Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.
Donnerstag, 6. 09 18

06.09.18, 13:31 | 'Highway 61 revisited'
Morgen früh steige ich in einen Zug, erster Klasse, aus dessen Fenstern ich zehn Stunden lang einfach schauen werde. Anschließend werde ich zehn Tage lang nur noch von außen durch Fenster schauen, vom Leuchtturm zur Berghütte. Und dabei in die Pedale treten. Hoffen, daß Wärme und Strom sich die Waage halten und die Regenfälle ausweichen werden. Das Rad ist bereit, das Gepäck ebenso, und mir klopft ein wenig das Herz zum Abschluß dieses wahrhaft großen Sommers. Eine Kamera habe ich jetzt, und ein paar Narben mehr, ein bißchen mehr Wissen und vielleicht einen großen Schritt getan. Die Zeit wird es zeigen, und mehr und mehr glaube ich an die Endlichkeit des Seins. Es drängt mich, und diesem Drang möchte ich nachgeben. Alles neu, nur eines wie immer: Die ausgefransten Schnürsenkel werden am ersten Reisetag reißen und geknotet bis zur Rückkehr durchhalten. Wie ich eben auch.
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Freitag, 13. 07 18

13.07.18, 08:59 | 'Highway 61 revisited'
Nach alter Sage eine der furchtlosen Anführerinnen der hier erwähnten Frauen: Meine Urgroßmutter. Für sich und ihre Familie, für ihre Heimat, für das, was sie für richtig und unabdingbar hielt.
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Mittwoch, 13. 01 16

13.01.16, 14:03 | 'Highway 61 revisited'
Was, wenn einem jeder, der einen verlässt, auch etwas hinterlässt? Das kam mir eben, weil ich gerade auf Englisch vor mich hin formulieren muß, und weil ich irgendwie drauf kam, ob es denn nun to leave heißt in beiden Fällen, und ob das von Interesse ist, ich interessiere mich ja für Sprachen, nur verstehe ich viel zu wenig davon, da hätte mir ein langer Aufenthalt oder ein Studium schon geholfen, denke ich dann, und dann bin ich raus, lese nochmal, was ich eben über die Diskretisierung des Batterieladezustands geschrieben habe, verstehe kein Wort, lösche den Absatz seufzend und stelle mich vor den Kühlschrank, weil ich ein wenig Hunger habe und zu Hause schreibe, mit meinem eigenen Kaffee und den zwei Maschinen, von denen eine trotz aller Messungen nicht in die Küche passen will, nicht einmal hochkant oder auf dem Kopf stehend, da kann genausogut ich mich auf den Kopf stellen, und daß Hals über Kopf ja im Englischen mit helter-skelter übersetzt wird, finde ich ja sehr schön und sehr gut zu merken, berührt mich allerdings etwas peinlich, denn ich dachte immer daran, wenn ich das großartige "Head over feet" von Alanis Morissette gehört habe, was auch schon viel zu lange nicht mehr passiert ist, sodaß ich jetzt sogar die Schreibweise ihres Nachnamens nachschlagen mußte, und wo war ich noch gleich? Jedenfalls stehe ich vor dem Kühlschrank, die offene Tür in der Hand, und schaue hinein. Kühlschrankgucker habe ich Dich mal genannt, weil ihr das alle so gemacht habt, und ich hoffe irgendwie, daß Du Dir diese Marotte bewahrt hast, die ich so liebenswert fand, wie Dich, wie alles an Dir damals, und ich habe mich ja nur über Dinge lustig gemacht, die ich geliebt habe, und so stehe ich noch einen Moment da und lächle und denke an Dich, die Du mich verlassen hast, und an all das, was Du mir hinterlassen hast. Das Kühlschrankgucken gehört auf jeden Fall dazu, und es hat ja auch nur vierzig Monate gebraucht, bis ich darüber lächeln konnte. Und vielleicht, vielleicht kannst Du das auch, wenn Du das mal liest.
You've already won me over in spite of me
Don't be alarmed if I fall head over feet
Don't be surprised if I love you for all that you are
I couldn't help it
It's all your fault
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Mittwoch, 17. 09 14

17.09.14, 15:54 | 'Highway 61 revisited'
Damals, als wir von einsamen Bergstraßen wieder auf diese großen, fremden Stadtautobahnen in den Bergen gerieten, da hatte ich plötzlich ziemliche Angst.
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Montag, 13. 01 14

