Enzian.

#
Ich komme spät zum Abendessen, und die Wirtin steht schon in der Tür. Schubst mich, den Verschwitzten mit dem wirren Haar, in die Stube, während ich noch mein nasses Hemd loswerde. Dann sitzen wir da und essen, und während alle sich um den kleinen Fernseher in der Küche drängen, lese ich einen Comic. Ewig nicht gemacht, denke ich.

#
In der großen Schlafstube ist das Fenster geschlossen. Dafür hat einer den röhrenden Rachen weit offen, und ich vermisse meinen Schlafsack die ganze Nacht. Jetzt draußen sein, denke ich.

#
Zustieg, Gurt, und dann der Klettersteig. Irgendwo überholt uns ein Bergretter, gegerbt und bärtig. Leider lacht er nicht.

#


#
Wir steigen über ein Schneefeld ab, gehen kurz in die Irre, schlittern durch einen riesigen Schutthaufen, und ich finde ihn endlich: meinen Knetstein. Den werfe ich von einer Hand in die andere und drücke das Wasser aus ihm heraus. In ein paar Jahren mag er trocken sein, und wenn ich irgendwann stark bin, beginne ich, ihn zu zerreiben. Wenn nur noch Mehl übrig ist, bin ich stark genug.

#
Wie sich der Berg aufmacht zum Meer, sage ich mir, als die kleinen Bäche schmelzenden Schnees um die Steine rauschen.

#

Daß ich jetzt weiß, warum nicht wir beide, macht es nicht erträglicher.

#
Wir leihen uns Roller aus und filmen uns gegenseitig. Uns trennen ja nur fünfundzwanzig Jahre.

#
Es gibt keine Buttermilch. Dafür treffen wir zwei Damen wieder, die sehr lustig sind, und die sich mit uns fotografieren.

#
Ich nehme Farben auf. Und Sonne.


#

Beißend kaltes Wasser erfriert die kleine Blase an meinem Zeh. Wie schön.

#
Dann schleiche ich vorsichtig über den warmen Schotter. Ich ziehe mir etwas über, bleibe aber barfuß. Der Onkel ist schon weg, er rollert noch ein paar Kilometer ins Tal. Kindheitstraum! ruft er, als er davonfährt. Und er lächelt so wie ich.

#
Abends sitzen wir hinterm Jugendhaus, und bis spät in die Nacht feiern wir einen Geburtstag. Dann ist Montag.

Rauchzeichen