Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Montag, 29. 04 24

29.04.24, 21:30
Immer donnerstags denke ich über den Stammtisch nach, an wenigen Donnerstagen schaffe ich es. Ich rieche dann nach Rauch, sitze auf einem unbequemen Hocker, während es von hinten zieht und meine Hosenbeine in der Ofenwärme fast kochen. Ich amüsiere mich königlich dort.

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Ich lahme mich durch reine Bürotage. Daß ich kein Ende finden muss, wollte ich eben als Grund anführen, aber das stimmt nicht. Ich muß jede Woche ein Ende finden, ein ums andere Mal. Vortragen, vergessen. Wiedervorlage für die nächsten dann. Immerhin sehe ich an meiner Arbeit und in meinen Unterlagen, wie mich jeder weitere Durchgang verbessert.

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Im alten Ritterhaus hole ich eine Festplatte ab, streichle den kleinen Hund, der kräftig mit dem Schwanz wedelt, daß er immer den Kopf schütteln muß. Ich lasse mich loben für mein bißchen Hilfe, sage Dank und verschwinde schnell.

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Im Sonnenschein in die Stadt, im Halbschatten trage ich auch dort mein Wissen zu Markte. Draußen Gelächter, weil Sonnenschein.

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Am Abend lasse ich Geräte brummen, kippe Mittelchen in Tanks und hoffe, daß sie auch im Notfall auf den ersten Zug am Seil hin anspringen und ihre Mühe in die Welt brüllen werden. Ich stehe im Lüfter, den ich als Last angeschlossen habe und schaue ins Geäst des ergrünten Baumes, den ich von unten beleuchte, seiner Schönheit wegen. Und wegen der Last natürlich.

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Ich schreibe das Herrenrad aus, das mir zu wenig Freude gemacht hat, und für dessen Ersatz ich gerade mal ein paar hundert Euro und einen Entschluß gebraucht habe. Es meldet sich jemand, der gleich vorbeikommen möchte, aber zahlen nicht so gern, und jemand, der selbst drei ganz ähnliche Fahrräder ausgeschrieben hat, aber leider bis spät abends arbeiten muß.

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Bürozeit, es ist doch immer Bürozeit.

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Natürlich ist auch für Theater Zeit, und so finde ich mich mit einigen älteren Damen ein und wundere mich, daß ich auch hier wieder ein sehr seltenes Hobby gefunden zu haben scheine. Ich soll den Verwalter spielen in der Geschichte des geteilten Dorfes, doch ich möchte auf der anderen Seite stehen, sage ich, denn so ganz überwunden ist diese Teilung noch nicht nach gerade mal vierhundert Jahren. Sie guckt konsterniert, die professionelle Regisseurin, doch einen Moment später bin ich Baron. Dabei wäre ich auf der richtigen Seite auch Bauer geworden, doch das ist keine Geschichte mehr wert.

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Ich bestaune eingefärbte Pflöcke in einem Acker, und wenige Stunden glänzt schwarz dort die Erde. Erneut ein Kauf, erneut presst die Industrie ihre Geldmittel in den Boden der Alb. Was sie dort herauspressen möchte, aus unserem schweren Lehm, es ist kein Rätsel, es ist eine Drama, und vielleicht in vierhundert Jahren Grund für ein Theaterstück.

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Wie groß ein Gebäude wird, wenn es voll Rauch ist, wenn ich mich wie gelernt im Sitzen bewege, ein Bein unterm Körper, das andere tastend voran, einen Schlauch bei mir, auf dem Rücken eine Flasche aus Stahl. Ich schaue durch eine Maske in ein Weiß, das die Helligkeit meiner Lampe nicht verträgt. Einen von zweien finden wir, und beim nächsten Mal werde ich sicher auch in die Badewanne hineinschauen, wo der zweite lag, auch wenn ich den Holzkameraden auf der Wärmebildkamera freilich nicht sehen kann.

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Es dauert einen Augenblick, bis ich mir unangezogen vorkomme. Die Damen stecken die Köpfe zusammen, wo nun der Kopf wieder rasiert ist, wie ich es zwanzig Jahre gewohnt war, und wo nun das Leibchen wieder verbleicht von der Sonne ist und die Hose ein Erbstück, das mir passabel passt. Ich kann nur hier sein, und selbst das fällt mir schwer.

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Ich arbeite mich durch Daten, deren Struktur ich nicht verstehe, auf einer Festplatte, die ich vor Jahrzehnten wohl gekauft habe, und die nun wenig Bereitschaft zeigt, das ihr anvertraute zurückzugeben. Datengräber nannten wir die großen Platten einst, und dazu werden sie alle, wenn wir ihnen nicht rechtzeitig Vertrauen und Daten entziehen. Ich muß nichts tun, als noch mehr Platz bereitzustellen, denn durch meine mehrteilige Strategie werden gerade kaputte Daten eher mehr als weniger. Die Obszönität, Terabytes mit verwackelten Bildern zu füllen. Ich versuche also, zunächst die Struktur zu retten. Damit soll die Besitzerin wieder arbeiten können. Dann die Daten selbst, die ich nur ohne jede Struktur kopieren kann, aber zumindest vollständig scheinen die meisten zu sein. Mein letzter Schritt ist dann ein weiteres Werkzeug, das verspricht, Daten und Strukturen retten zu können, aber beides nur so halb. Eine schnelle Suche nach Duplikaten noch, und so wandert meine nächste Platte als Leihgabe von mir. Zurück kamen nur wenige, unter anderem die defekte, die nun ruhen darf.

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Ich finde dann doch in den Wiener Walzer, ich weiß nicht, wie es ging. Plötzlich ist er da, der Tippelschritt.

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Nicht einmal die Zahnbürste vergesse ich auf dieser Fahrt in die zerteilte Woche.
# |  Rauchfrei | Gas geben

Montag, 22. 04 24

22.04.24, 18:37
Und während ich heute morgen behutsam auf Sommerreifen durch leichten Schneefall gen Süden fuhr, gab ich ohne viel Nachdenkens ein Ziel ganz im Norden vor. Es wird Zeit, dachte ich mir irgendwann, als die zu fahrende Strecke immer länger wurde.

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Irgendwo ist mir eine Hoffnung zerbrochen. Eine Idee von Resonanz, auch wenn es das wohl auf der ganzen Welt nicht gibt. Es hat Wochen der Traurigkeit gebraucht, um den Bruch erkennen zu können, und es war eine seltsam stille Traurigkeit. Eine, die mir leicht wurde ab und zu, in Gesellschaft oder unter dem Druck, den Menschen ein Mensch zu sein. Und eine, die mir schwer wurde in den vielen, stillen Stunden dazwischen.

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Aus vielen Entscheidungen wird ein Schicksal.

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May you stay, sang Bob Dylan einst, und ich glaube, nur in diesem einen Lied sang er wirklich, forever young. Welch gnadenvoll grausamer Wunsch.

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Ich hasse es, wie sie alt werden, wie sie grau und faltig werden, und es hilft mir nichts, daß sie aussehen dabei wie junge Hüpfer, wenn sie doch nicht mehr springen wollen. Ich habe so gern gelacht mit euch.

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Ich bin so voller Worte, daß keine Sätze daraus werden wollen.
# |  Rauchfrei | Gas geben

Samstag, 20. 04 24

20.04.24, 10:33 | 'Tonales Hoeren'
Something sweet, oh something strong
Seems like love no longer can turn me on
# |  Rauchfrei | Gas geben