13.01.14, 13:37 | 'Highway 61 revisited'
Und als ich gehe, gibt sie mir einen Schlüssel mit. Steht dann in der Tür, als ich ihn an den Bund hänge. Und wahrscheinlich hört sie mir noch zu, wie ich die eiserne Treppe hinunterholpere.
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Freitag, 31. 05 13

31.05.13, 16:21 | 'Highway 61 revisited'

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Wir radeln wieder an den See. Stellen Rekorde im Kinderzählen auf. Ich friere in kurzen Hosen, am nächsten Tag in Beinlingen, und am dritten Tag in allem, was ich so dabei habe und was noch leidlich trocken ist.

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Duschbier.

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Tönendes Lachen.

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Die halbe Stunde, die ich überwinden muß, Abend für Abend, um aus der geselligen Geschäftigkeit in die pure Geselligkeit wechseln zu können. Schaffe ich das nicht, schlafe ich früh ein. Aber ich habe ja auch Fieber.

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Substantivierung und unsere beiden Trainerinnen, klein und engelslockig, groß und hell bis zur Transparenz.

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Männer kochen anders. Männer kochen Mengen. Männer nehmen schon auch mal zuviel Pfeffer.

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Man kann sich auch um Globuli streiten.

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Der Neid auf die Feen.

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Die Elfjährige aus meiner Gruppe, ein Lieblingskind, und erst als sie mir den Volleyball um die Ohren schmettert, sehe ich das Emblem auf ihrer Trainingsjacke. Dann springen wir über Tische und Stühle, begeistern Kinder und verärgern Erwachsene, hechten uns auf Schlafsäcke und über den Boden - Knacks, der Zeh - bis das Schutzgewebe auf meinen Arbeitshosen warm wird, und am Ende hat sie mich im Arm, schnaufend und lachend und verschwitzt, und erklärt mir, daß ich nicht baggern kann. Ja, sage ich, aber ich kann Dich an den Beinen hochhalten, und das mache ich dann auch, bis uns vor Lachen die Luft ausgeht.

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Liegestütze gegen Quadratwurzeln.

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Die Frau ohne Gewicht.

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Wie wir barfuß in der Stadt stehen und uns Badeschlappen kaufen, Floppen, und umtreiben in diesem Laden, bis die Verkäuferin mit uns lacht.

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Die Nacht im Sturm auf dem Steg, und die Welle, die über den Schlafsack schwappt.

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Das Kind, konzentriert auf einer Bank malend, vor ihm der Gasbrenner.

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Wo ihr nur alle herkommt, und wie schön das ist. Wieviel Vertrauen das beweist, sein Kind einem obskuren Jugendverein mitzuschicken, auf irgendwelchen Wegen der Vereinsverschlingungen zwischen den Dörfern, einem Jugendverein, der mit der Devise antritt, daß zehn Prozent Verlust schon drin sein müssen.

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Erwachsene, die keinen Reifen flicken können.

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Erwachsene, die von technischen Spielereien leben. Da wirft einer seine Kamera vom Tisch, weil er das kann, und fährt einen Lautsprecher auf seinem Helm spazieren, aus genau dem gleichen Grund. Ich mag ihn.

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Nur fünf Glätteisen kann ich erfragen, und dabei hatte ich auf zehn getippt!

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Die lange letzte Nacht, und dann der Fuchs ins Zelt. Rote Herzchen auf Bubenstirnen.

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Beim nächtlichen Duschbier erzählen wir uns, daß wir das ewig könnten. Das stimmt nicht, das ist nicht wahr, das wissen wir, aber glauben werden wir das erst, wenn es soweit ist. Bis dahin sind wir ewig.

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Nummer acht, rechne ich zwischendurch nach. Nummer acht schon, was bin ich alt, und wenn ich im Tempo meiner Verspieltheit jünger werde, dann darf ich nächstes Jahr wieder als Kind mitfahren.

