Dieseldunst
I'd rather be a forest than a street.

06.07.09, 20:30 | 'Buchstaben ueber dem Bett'
Fantasy, ach je. Ich dachte, mit meiner Faszination für die Star-Wars-Bücher (die besten schrieb Timothy Zahn, wenn Sie mich fragen) wäre es das gewesen. Aber nein, ich bekomme ein Buch über Vampire. Und Werwölfe. Ach, Dämonen auch, Walküren und Feen, und irgendwo habe ich auch Odin zuzwinkern dürfen. Nicht so meins, denke ich immer, weil ich mit den klassischen Göttergeschichten weitestgehend durch bin (Nordische, Deutsche, Griechische Sagen. Die Römer können mich mal. Weicheiergötter.) Alles andere ist Flickwerk, für mich, und irgendwie Beschiss, weil geklaut. Einem Unsterblichen noch schnell eine Anekdote aufhalsen, die ihm und mir höchstens einen müden Schwertstreich abringt, nun.
Ich bekam das Buch nicht deswegen. Es sei sehr heiß, hieß es, und in dieser Hinsicht vertraue ich der empfehlenden Dame über die Maßen. Sie habe sich dabei, nun, wohl gefühlt, wenn man das so sagen darf, und so legte sie mir die Geschichte der Vampirwalkürenprinzessinentochter und des Königs der Werwölfe (übrigens Schotte und steinreich, nur damit ihr Hasen Bescheid wisst) eindringlich ans Herz.
So legte ich mich nieder zum Lesen. Abschätzig. Gehässig gar. Und wurde nicht enttäuscht. Ich mag es nicht, wenn Musikschächtelchen einen Markennamen tragen. Ich mag keine zu perfekten, zu einfachen Gestalten, und keine eintönigen Beschreibungen mag ich gleich gar nicht. Um einem vorzugreifen: Die Erotik des Buches vermag ich nicht zu beurteilen. Der Mangel an Synonymen für alle möglichen (und selbstverständlich perfekten und überaus riesigen) Geschlechtsmerkmale, die büchertauglich sind, scheint aber eklatant zu sein. Wenn ich noch einmal "Schaft" und "Vorhof" lesen muß, ohne daß es sich um ein Gewehr beziehungsweise ein Schloß handelt, schreie ich. Ehrlich. Und die Detailtreue in allen Ehren, wenn schon genau, dann auch bitte richtig. Kann ja nicht sein, daß einerseits lüstern beschrieben wird, wo Vampirinnen überall unbehaart sind, und der Werwolf gleich darauf seine Pfoten ebenso lüstern durch das angeblich nicht vorhandene Haar gleiten lässt. Und nein, die auf dem Kopf können es nicht sein, wie der Fortgang der Geschichte eindeutig klärt. Der Kopf wird schließlich nicht feucht, wenn - vergessen wir das, glauben Sie mir einfach.
Und trotzdem - die Geschichte hat Witz. Immer wieder taucht ein Augenzwinkern auf, das diese Welt aus unsterblichen, perfekten Fabelwesen auf die Schippe nimmt. Immer wieder packt mich eine Beschreibung, von der freigelassenen Bestie, den Sex-and-the-City-Walkürentanten, dem verliebten Vampir. Immer wieder packt mich auch die Spannung - wieso muß es denn Amerika sein, fiebere ich mit Lachlain (übrigens ein schöner Name für einen Werwolf, wie ich finde), und die Auflösung des Rätsels macht mich ebenso aufatmen wie ihn. Immer wieder mag ich den Schmerz, die Wut, die wilden Prügeleien und das spritzende Blut der Unsterblichen, die absurd komischen unerreichten einzigartigen Fähigkeiten, die mal eben von jemandem übertroffen werden, der sich durch die nächste splitternde Tür wirft, um seine noch einzigartigeren unerreichteren stärkeren Kampffähigkeiten zu präsentieren, wie kleine Jungs ihre Quartettkarten. Und das glückliche Ende sei ihnen gegönnt, den zwei Turtel- äh, Täubchen, wieso auch nicht. Ich glaube ja auch, daß mein Auto mich mag, so tell me who's weird.

Rauchzeichen




texas-jim   |   06.07.2009, 20:34   |  
(Kresley Cole - Nacht des Begehrens. Originaltitel "A hunger like no other" klingt viel schöner, und lässt auch den Witz erahnen.)

jean stubenzweig   |   07.07.2009, 10:44   |  
Das Buch darf bei Ihnen liegenbleiben. Es gibt (Lese-)Erfahrungen, die ich nicht unbedingt teilen muß. Zudem habe ich ja Ihre Besprechung gelesen – und schmunzle immer noch.

Und dann wieder diese Titelübersetzungsnummer. Diese Schielerei auf breite Leser-, sprich Käuferschichten. Unsäglich. Das alleine wäre ein Grund, das Buch nicht zu kaufen (ich gehöre nämlich zu denen, die sich grundsätzlich die Seiten anschauen, in denen unter anderem die Originaltitel angegeben sind).

texas-jim   |   07.07.2009, 13:43   |  
Das Buch wird mich demnächst in Richtung seiner Besitzerin wieder verlassen. Haben Sie Dank, über meine eigenen Vorurteile schmunzle ich auch sehr gerne, und Sie sind selbstverständlich herzlich eingeladen.

Auf dem Titel ist übrigens eine nackte Frau zu sehen, hinter der ein ebenso nackter Mann steht. Er bedeckt sie mit seinen Händen, um einem ausschließlichen Verkauf unter der Ladentheke vorzubeugen, und zu seinem großen Vergnügen, wie man ihm ansieht. Das alles bedeutete nur, daß ich das Buch im Büro nicht in der Mittagspause lesen konnte - ich habe mich schlicht nicht getraut, es hochzuheben.
Mitrauchen
 


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