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Wehmut, und die schnelle Heimreise. Bis zum nächsten Mal, sage ich still in den Lärm des hastenden Kleinbusses, und als wir uns wieder begegnen, da trage ich schon Anzug und Krawatte, in einem ganz anderen Lotterleben.
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Montag, 6. 05 13

06.05.13, 12:59 | 'Highway 61 revisited'
Mich freitagabends noch an den Rechner zu setzen, kann ich mittlerweile. So denke ich kurz vor zehn.
Kurz nach zehn denke ich, daß da noch was war, und herrjeh, stürme ich in den Gammelhosen aus dem Haus, zu einer Probe, zu einem Bier, und davon kann ich erst in einigen Wochen erzählen.

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Eins noch im Jugendhaus nebenan. Da sitzen sie, stöbern in der Musik, spielen Kicker und unterhalten sich und uns. Erzählen Geschichten von Grüppchenbildung und davon, wie man sich verliert. Das hatten wir alles schon, denke ich, das ging dann über blutige Nasen bis zur Polizei. Aufhalten kann ich das nicht, also erzähle ich nur davon, wie das bei uns war, damals, und vielleicht bekommen sie das ja besser hin. Heute wird ja gleich mit Farbe gesprüht, werden große Böller gezündet, wird eingebrochen und Schnaps gestohlen. Na, wenigstens das ist uns auch passiert, lache ich. Bewegung im Dorf. Und irgendwann ist man aus dem Alter raus, tatsächlich, und erreicht die Jugendlichen nicht mehr auf ihrer Ebene, sondern nur noch von oben, von früher, irgendwann ist man anders. I'm losing my touch, denke ich, und History repeating, und daß ich sie alle furchtbar gern habe.
Dann ist es doch wieder vier.

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Ich mache ja sowieso zu wenige Bilder.

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Dafür klettere ich oft genug auf Leitern, daß es mir nichts mehr ausmacht, wenn die Leiter keinen Stand hat. Wenn es auf einer Seite noch ein paar Meter mehr bis zum Boden sind. Wenn ein Wind bläst, böig und kühl. Wenn ich dann doch beide Hände zum Schrauben brauche, anstatt mich festzuhalten, und wenn ich mich dann doch noch ein wenig zur Seite lehne, um besser in das Gewirr aus Kabeln zu sehen. Kein Hexenwerk, denke ich, aber als dann alles rutscht, fluche ich doch.

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Zu Mittag verteilen wir Arbeit. Ich ziehe die sitzende Tätigkeit, schraube neue Zinken an die Kreiselegge. Spüre einem schwitzenden Lager nach. Überlege kurz, wen ich denn anrufen würde, wenn das mit dem Abstützen doch nicht so recht klappen mag.

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Irgendwann schaue ich nach dem Wetter, sitze im Stallbüro und bin sehr müde.

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Ein frugales Frühstück, und es ist doch der Kaffee mit frischer Milch, die Himbeeren für das G'sälz aus dem eigenen Garten und das Brot aus der wundervollen Feierabendbäckerei im Nachbardorf, von der einer jetzt schon leben kann, weil man ihm das Brot schier aus der Hand reißt, an den zwei Nachmittagen, die er geöffnet hat.
Nur die Butter, denke ich, und genaugenommen denke ich der Butter, der Butter jedenfalls war früher in einem Tonkrug, geliefert von meiner Oma, die sie noch stampfte und salzte und mit jemandem zu uns schickte.

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Und wenn ich Andreas Altmann lese, kann ich seine Wut so gut nachvollziehen wie ich sie schlecht verstehen kann, weil bei mir alles so ganz anders war. Normalität anders definieren, lerne ich, und daß man mit dem Fangen vielleicht bei denen anfangen muß, die schneller fallen.

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Tausend Dinge, und an einem Eck anfangen, denke ich, also reiße ich weder die Batterie aus dem Motorrad noch die Steine aus der Terrasse, sondern bastle kurzerhand den großen Tisch für den kleinen Balkon. Messen, bohren, schrauben, sägen, ölen, und zwischendurch stehe ich ein paar Minuten bei einem, der gekündigt hat, und dem ich zutraue, daß er durchkommt, aber Reichtum nicht. Und viel später erst merke ich, daß er Reichtum gar nicht in Betracht zieht, genauso wenig wie er daran denkt, nicht durchzukommen, und diese Zuversicht macht ihn lachen und macht ihn fröhlich, und manchmal wünsche ich mir ein Stück davon, denn meine habe ich irgendwo verlegt, verloren, in den Zahnrädern der Industrie zerstückelt und zerquetscht. Und vielleicht ist das der Preis, mag sein, aber vielleicht ist auch nur alles wieder halb so wild.

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Ein Urlaub ist kein Urlaub ohne Eis, das habe ich mir einst sagen lassen, und das ist schön und wahr, und ich sehe ja gern meine Sonntage als Urlaub, wenn sie sonnig sind und schön und mit Eis. Und dann denke ich, daß ich früher einmal ehrgeizig war, und das steile Tal hinauffahren wollte, mit einer Hand am Lenker und der anderen am Eis, aber nie komme ich auch nur bis zum Waldrand, und immer ist das Eis schon weg.

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Die Störenfriede kommen mir entgegen, und ich denke an den Freitag und ans Predigen, aber ich kann an mir halten, Nicht meine Aufgabe denken und sie freundlich grüßen, und all das, ohne vom Rad zu fallen.

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Heute bin ich Kundschafter. Heute suche ich Ringe und Haken und Fels.

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Oben Blümchen, möchte ich sagen, aber wahrscheinlich hat wieder niemand diesen Film gesehen, in dem es am Rande um Blümchensex geht, mit Gänseblümchen und einem, der "Mehr Blümchen!" schreit.

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Und auf dem Rückweg, da komme ich vorbei am kleinen Allgäu, diesem Haus, von dem aus man keine anderen Häuser sieht, mit plätscherndem Bächlein und geschottertem Weg, und dann stehe ich schon da, grabe ein Loch mit dem Hund, und dann pflanze ich da einen Baum, schaue nach oben und denke "Check!", und der Hund kann ja nicht wissen, daß er den Baum jetzt nicht wieder ausgraben darf.

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Dann Kaffee und ein Weihnachtsgeschenk, ein wenig verspätet, mit wundervoller Karte und Widmung, und "Dreckspatz" steht da, und es gibt wenig Kosenamen, die besser treffen, und ich sage Danke, mein rotes Unglück, und da klingelt es auch schon, und ich sage Herrjehvergessenbingleichda.

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In der Hektik den falschen Overall erwischt.

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Noch schnell zur Bank, noch schnell dies, und dann stehe ich verschwitzt an einer roten Tür und läute, und drinnen tutet es aus allen Rohren, aber davon wollte ich ja noch nicht erzählen, erst demnächst dann mal.

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Der nächtliche Weg in die große Stadt. Wo alles anders ist. Wo anderes zählt und sich anderes bewegt. Wo die einen studieren und die anderen Kinder bekommen. Wo Hunde und Sport und Jobs Themen sind, wie anderswo Höfe und Traktoren und immer die Esel von nebenan.

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Über allem. Hinter allem. Immer noch. Du.
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Mittwoch, 12. 12 12

12.12.12, 11:37 | 'Highway 61 revisited'
Die Rückbank ist nur geschraubt und wird nicht benötigt. Dafür ein Gerüst aus Latten und Mehrschichtplatten. Vorn ein Scharnier, darunter Lademöglichkeit. Wenn die Vordersitze ganz vorne sind, ein Schlafplatz. Luftmatratze, Gaskocher, Vorräte. Die elektrische Kühlbox statt des Beifahrersitzes, das Ladegerät an der Batterie. Verlängerungskabel, Dreifachstecker. Ein Photovoltaikpaneel vielleicht, aus Spaß an der Bastelei. Das Rad dabei. Abends unter der Heckklappe sitzen. Minimallösung, und genau so richtig. Schnell hin, schnell weg. Schnell aufgebaut, schnell weitergezogen. Basislager für Spinnereien. Was man sich so vom Sommer denkt, wenn man morgens durch die beißende Kälte radelt.
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Montag, 21. 11 11

21.11.11, 10:04 | 'Highway 61 revisited'
Selbstbildnis als mein Schatten, meine marschierende Gestalt umkreisend, die Hände in den Taschen des Faserpelzes, die Hosen mit den Seitentaschen, den harten Tritten auf dem Weg lauschend, stets abgewandt von den Straßenlaternen.
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Dienstag, 16. 08 11

16.08.11, 20:19 | 'Highway 61 revisited'
Der baumelnde Traumfänger am Rückspiegel der vor mir Fahrenden mutete mich dann doch etwas sehr zynisch an und ließ mich auf dem hektischen abendlichen Heimweg einen großzügigen Abstand einhalten.
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